MedizinGesundheitsministerin besucht neues Therapiezentrum in Putscheid

Medizin / Gesundheitsministerin besucht neues Therapiezentrum in Putscheid
Paulette Lenert im Gespräch mit Dr. Michel Nathan (CHNP) und Dr. Thomas Karst (CTP) (vlnr.) Foto: Editpress/Alain Rischard

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Am Mittwochnachmittag hat Gesundheitsministerin Paulette Lenert das neue jugendpsychiatrische Therapiezentrum in Putscheid besucht. Dort sollen Jungen und Mädchen im Alter von 12 bis 18 Jahren betreut werden.

Das „Centre thérapeutique Putscheid“ (CTP) liegt sehr idyllisch im Norden des Landes, weit entfernt vom Stress einer Stadt, von Lärm und Gestank und vom anormalen normalen Alltag der Patienten. Es gibt ein paar Häuser, eine kleine Kirche, Natur und viel Aussicht. Der Geräuschpegel musste am Mittwoch jedoch geringfügig steigen, als Gesundheitsministerin Paulette Lenert die neue Einrichtung für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren mit psychischen Störungen besuchte, ein paar Journalisten und Journalistinnen im Schlepptau, und immer darauf bedacht, die Bewohner nicht zu stören beim Gang durch das Gebäude vorbei an Schlafzimmern und Therapieräumen, einem Aufenthaltsraum, einer Küche und Schulräumen.

„Das Therapiezentrum ist Teil eines dreigliedrigen Angebots des CHNP für Jugendliche mit Selbst- und Fremdgefährdung“, erklärt Dr. Thomas Karst, ärztlicher Koordinator des Bereichs Jugendpsychiatrie der Rehaklinik und ärztlicher Leiter des Therapiezentrums, als er zusammen mit Dr. Michel Nathan, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates des „Centre hospitalier neuro-psychiatrique“ (CHNP), die Ministerin empfängt. „2006 waren sie noch im Gefängnis untergebracht. Es geht um Jugendliche, die ein gefährdendes Verhalten zeigen, aber eine psychische Störung aufweisen – was letztlich möglicherweise alle sind“, fährt Karst fort. „Sie sollen eine angemessene psychotherapeutische oder psychiatrische Versorgung bekommen.“ Die Jugendlichen sind z.B. in der Vergangenheit aggressiv gegen andere gewesen oder haben sich selbst Verletzungen zugefügt.

Putscheid ist das letzte Glied in einer Reihe von Therapieeinrichtungen und ordnet sich ein nach einer ambulanten Einrichtung und der geschlossenen Station Orangerie 3 in Ettelbrück. Eigentlich. Durch bautechnische Probleme hatte sich die Eröffnung in Putscheid verzögert – den ersten Spatenstich hatte noch  Lenerts Vorgängerin Lydia Mutsch getan –, sodass das Konzept bereits in der Orangerie umgesetzt werden musste und dort nun eine halboffene Station ist.

Verstörung der Patienten

„Die Jugendlichen wurden uns vorgeführt unter dem Etikett ‚dissozial auffällig‘“, erzählt Karst. Die jungen Menschen wurden mit einer Störung des Sozialverhaltens diagnostiziert. „Wir haben schnell entdeckt, dass das eine sehr oberflächliche Beschreibung ist und dass der Kern eine mehr oder weniger tiefe Verstörung der Jugendlichen ist, die sie durch ein Trauma oder fortgesetzte sehr widrige Bedingungen erfahren haben“, so Karst.

In dem Verhalten, das früher oberflächlich nur als dissozial beschrieben wurde, sieht Karst Symptome. Diese können sich – je nach Lebensumständen und Kontext – entweder durch nach außen oder nach innen gerichtetes problematisches Verhalten manifestieren. „Das Problem ist eigentlich die Verstörung, die man durch eine Änderung der Umstände beheben muss. Wenn das getan ist, muss an der Beeinträchtigung der Person gearbeitet werden.“ Man wolle nicht das Gefängnis auf die Psychiatrie transferieren, unterstreicht Karst, sondern den Patienten eine Behandlung zukommen lassen.

Mit einem Knast hat das Zentrum wirklich nichts gemein. Der alte Bauernhof, von dessen Fenstern man einen weiten Blick über das Tal hat, wurde umgebaut und nach allen Regeln der Kunst so gestaltet, dass jedes Detail Ruhe, Achtsamkeit und Gelassenheit ausstrahlt. Die Fenster lassen viel Licht herein und dort wo Farben das omnipräsente angenehme Weiß unterbrechen, sind sie dezent. Alles ist sauber und aufgeräumt, ohne steril zu sein.

16 Behandlungsplätze

Die Einrichtung kann im Vollbetrieb 16 Jugendliche gleichzeitig aufnehmen. Aktuell bietet das Zentrum acht Behandlungsplätze an. Während ihres Aufenthalts sollen die jungen Menschen ein Lebensprojekt entwickeln. Ein großes Wort. Gemeint sind zum Beispiel Pläne, die die schulische Laufbahn angehen. Ein durchschnittlicher Aufenthalt dauert vier Monate.

Nach dem 18. Geburtstag müssen die Jugendlichen die Einrichtung verlassen. Da alle Aufenthalte der Patienten geplant sind (und nicht zum Beispiel Notfälle kurzfristig aufgenommen werden), kann dies aber berücksichtigt werden, wenn jemand kurz vor seinem 18. Geburtstag steht, erklärt Karst. Wenn eine Rückführung in die Familie nicht möglich ist, wird ein anderer adäquater Ort zum Leben gefunden, gegebenenfalls ein Foyer, mit denen das Zentrum eng zusammenarbeite. Kein Jugendlicher werde ohne eine Schule und ohne einen Platz, wo er unterkommen kann, entlassen, versichert Karst.

Zum Betreuungsangebot des CTP gehört auch Unterricht. Dieser fällt sehr individuell aus. Er kann sich am Stoff der Heimatschule der Teenager orientieren. Nach vier bis sechs Wochen können sie auch eine Schule außerhalb der Einrichtung besuchen, erklärt Karst, was aber nicht für alle gleich angemessen ist. Denn: Für viele ist die Schule eine Quelle ihre Probleme.

Auch Paulette Lenert fällt die Ruhe auf, die dieser Rückzugsort ausstrahlt. Die Ministerin ist der Ansicht, dass noch nicht genug über die mentale Gesundheit von Jugendlichen gesprochen wird. „Meiner Erfahrung nach ist das hierzulande nichts, über das man einfach so spricht“, sagt Lenert. Es brauche ein Bewusstsein dafür, dass Gesundheit ein Ganzes ist, zu dem sowohl die körperliche wie auch die mentale Gesundheit gehören.

MAMM
6. August 2021 - 13.19

WAT SOLLEN DI JONK DANN DO, DEM HOND HANNE...? SI LAFEN DO FORT !

Hiejel
5. August 2021 - 10.23

....jugendpsychiatrische Therapiezentren gehören nicht nach Putscheid sondern wie alle Labos in die ehrwürdige Universitätstadt Belval , oder?