Unsere WM-Kolumne: Der Fußballkrieg

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Das wusste auch mein Bekannter nicht. Also erzählte ich ihm die Geschichte, die ich, da sie sehr lang ist, hier nur verkürzt wiedergeben kann.

Im Juni vor 49 Jahren wurde die Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft gespielt. Am 26. Juni traten El Salvador und Honduras zum Entscheidungsspiel an. Zuvor hatte jeder einmal gewonnen, also spielte man in Mexiko-Stadt, auf neutralem Platz. Bei den ersten Spielen war es bereits zu Ausschreitungen gekommen. Die Stimmung zwischen den zentralamerikanischen Nachbarn war aufgeheizt, nationalistisch aufgeheizt.

Es ging um honduranische Großgrundbesitzer, um Kleinbauern auf beiden Seiten, um die Vorwürfe des Landraubs, darum, wer Eindringling ist und wer nicht. Es kam zu Vertreibungen und Gewalt. Das alles eskalierte ziemlich schnell, eigentlich erst ab dem 30. April desselben Jahres. An dem Tag forderte die honduranische Regierung 300.000 Salvadorianer dazu auf, wieder zurück über die damals offene Grenze in ihre überfüllte Heimat zu ziehen. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, wurden Paramilitärs losgeschickt.

Dann stand es am 26. Juni nach regulärer Spielzeit 2:2. Eine Verlängerung musste her, in der Pipo Rodriguez zum 3:2 für El Salvador traf. Auf die 120 Minuten folgten erst schwere Ausschreitungen, dann ein knapp hundertstündiger Krieg. Rund drei Wochen nach Pipos Tor, am 18. Juli, waren mehr als 2.000 Menschen tot. Die Welt hatte ihren ersten und bislang letzten Fußballkrieg gesehen.

Natürlich hatte nicht das, was auf dem Rasen passiert war, den Ausschlag gegeben. Aber die Juntas in beiden Ländern hatten die Emotionen daraus geschickt zu Propagandazwecken genutzt. Auf salvadorianische Luftangriffe folgte der honduranische Gegenschlag. Es waren die letzten Luftkämpfe zwischen Propellerflugzeugen. El Salvador gewann nicht nur diesen Krieg, sondern qualifizierte sich später gegen Haiti für die WM im folgenden Jahr in Mexiko. Dort schied man als schlechtestes Team aus, war aber immerhin ein erstes Mal bei einer WM dabei gewesen.

Mein Bekannter hatte die ganze Zeit zugehört. Die Geschichte war sogar ihm neu, der sonst alles vom Fußball kennt, zum Beispiel, dass Robert Vittek bei der WM in Südafrika vier Tore für die Slowakei geschossen hat. Es ist nicht der Fußball, es ist dieser Nationalismus, der nun wieder um sich greift, sagte er und fragte, ob er noch ein Bier holen sollte. Ich stimmte beidem zu.