Montag17. November 2025

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Petingen100 Jahre „Guiden a Scouten“ – eine Reise durch Geschichte und Gegenwart

Petingen / 100 Jahre „Guiden a Scouten“ – eine Reise durch Geschichte und Gegenwart
Die Petinger Scouten beim „Jamboree national“ in Esch im Jahr 1938 Foto: Collection Keiser L.

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Die „Lëtzebuerger Guiden a Scouten“ gehören fest zur Vereinslandschaft Luxemburgs – und aus Petingen sind sie längst nicht mehr wegzudenken. An diesem Wochenende feiert die lokale Sektion ihr 100-jähriges Bestehen. Im Gespräch mit Gruppenchefin Claire Dording und dem langjährigen Mitglied und Hobbyhistoriker Arnold Martin wird klar: Der Geist von damals lebt weiter – angepasst an die Gegenwart.

Die Petinger Sektion zählt heute rund 60 bis 70 aktive Mitglieder. Claire Dording, 34 Jahre alt und hauptberuflich Labortechnikerin am Luxembourg Institute of Health, ist seit ihrem achten Lebensjahr Pfadfinderin und leitet die Gruppe seit 2016. „Die Kinder treffen sich während der Schulzeit einmal pro Woche, immer samstags von 14 bis 16 Uhr“, erzählt sie. Auf dem Programm stehen dann Spiele, Bastelaktionen, Naturerkundungen oder soziale Projekte. „Aber vor allem am liebsten draußen.“ Einmal im Monat findet zusätzlich der Gruppenrat statt. Hinzu kommen Sonderaktionen wie das Burgbrennen, die Theateraufführungen oder die monatliche Altpapiersammlung. „Da ist man als Chef natürlich in der Verantwortung“, sagt sie – und ergänzt augenzwinkernd: „Man ist eigentlich nie nicht mehr aktiv.“

Das bestätigt auch Arnold Martin. Der heute pensionierte Bibliothekar trat 1970 selbst den „Scouten“ bei, war später 15 Jahre lang Gruppenchef und ist dem Verein bis heute treu geblieben. „Eemol Scout, ëmmer Scout“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln. Mittlerweile ist er so etwas wie das lebende Gedächtnis der Petinger Pfadfinder – eine Rolle, die er mit Stolz erfüllt. Zum Jubiläum hat er eine umfangreiche Broschüre über die Vereinsgeschichte verfasst und dafür auf seine große Sammlung alter Fotografien und Dokumente zurückgegriffen. „Was Arnold nicht weiß, daran kann sich niemand mehr erinnern“, sagt Dording lachend.

Arnold Martin und Claire Dording im Tageblatt-Interview
Arnold Martin und Claire Dording im Tageblatt-Interview Foto: Editpress/Alain Rischard

Die Ursprünge der Petinger Scouten reichen bis ins Jahr 1925 zurück. Damals wurde die Sektion im Rahmen des „Jünglingsvereins“ gegründet – mit Maurice Gillain als erstem „Sektionsmaster“ und Kaplan Lucien Schaak als geistlichem Beistand. Noch im Gründungsjahr entwarf man das charakteristische Halstuch – den „Foulard“ – sowie eine eigene Fahne. 1927 gaben sich die Scouten den Namen „Ste Marie“, den sie bis zur späteren Fusion beibehielten.

Die Fahne der Petinger Scouten
Die Fahne der Petinger Scouten Foto: Arnold Martin

Einen ersten Höhepunkt bildete 1939 die Teilnahme an den Feierlichkeiten zu 100 Jahren Luxemburger Unabhängigkeit. Doch wenig später kam die NS-Besatzung – und der Verein wurde gezwungen, sich aufzulösen. Viele der damaligen Mitglieder schlossen sich der Résistance an. Einige wurden hingerichtet, andere deportiert oder in Konzentrationslager verschleppt. Zu ihrem Gedenken wurde 1949 die Fatimakapelle auf dem „Prënzebierg“ errichtet – ein Ort, der heute von der portugiesischen Gemeinde mitbetreut wird. „Während Corona konnten viele nicht nach Wiltz pilgern“, erklärt Dording. „Jetzt halten sie die Kapelle in Schuss – das ist ein schöner Beitrag zum lebendigen Gedenken.“

Nach dem Krieg erlebten die Scouten einen starken Zulauf. „Es waren viele dabei, die einfach gerne Uniform trugen“, erklärt Martin. Die Mitgliederzahl explodierte – das zeigen auch alte Statistiken aus den 1970er Jahren. Mit der Zeit stabilisierte sich die Zahl bei zwischen 60 und 100 Mitgliedern. „Manchmal haben wir zu viele Chefs, dann wieder zu viele Kinder – vielleicht finden wir ja mal die goldene Mitte“, sagt Dording schmunzelnd.

Im Wandel der Zeit

Statistik aus der Broschüre „50 Joer Péitenger Scouten“
Statistik aus der Broschüre „50 Joer Péitenger Scouten“ Quelle: Sammlung Arnold Martin

Ebenfalls in die Nachkriegszeit fällt der Bau des Chalets auf dem Prënzebierg – bis heute Sitz des Vereins. Das Gebäude wurde seither mehrfach renoviert, zuletzt mit Fokus auf Brandschutz und einer neuen Küche. „Da ist jetzt alles auf dem neuesten Stand“, betont Dording.

1945 wurde auch die Guiden-Sektion „Ste Cecile“ in Petingen gegründet. Lange Zeit arbeiteten die Jungen- und Mädchengruppen getrennt, erst ab den 1970ern begann eine intensivere Zusammenarbeit. 1991 fand in Petingen der „Chefdach“ statt, bei dem der Zusammenschluss beschlossen wurde – vollzogen wurde die Fusion jedoch erst 1994. Seither trägt die Gruppe den gemeinsamen Namen „Hl. Franz vun Assisi“.

Die Vereinsgeschichte verlief nicht immer konfliktfrei. Schon in den Anfangsjahren gab es Diskussionen um die Rolle der Kirche. Einige Mitglieder empfanden die Ausrichtung der Scouten als zu religiös und gründeten eine lokale Sektion der laizistischen „Fédération nationale des éclaireurs et éclaireuses du Luxembourg“ (FNEL). Auch bei der Fusion der Guiden und Scouten herrschte nicht sofort Einigkeit.

Die FNEL 1947 vor dem neuen Chalet
Die FNEL 1947 vor dem neuen Chalet Foto: Coll. A. Stracks

Doch viele Grundwerte sind geblieben. „Wir sind mit der Zeit gegangen“, sagt Dording. Zwar habe die religiöse Komponente heute weniger Gewicht – „aber das hängt stark von den Gruppen selbst ab“. Gleich geblieben sei der soziale Gedanke: Gemeinschaft, gegenseitige Hilfe und Engagement für eine bessere Welt. Auch das Prinzip, dass Uniformen soziale Unterschiede verwischen und alle auf Augenhöhe zusammenarbeiten, gilt nach wie vor. „Ob beim Kochen oder Putzen – jeder packt an, wo es nötig ist.“

1955: Besuch des damaligen Erzgroßherzogs Jean (r) auf der „Wëllefchers-Rallye“ in Petingen 
1955: Besuch des damaligen Erzgroßherzogs Jean (r) auf der „Wëllefchers-Rallye“ in Petingen  Foto: Sammlung Arnold Martin

Ein konkretes Beispiel: Seit vielen Jahren übernimmt der Verein die monatliche Altpapiersammlung in der Gemeinde. Dabei kommen rund 30 bis 35 Tonnen zusammen. „Die Gemeinde entschädigt uns für die Menge – so können wir uns finanziell besser absichern“, erklärt Dording. Eingesetzt werden dafür Traktoren, Transporter, Anhänger und viel Muskelkraft – „und jede Menge Schweiß“, ergänzt Martin.

Große Feier

Am Samstag feiern die „Guiden a Scouten Péiteng“ ihr 100-jähriges Bestehen. Zunächst gibt es eine „Séance académique“ um 13.15 im Home St-Hubert und im Anschluss ein Ehrenwein, gesponsert von der Gemeinde. Von 15.00 bis 18.00 Uhr werden Spiele und Animation im Park in Petingen angeboten, fürs leibliche Wohl ist bis 22.00 Uhr gesorgt. Auch ein kleines musikalisches Programm ist vorgesehen.  Des Weiteren ist Ende Juli für die Vereinsmitglieder das große „Gruppencamping“ in Mersch auf dem Kuelbecherhaff angesagt. 

Herkunft des „Scoutismus“

Die Pfadfinderbewegung nahm zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Anfang, mit dem Ziel, junge Menschen durch praktische Erfahrungen in der Natur zu fördern. Zelten, Wandern, Wassersport und handwerkliche Tätigkeiten stehen dabei im Mittelpunkt eines Konzepts, das auf informelles Lernen setzt. Einheitliche Kleidung, Abzeichen und das Lilien-Symbol prägen das Bild der Bewegung bis heute – sie sollen Gemeinschaft stärken und soziale Unterschiede in den Hintergrund rücken. Ihren Ursprung hat die weltweite Bewegung auf Brownsea Island in Südengland, wo Robert Baden-Powell 1907 sein erstes Lager organisierte und damit den Grundstein legte.  

Eine Gruppe Pfadfinder im Camp Brownsea Island im Jahr 1907
Eine Gruppe Pfadfinder im Camp Brownsea Island im Jahr 1907 Foto: WikiCommons/Sammlung Arnold Martin

Grober J-P.
8. Juni 2025 - 19.54

"Einige Mitglieder empfanden die Ausrichtung der Scouten als zu religiös und gründeten eine lokale Sektion"
Stimmt, damals wurden nicht so "Religiöse" ignoriert. Meine Erfahrung, hielten sich, damals, für bessere Leute.