EuropaparlamentMerkel bekennt sich zu Solidarität, hält ein flammendes Plädoyer, aber vieles bleibt vage

Europaparlament / Merkel bekennt sich zu Solidarität, hält ein flammendes Plädoyer, aber vieles bleibt vage
Social Distancing bei der Programmvorstellung in Brüssel: Eine Frau filmt einen Bildschirm, der die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer Rede zur Ratspräsidentschaft an das Plenum im Europäischen Parlament zeigt Foto: dpa/Francisco Seco

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Bei einer Rede im Europaparlament setzt die Kanzlerin neue Akzente. Die Grundrechte stehen obenan, gleich danach kommt der Zusammenhalt. Es war ein flammendes Plädoyer – doch bei der Umsetzung blieb sie vage.

Kommt jetzt doch noch der „Aufbruch für Europa“? Im Europaparlament in Brüssel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch ein ungewohnt leidenschaftliches Plädoyer für die EU gehalten. „Dieses Europa ist zu Großem fähig, wenn wir einander beistehen und zusammenhalten“, sagte sie bei der Vorstellung ihres Programms für den sechsmonatigen deutschen Ratsvorsitz.

Merkel schlug nicht nur neue Töne an, sondern sie setzte auch andere Akzente als bisher. Höchste Priorität sollen nun die Grundrechte genießen: Die Corona-Pandemie dürfe nicht als Vorwand dienen, die Demokratie oder die Meinungsfreiheit abzubauen. Allerdings vermied sie es, die akuten Probleme etwa in Ungarn oder Polen beim Namen zu nennen. Merkel kündigte auch keine neuen Maßnahmen an.

Als zweite Priorität nannte Merkel den Zusammenhalt in den 27 EU-Staaten. Dem Motto des deutschen EU-Vorsitzes – „Gemeinsam Europa wieder stark machen“ – werde sie sich „mit aller Leidenschaft“ widmen. Vorrang genieße der Wiederaufbau-Plan, den sie im Mai gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vorgelegt hat. Dieser müsse schnell verabschiedet werden, möglichst noch vor der Sommerpause.

Allerdings erwähnte Merkel nur die 500 Milliarden Euro, die sie zusammen mit Macron vorgeschlagen hatte – und nicht die 750 Milliarden Euro, die die EU-Kommission fordert. Deutschland sei zu Solidarität bereit, betonte sie. Man dürfe aber nicht „einseitig wirtschaftliche starke Länder belasten“. Der schuldenfinanzierte Wiederaufbau-Fonds müsse eine einmalige Maßnahme bleiben.

Beifall brandete auf, als Merkel US-Präsident Donald Trump und andere populistische Staatenlenker kritisierte. „Mit Lüge und Desinformation lässt sich die Pandemie nicht bekämpfen, genauso wenig mit Hass und Hetze“, sagte sie. „Dem faktenleugnenden Populismus werden seine Grenzen aufgezeigt.“ Allerdings blieb offen, was Merkel gegen eine mögliche zweite Corona-Welle in Europa unternehmen will.

Druck vor dem Gipfel

Vergleichsweise kurz kam der Kampf gegen die Klimakrise zur Sprache. Merkel nannte ihn zwar als dritte Priorität, ging aber schnell zu anderen Themen über. Sie wolle eine „grüne Wirtschaft mit starken und innovativen Unternehmen“. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 solle rechtlich festgeschrieben werden, für 2030 unterstütze sie eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um „50 bis 55 Prozent“.

Mehrfach wandte sich die Kanzlerin direkt an die Abgeordneten. Ihrer Rede war anzumerken, dass sie sich um die Zustimmung des Parlaments – dem „Herzen der europäischen Demokratie“ – bemüht. Die Europaparlamentarier fordern allerdings mehr Einsatz für den Klimaschutz und mehr Eigenmittel, etwa in Form einer EU-Digitalsteuer. Außerdem wünschen sie sich mehr demokratische Kontrolle der EU-Hilfen.

„Es kann nicht sein, dass diese Mittel weitgehend an der Mitsprache des Europäischen Parlaments vorbeigeschleust werden“, sagte der Vorsitzende des SPD-Abgeordneten, Jens Geier. „Europa ist keine Cashmaschine“, warnte der Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber. Die Auszahlung der EU-Gelder müsse an den Rechtsstaat gebunden werden. Dazu legte sich Merkel jedoch nicht fest.

Am Abend wollte sich die Kanzlerin mit den EU-Spitzen treffen, um mögliche Kompromisse im Streit um das künftige EU-Budget und den Wiederaufbauplan auszuloten. Am Donnerstag trifft sie sich in Berlin mit dem niederländischen Premier Mark Rutte, der sich gegen den rund 1,7 Billionen Euro schweren Finanzplan ausgesprochen hat. Die Gespräche dienen der Vorbereitung des EU-Gipfels am 17. und 18. Juli in Brüssel. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht.

HTK
9. Juli 2020 - 13.38

" „Dieses Europa ist zu Großem fähig, wenn wir einander beistehen und zusammenhalten“, Ach was.Das hätten wir jetzt aber nicht gedacht. Warum glaubt diese Frau mit uns reden zu müssen wie mit kleinen Kindern? Natürlich sind wir als Europa stark,darum haben wir den Laden ja aufgemacht. Wenn aber bei dem kleinsten Ungemach ein CSU-hofer oder ein Macron die Grenzen schließt um sich vor dem bösen Feind abzuschotten,dann ist Schluss mit "zusammenhalten". So geht das nicht.

Alois
8. Juli 2020 - 21.28

Ja ja,schnell die Grenzen zu den Europaeischen Nachbarn geschlossen bei Ausbruch des Covid 19 und jetzt redet diese Frau vom neuen Aufbruch Europas.