„-3, ahjo ok“, schrieb unsere Lokaljournalistin Sandra Schmit am Tag vor ihrem ersten Einsatz im Weinberg in unsere Chatgruppe. Es scheint, als hätten wir die kalten Tage für unsere Arbeiten abonniert. Aber gut, wenn uns Regen, Hagel und Schnee nichts ausmachen, dann sollten uns auch Minusgrade nicht abschrecken.
Vergangene Woche war es nach dem Rebschnitt Zeit für die nächsten Arbeiten in unserer 30 Ar großen Rivaner-Parzelle. Pünktlich um 8 Uhr morgens ging es los. Neben Sandra hatten wir mit unserer Sportjournalistin Christelle Diederich noch einen Neuzugang im Weinberg. Sie brachte mit ihrem Mann Patrick und ihrer Tochter Inès sogar Verstärkung mit. Neben unseren Rookies waren die mittlerweile erfahrenen Weinberg-Arbeiter Sidney Wiltgen, Cédric Feyereisen, David Rock und ich selbst dabei. Außerdem hatten wir Besuch von einer weiteren Journalistin: Sophie Schroeder von radio 100,7 verschaffte sich einen Überblick über das Projekt „Domaine Tageblatt“ (die Reportage kann auf 100komma7.lu angehört werden). Und wer weiß, vielleicht schauen die Kollegen von 100,7 noch einmal vorbei und packen mit an – jede Hilfe ist willkommen.

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Das Projekt ist ambitioniert und soll Einblicke in die Welt der Winzer verschaffen. Die Tageblatt-Redaktion wird in den kommenden anderthalb Jahren versuchen, ihren eigenen Wein herzustellen, in einer wöchentlichen Serie über Erfolg und Misserfolg berichten und dabei tiefere Einblicke in die Welt des Weinbaus geben.
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Vom Domaine L&R Kox waren Laurent, Mirek, Théo und Antonio vor Ort. Sie führten uns in die Kunst des Rebenbindens ein, wobei sich vor allem Antonio als strenger und anspruchsvoller Lehrmeister erwies. „Non, ça c’est pas bon“ – diesen Satz von Antonio hörte jeder von uns, manche häufiger als andere. Während Laurent und Mirek die Reben mit einer Drahtschnur festbinden, nutzt Antonio noch die traditionelle Methode und bindet die Reben mit Weidenzweigen am Draht fest.
Eine Frage der Technik
Beim Binden mit Weiden kommt es vor allem auf die Technik an. Nachdem die Fruchtrute – die Rebe ist ja bekanntlich eine Liane – um den Draht gewickelt wurde, kommt der Weidenzweig zum Einsatz. Eine Hand muss stillgehalten werden, während die Weide mit der anderen Hand mehrmals um sich selbst gedreht und dann mit dem Draht verkeilt wird, damit sie sich nicht löst. Bei der modernen Methode wird die Drahtschnur um die Rebe und den Draht gewickelt und mit einem speziellen Haken festgezogen. Dieser Haken, der an der Rebschere befestigt ist, dreht sich um die eigene Achse und zieht das Bindegarn fest, sodass die Rebe stabil am Draht bleibt. Während Sandra die moderne Methode bevorzugte, kam Christelle besser mit den Weiden zurecht. Nachdem sie eine Reihe angebunden hatte, wurde sie sogar Antonios Ansprüchen gerecht. Antonios Musterschüler waren aber Cédric und Sidney. Ich selbst musste erst etwas nachsitzen, bis der strenge Antonio auch mit meiner Leistung zufrieden war.

Selbstverständlich konnte aber niemand von uns mit Antonios Tempo mithalten. So wie er durch die Rebreihen marschiert, würde man niemals denken, dass er bereits 72 Jahre alt ist. „Die Arbeit im Weinberg hält ihn jung“, sagt Corinne Kox, die froh ist, dass Antonio ihrem Betrieb auch nach seiner Pensionierung noch erhalten geblieben ist. Er und Corinnes Vater Laurent haben früher ausschließlich mit Weiden gebunden. Dass die Domaine Kox heute noch auf Weiden zurückgreift, liegt daran, dass sie in ihrem eigenen Garten wachsen. „Es ist eine natürliche Ressource, deshalb nutzen wir sie auch heute noch zum Teil“, sagt Corinne. Allerdings benötigt die Vorbereitung der Weiden Zeit: Sie müssen geschnitten und in Wasser eingelegt werden.
Doch egal, ob mit Weiden oder Bindegarn – wir stellten, wie schon beim Rebschnitt, schnell fest, dass Theorie und Praxis oft auseinandergehen. Die Arbeit im Weinberg ist keine exakte Wissenschaft. Eigentlich sollten die Reben immer nach unten festgebunden werden, doch aufgrund der Abstände der einzelnen Rebstöcke ist das nicht immer möglich. Mehr als einmal standen wir ratlos vor einem Stock und mussten uns Rat bei den Mitarbeitern der Domaine Kox holen. Zudem waren wir oft zu vorsichtig, da wir Angst hatten, die Fruchtruten beim Biegen zu brechen – und wer will schon schuld daran sein, wenn am Ende weniger Rivaner produziert wird? „Ihr hättet vielleicht doch zwei Fruchtruten stehen lassen sollen, falls eine beim Binden abbricht“ – dieser Tipp von IVV-Direktor Serge Fischer kam etwas zu spät. Aber nur wenige Ruten sind unseren Biegekünsten zum Opfer gefallen. Und das, obwohl das Wetter alles andere als optimal für diese Arbeit war. Am besten lassen sich die Reben nämlich bei feuchtem Wetter biegen.
Zeit für unsere Hausaufgaben
Die Reben werden gebogen und am Draht festgebunden, um eine optimale Verteilung der Triebe zu garantieren und die Stabilität der Rebe unter der Last der Trauben zu gewährleisten. Außerdem sorgt das Biegen dafür, dass weniger Seitentriebe wachsen. Dabei gibt es unterschiedliche Methoden, etwa den Flachbogen oder den Halbbogen. In unserer Rivaner-Parzelle haben wir den Flachbogen angewandt, das heißt, die Fruchtrute wird mit Weide oder Bindegarn am untersten Draht befestigt. Der Vorteil dieser Methode: ein gleichmäßiges Triebwachstum und eine schmale Zone, in der die Trauben später wachsen werden.
Mit dem Biegen haben wir die Winterarbeiten in unserer Parzelle abgeschlossen. Nun heißt es abwarten, bis die Reben austreiben. Bis dahin sollten wir uns ernsthafte Gedanken über die Philosophie unseres Weins machen – eine Aufgabe, die Corinne uns bereits beim ersten Treffen aufgetragen hat und die wir bislang vor uns hergeschoben haben. Dabei haben wir allein mit dem Rebschnitt und dem Binden bereits Einfluss auf den Wein genommen.
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