EditorialFusionsgemeinden: Vollzeitbürgermeister für moderne Kommunen

Editorial / Fusionsgemeinden: Vollzeitbürgermeister für moderne Kommunen
Die Akzeptanz von Gemeindefusionen wächst mit der Aufwertung kommunalpolitischer Ämter Foto: Editpress/Julien Garroy

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Auf die Größe kommt es an. Auch bei den Gemeinden. Wer wahrgenommen – sprich ernst genommen – werden will, muss wachsen, um systemrelevant zu sein. „Too big to fail“ ist auch im kommunalen Dschungelcamp ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Gemeinsam ist man stärker. Um das zu erreichen, ist die Zusammenlegung zweier oder mehrerer Gemeinden eine Möglichkeit. Nicht die einzige und vielleicht auch nicht immer die, welche sich prioritär als allein seligmachend aufdrängt. Trotzdem ist das Innenministerium auf dem richtigen Weg, wenn es Gemeindefusionen fördert. Und wenn es, nicht auf Zwang, sondern pädagogisch zärtlich, auf Freiwilligkeit setzt. Alles andere wäre auch ein Unding.

„Holt uns hier raus!“, der Ruf soll und muss von den Bürgern selbst kommen. Raus aus dem Mief einer unterbesetzten, schlecht ausgestatteten und finanzschwachen Gemeinde.

Die beste Reklame für Verschmelzungsfantasien sind jene Gemeinden, die den Schritt gewagt haben. Die Liste jener ist lang, und wirklich bereuen tut es niemand von ihnen. Von Startschwierigkeiten und kleinen Anpassungen abgesehen sind die vielen Vorzüge nicht zu leugnen.

102 Gemeinden zählen wir momentan. Bis 2023 soll es auf unter 100 gehen. Das könnte klappen, weil drei Fusionsprojekte mehr oder weniger am Laufen sind. Wobei, kleine Bemerkung am Rande, man sich heute schwer vorstellen kann, wie das Megaprojekt „Nordstad“ dereinst aussehen soll.

Wie auch immer. Bei den Bemühungen, Hochzeiten zu fördern, ist die Aussicht, finanziell und personell besser aufgestellt zu sein, natürlich ein Anreiz. Allerdings sollte er nicht der einzige sein. Die menschliche Dimension, also die Bürgernähe, darf nicht unterschätzt werden, wenn man will, dass Menschen in die Fusion einstimmen und sich mit ihrer „neuen“ Gemeinde identifizieren. Deshalb führt kein Weg an einer Aufwertung und Stärkung kommunalpolitischer Ämter vorbei.

Zum einen geht es dabei um die Absicherung. Also beispielsweise darum, zu verhindern, dass ein Gemeindepolitiker, wie jüngst der Bürgermeister von Bettemburg, trotz seines politischen Urlaubs von seinem Arbeitgeber entlassen werden kann. Das gilt für alle Mandatsträger, wenn man Druck von ihren Schultern nehmen will.

Zum anderen geht es aber ganz speziell um den Bürgermeisterposten. Ganz gleich, ob die Gemeinde 1.000 oder 100.000 Einwohner zählt, Bürgermeister muss in jedem Fall ein Vollzeitposten sein. Das ist in einer kleinen Gemeinde sogar noch wichtiger, weil Schöffen- und Gemeinderat kleiner sind und weniger Mitarbeiter zur Verfügung stehen als in einer großen Gemeinde. 

Vor allem in einer Fusionsgemeinde ist es wichtig, dass der Bürgermeister Zeit und Muße hat, seiner Arbeit vollumfänglich nachzugehen: Als Integrationsfigur und Ansprechpartner. Als einer, der alles im Blick hat.

Wenn viele Bürgermeister aber nicht täglich vor Ort sein können, weil sie aufgrund der momentanen Regelung des politischen Urlaubs noch einer anderen Arbeit nachgehen müssen, dann ist das heutzutage eigentlich ein No-Go. Besonders dann, wenn man als Innenministerium vorgibt, moderne Gemeinden schaffen zu wollen.

de Schéifermisch
3. Februar 2021 - 16.02

Welche Kommune will heute schon nicht modern sein? Ob diese Moderne, auf lange Zeit, immer so gut und bekömmlich für die Lebensqualität der Bürger ist steht auf einem anderen Blatt und ist durchaus fragwürdig.

J.Scholer
3. Februar 2021 - 11.55

Solange diese Vollzeitjobs nach Mindestlohn bezahlt würden , wäre nichts einzuwenden, aber welcher Politiker möchte schon gerne zum Mindestlohn arbeiten.Dies überlassen wir lieber Ottonormalbürger.

trotinette josy
3. Februar 2021 - 9.45

In grösseren Gemeinden, spätestens ab 5000 Einwohnern, müsste das Bürgermeisteramt ein Vollzeitamt sein und dürfte das Gemeindeoberhaupt kein zusätzliches Abgeordnetenmandat ausüben.

Claude Oswald
3. Februar 2021 - 8.18

Ich finde den Artikel ziemlich einseitig. In kleinen Gemeinden muss nicht unbedingt der Mief herrschen. Im Gegenteil, kleine Gemeinden sind übersichtlich. Man kennt sich und ist sich näher als in großen "Stadtgemeinden", wo die Gewählten hoch über der Masse des gemeinen Volkes herrschen.