Steampunk-Convention12.000 Besucher machen die Zukunftsreise in die Vergangenheit

Steampunk-Convention / 12.000 Besucher machen die Zukunftsreise in die Vergangenheit
Das industrielle Erbe im Fond-de-Gras war am Wochenende fest im Griff der Retrofuturisten Foto: Editpress/Tania Feller

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Technik im Retro-Look, kombiniert mit der Kultur und Ästhetik des viktorianischen Zeitalters: Was in den 1980ern als literarische Strömung begann, hat sich längst zu einem neuen Kunstgenre entwickelt. Auf dem „Anno 1900“ im Fond-de-Gras konnten am vergangenen Wochenende mehr als 12.000 Steampunk-Begeisterte ihrer Leidenschaft freien Lauf lassen.

Das historische Gelände des ehemaligen Bergbaugebiets, die Maschinenhallen sowie das Zusammenspiel der Architektur aus Stahl, Backstein und Glas boten eine perfekte Kulisse für diese ungewöhnliche Veranstaltung, eine der größten dieser Art in Europa. Hier trafen nicht nur Steampunks in ihren fantasievollen Outfits aufeinander. Auch zahlreiche Besucher in Zivilkleidung nahmen an der Veranstaltung teil und genossen die einzigartige Atmosphäre, geprägt von unter anderem der historischen Dampfeisenbahn und Dudelsack-Klängen. Mehr als 50 Künstler und Kunsthandwerker boten handgefertigten Schmuck, Kleidung und allerlei Accessoires zum Verkauf an. Zum Ambiente trugen ebenfalls die Musiker aus Luxemburg und dem Ausland bei, deren Repertoire von rockigen Klängen bis hin zu Swing reichten.

Natürlich waren die Fotografen stark vertreten, bietet das Event doch die ideale Gelegenheit, um originelle Bilder zu schießen. Ein Hingucker waren ohne Zweifel Benoît (57) und Marie-Paule (61) aus dem belgischen Mons. Mit den aufeinander abgestimmten blauen Outfits, dem historischen Kinderwagen mit Dampfmaschine und dem englischen Teeservice zog das Paar viele Blicke auf sich.

Seit zehn Jahren aktive Steampunks: Benoît und Marie-Paule aus Belgien
Seit zehn Jahren aktive Steampunks: Benoît und Marie-Paule aus Belgien Foto: André Feller

Die beiden sind seit über zehn Jahren aktive Steampunks. Benoît besucht bereits seit 1991 verschiedene Steampunk-Festivals und war von dieser Bewegung begeistert, wie er erzählt. Als er vor etwa zehn Jahren seine Frau gefragt habe, ob sie Spaß daran haben könnte, für sie beide Kleidung zu schneidern, habe sie gleich zugesagt. Um Steampunk möglichst authentisch auszuleben, greift das Paar auf historische Schnittmuster zurück. Diese finde man in Bibliotheken, Archiven sowie im Internet. Auch würden verschiedene Textilhäuser solche Muster anbieten.

 Foto: Editpress/Tania Feller

Für das Event im Fond-de-Gras habe man sich für ein britisches Vorbild entschieden. Kleid und Kostüm sind aus einem modernen Baumwollstoff genäht. Den Farbton in Blau habe es im 19. Jahrhundert tatsächlich gegeben. Der Kinderwagen stamme von einem Antiquitätenhändler, der als Baby selbst darin gelegen habe. Die nachträglich eingebaute Dampfmaschine soll jene Zeit symbolisieren, als es noch keinen Strom gab. „On se moque un peu de l’histoire historique pour créer notre propre monde“, so Benoît.

Steampunk begeistere das Paar, weil es ein sehr offenes Milieu sei. Bei manchen Mittelalterfesten sei das beispielsweise nicht der Fall. Fehler in der Kostümierung würden einem bei solchen Ereignissen sehr übel genommen. Bei Steampunk-Conventions sei man in dieser Hinsicht frei, ganz ohne Gesellschaftszwang, der eine bestimmte Kleiderordnung vorschreibe. „Hier können wir so sein, wie es uns gefällt und wie wir uns wohlfühlen“, so Benoît.