Nick Cave & Warren EllisSpontane Über-Kreativität

Nick Cave & Warren Ellis / Spontane Über-Kreativität
Nick Cave & Warren Ellis

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Die CD- und die Vinylversion werden erst ab 28. Mai erhältlich sein, aber schon jetzt kann man die digitale Version von „Carnage“, dem neuen Album von Nick Cave und Warren Ellis, hören. Die langjährigen Bad-Seeds-Mitglieder und Freunde haben – wie so viele zum Nicht-Touren verdonnerte Künstler – den Lockdown genutzt, Songs zu schreiben und aufzunehmen. Laut Cave sei es „eine brutale, aber wunderschöne Aufnahme, eingebettet in eine gemeinschaftliche Katastrophe“. Eine wunderbare Beschreibung dieses Werks, das nicht das erste ist, das er und Ellis abseits des Bad-Seeds-Katalogs gemacht haben. Seit Mitte der Nullerjahre komponiert das Duo zusammen Soundtracks.

Cave und Ellis sind also bestens eingespielt. So ist auch die folgende Aussage von Ellis bezüglich „Carnage“ zu verstehen: „Die Arbeit war eine komprimierte Phase intensivster Kreativität, denn es dauerte gerade einmal zweieinhalb Tage, bis diese acht Songs in irgendeiner Form standen. Dann erst sagten wir uns: ‚Ach komm, lass uns doch ein Album machen!‘ Das alles war also nicht sonderlich geplant.“ „Carnage“ mag ein Produkt spontaner Über-Kreativität sein, ein Schnellschuss ist das Album nicht. Es fügt sich perfekt ein in die Diskografie von Cave, Ellis sowie den Bad Seeds.

„Old Time“ ist beispielsweise ein treibendes Trip-Hop-Stück, nur mit Piano und einer typischen Cave-Predigt gewürzt. Die erste Hälfte von „White Elephant“ ist auch dem Trip-Hop zuzuschreiben, ab der Mitte, wenn Caves Tonfall wütender wird, mutiert es allerdings in ein aufwühlendes Gospel-Stück, das auch auf ein Bad Seeds passen würde – und noch eher auf ein Album von Jason Pierce (Ex-Spaceman 3, jetzt Spiritualized). Dazwischen schlummert ein beseelter Titelsong, der wie warmer Regen auf einen einsamen Wanderer im Wald tropft. Das in einem Rutsch und gar im ersten Versuch eingespielte „Shattered Ground“ und „Balcony Man“ sind ähnlich: Man möchte die Augen schließen und sich von der sphärisch-berauschenden Musik einhüllen lassen und all den Irrsinn da draußen in der Welt vergessen machen. Wäre es nur so einfach …

Wertung: 9 von 10