Vianden glänzt wieder als Nuss-Hauptstadt Luxemburgs

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Am Sonntag findet in Vianden wieder der alljährliche Nussmarkt statt. Seit diesem Jahr zeichnet eine Asbl. für die Organisation des weit über die Luxemburger Grenzen bekannten und beliebten Events verantwortlich. Das Tageblatt sprach mit Jean „Mallo“ Werthessen, dem Präsidenten des Organisationskomitees.

Wir treffen uns im Tourismusbüro der Stadt, wo Mallo verantwortlich für das Personal ist. Kariertes Hemd, Jeanshose, das Handy immer griffbereit, so kommt er zur Tür herein. „Bin gleich bei Ihnen“, sagt er und gibt der Mitarbeiterin des Tourismusbüros noch einige Anweisungen. Dann setzen wir uns hin. „Die Organisation eines solchen Events bedeutet viel Arbeit“, sagt der Vorsitzende und nickt, als wolle er dieser Aussage mehr Gewicht verleihen. Dann erklärt er, was am Sonntag passieren wird.

Grundlage des „Nëssmoort“ sind, wie könnte es anders sein, die Nüsse, genauer die Walnüsse. Der Nussbaum-Anbau hat in der Gegend Tradition. 1902 soll es nicht weniger als 2.551 Nussbäume in Vianden gegeben haben. 19% des ganzen Landesbestands kamen damals aus der Region. Der Ertrag war dementsprechend hoch, mit satten 465 Zentner im Jahr 1901. „Heutzutage gibt es immer noch viele Nussbäume hier“, erklärt Mallo. Im „Nëssbungert“ am „Géisbärig“ wird ein Nussbaum für jedes Neugeborene der Gemeinde gepflanzt. Das lokale Tourismussyndikat besitzt dort zwischen 50 und 60 Bäume, so Mallo. Auch zwischen Vianden, Bettel und Fuhren stehen viele Nussbäume. Die Ernte erfolgte in diesem Jahr Anfang September, erklärte der Vorsitzende weiter.

Was passiert aber, wenn die Nussernte hierzulande schlecht ausfällt? In diesem Fall werden die Nüsse importiert, etwa aus Grenoble (F). „Viele Leute, die Nussprodukte herstellen, beziehen ihr Rohmaterial aber inzwischen von Großhändlern“, bedauert Mallo.

Vielfalt mit Biss

Auf jeden Fall werden anlässlich des Festes Unmengen an Nüssen geerntet und verarbeitet. Die Vielfalt der Produkte nimmt fast schon epische Ausmaße an: Nussbrot, Nusswurst, Nuss-„Pâté“, Nuss-Likör, Nuss-„Drëpp“, Nuss-Porto, Nuss-Käse, Nuss-Pfannkuchen, Nuss-Gebäck usw. lassen das Herzen der Nussliebhaber höher schlagen. Es gibt sogar Nuss-Raclette. „Alle Produkte werden hier in Vianden hergestellt, darauf sind wir stolz“, so Mallo, der selbst für die Feuerwehr einen Nuss-Schnaps ansetzt. Neu sind in diesem Jahr ein Nuss-Gin und der Stand des Jugendhauses der Stadt, wo die Besucher nicht nur Basteleien kaufen, sondern auch selbst etwas kreieren können.

Die Vorbereitungen für den Nussmarkt beginnen schon früh. „Die meisten Vereine starten ihre Planungen für das kommende Jahr in der Regel sofort nach dem Ende des Marktes“, so Mallo. 34 lokale Vereine sorgen dafür, dass der Nussmarkt ein Erfolg wird. „Es ist ein Zeichen für den Zusammenhalt in der Gemeinde“, freut sich der Chef der „Nëssmoort Asbl.“. Viele Bürger helfen beim Auf- und Abbau der Feier. „Geputzt muss ja auch noch werden“, erinnert Mallo, der in diesem Zusammenhang froh über die Mithilfe des lokalen „Syndicat d’initiative“ und der Gemeinde ist. Als Dank werden sie am Montag nach dem Markt in ein lokales Restaurant eingeladen.


Rekord

Der „Nëssmoort“ wartet 2018 des Weiteren bereits vor Sonntag mit einem neuen Rekord auf. 42 Stände, so viele wie noch nie zuvor, werden die Straßen des historischen Städtchens säumen. Dazu kommen die vielfältigen Animationen und der Kunst- und Hobbymarkt, sodass auch die diesjährige Auflage wieder ein Erfolg werden müsste. „Nur eines kann uns die Fete noch vermiesen: das schlechte Wetter“, sagt Mallo. Der Luxemburger Wetterdienst Meteolux sagt für diesen Sonntag einen bedeckten Himmel mit Regen und kühlen Temperaturen voraus. Bleibt nur zu hoffen, dass die Wetterfrösche sich irren.

Historisches

Am 30. September 1934 wurde anlässlich der letzten Burgbeleuchtung der erste Versuch unternommen, in Vianden einen Nussmarkt zu organisieren. Es war ein voller Erfolg, nicht zuletzt weil ein Sonderzug der Schmalspurbahn „Benni“ die Besucher in die Stadt brachte. Nach dem „Test“ fand am 6. Oktober 1935 dann der erste offizielle Nussmarkt statt. Der „Nëssmoort“ wurde fortan jedes Jahr, bis zum Zweiten Weltkrieg, abgehalten. Der erste Markt nach dem Krieg fand am 6. Oktober 1946 statt. Doch dann verhinderten schlechte Ernten und andere Schwierigkeiten die Fortsetzung der Tradition. Erst 1970, im dritten Anlauf, klappte es, das Event wiederzubeleben. 1986 wurde dann das 50-jährige Jubiläum des „Nëssmoort“ gefeiert. Der Nussbaum beim Rathausplatz ist ein stiller Zeitzeuge dieses runden Jahrestages. Er wurde damals von Erbgroßherzog Guillaume gepflanzt. Der Thronfolger war damals zarte vier Jahre alt. „Du sollst in deinem Leben einen Baum pflanzen“, diesen Teil des Bibelspruchs hatte er somit schon früh erledigt.

Praktisches

Jedes Jahr finden zwischen 15.000 und 20.000 Personen den Weg nach Vianden zum Nussmarkt. Um ein Verkehrschaos zu vermeiden, raten die Veranstalter den öffentlichen Transport zu benutzen, um in die Stadt zu kommen. Wie jedes Jahr werden am Stadtrand Auffangparkplätze (P&R) eingerichtet, von wo aus Pendelbusse die Besucher ins Stadtzentrum (Haltestellen: 1, rue de la Gare und Parking Hotel Oranienburg) und wieder zurück bringen. Sonderbusse werden zudem Vianden mit den umliegenden Ortschaften verbinden. Während des Tages sind zwischen 9 und 20 Uhr viele Straßen in Vianden für den Verkehr geschlossen. Umleitungen sind aber ausgeschildert.
Es wird ein Polizeibüro im Tourismusbüro bei der Brücke eingerichtet. Gleich gegenüber werden Sanitäter hilfsbedürftige Besucher versorgen.

Mobile Händler

Während des Nussmarktes sieht man in den Straßen der Stadt viele Künstler und fahrende Händler. So wird auch in diesem Jahr wieder das „Coffeebike“ die Gäste mit Muntermacher versorgen.
Auch mehrere Musikgruppen sorgen in ganz Vianden für gute Laune. Darunter befindet sich in diesem Jahr eine niederländische Gruppe, die extra für das Event anreist. Sie übernachten in der Jugendherberge und wollen für ihren Einsatz nicht mit Geld bezahlt werden – Essen und Getränke reichen ihnen, so die Musiker.
Im letzten Jahr war auch ein Zigarettenhändler in den Gassen zu sehen. Die Veranstalter zogen es für die diesjährige Auflage aber vor, keine Tabakwaren mehr anzubieten.

SAS

SAS bedeutet nicht nur Scandinavian Airlines und ist eine Abkürzung für eine Spezialeinheit der britischen Armee (Special Air Service) oder eine Krankheit (Schlafapnoe-Syndrom), sondern steht auch für die „Sondesmoiesapperitifsukklerten“. Dieser kleine Verein in Vianden zählt etwa zehn Mitglieder jeden Alters und hat nur eine Aufgabe: sonntagmorgens zusammen in ihrem Stammcafé ein Aperitif zu sich zu nehmen. Taucht man nicht auf, so wird ein Strafgeld von 2,50 Euro fällig, das in die Klubkasse gezahlt werden muss. Am Ende des Jahres kommt dieses Geld aber allen Mitgliedern wieder zugute, denn mit dem Betrag wird eine gemeinsame Unternehmung organisiert.
Der Verein ist seit einigen Jahren bei jedem Nussmarkt dabei. In diesem Jahr zeichnet er für die Produktion und den Verkauf des Nuss-Portos und des Nuss-Gins verantwortlich.
Na dann Prost.


 

 

LEXIKALISCHES RUND UM DIE NUSS

Der Walnussbaum wird 15 bis 25 Meter hoch. Sein Wachstum endet mit etwa 60 bis 80 Jahren. Er kann aber ein Alter von 150 bis 160 Jahren erreichen.

Schon im Tertiär, vor etwa 65 Millionen Jahren, hat es laut Forschern Walnüsse gegeben. Sie nehmen an, dass sie in Syrien und der Türkei die Eiszeiten überstanden. Danach verbreiteten sich die Walnussbäume im östlichen Mittelmeergebiet. Die Römer brachten die Walnuss nach Mitteleuropa. 1770 gelangten die ersten Nüsse durch spanische Missionare nach Amerika. Die Walnussbäume stammen also ursprünglich aus Asien, sind aber inzwischen in allen Ländern mit einem gemäßigten Klima zuhause. Bekannt sind die Nussbaumwälder in Kirgisistan.

Im Herbst ist der Baum einer der ersten, die ihr Laub abwerfen. Seine Blütezeit dauert von Ende April bis Juni. Es gibt männliche und weibliche Walnuss-Blüten.
Die äußere Schicht der Frucht ist grün. Sie öffnet sich bei Reife, aus ihr löst sich die Walnuss. Diese hat dann eine harte braune Schale. Öffnet man diese, entdeckt man zwei Nusshälften, die einem Gehirn ähneln.

Walnüsse enthalten viel Fett. Es handelt sich dabei aber um ungesättigte Fettsäuren. Deshalb gelten sie als gesund. Die Früchte enthalten außerdem Kalium – das wichtig für Muskeln und Nerven ist –, Zink, Magnesium, Eisen, Kalzium und Vitamin B.

Hierzulande werden Walnüsse im Herbst geerntet, in Übersee gibt es sie jedoch das ganze Jahr über. Walnüsse halten sich lange, wenn sie richtig aufbewahrt werden. Es wird empfohlen, sie in der Schale in Netzsäckchen an einem kühlen und dunklen Ort zu lagern. Schimmelige oder ranzig riechende Nüsse sollen sofort entsorgt werden.

Ach ja, noch etwas: Das Walnussholz gilt als eines der begehrtesten und wertvollsten des mitteleuropäischen Waldes.