Australien, wir kommen!

Australien, wir kommen!
(Isabelle Greisch)

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Tageblatt-Praktikantin Isabelle Greisch verbringt nach der Première ein Jahr mit ihrer Freundin in Australien. In zweiwöchigen Abständen berichtet sie auf Tageblatt.lu über ihre Erfahrungen dort.

25. September 2016: Heute beginnt für meine Freundin Sarah und mich ein neues, unbekanntes und (hoffentlich !) abenteuerreiches Leben. Am Frankfurter Flughafen in Deutschland werden wir um 11.15 Uhr mit Qatar Airways für ein Jahr nach Australien fliegen. Mithilfe des Working-Holiday-Visums haben wir die Möglichkeit, ein Jahr lang in Australien (als erstes in Sydney) zu arbeiten und zu leben. Wieso wir nicht dem „traditionellen“ Muster folgen wollten, d.h. nach dem Schulabschluss sofort ein Studium zu beginnen oder gar arbeiten zu gehen, hat viele Gründe.

Ernsthaft gebildet hat sich die Idee des Verreisens vor etwa einem Jahr. Für Sarah, Elena (eine andere Freundin von uns) und mich war der Beginn unseres letzten Schuljahres eine bedeutende Anregung, um über unsere Zukunft nachzudenken. Wollen wir tatsächlich sofort weiterstudieren? Und wenn ja, was? Und wo? Derartige Diskussionen hatten wir drei schon oft geführt, doch durch das nahende Ende unserer gemeinsamen Schulzeit (die letzten drei Jahre waren wir Klassenkameradinnen im Escher Jongelycée) wurden sie viel realer.

Dabei wurde schnell klar, dass niemand von uns den „konventionellen“ Weg einschlagen würde, sondern eher an Reisen, fremde Länder und aufregende Erlebnisse dachte. Der Hauptgedanke: Das Leben ausschöpfen, es genießen. Das, was die Welt außerhalb von Luxemburg zu bieten hat, erkunden und wertvolle Erfahrungen sammeln. Uns selbst besser kennenlernen, an unsere Grenzen stoßen, Neues lernen, aufgeschlossener und vorurteilsfreier werden.

Jetzt oder nie!

Die Frage, wieso wir nach unserem Abschluss nicht sofort studieren gehen wollten, wäre beantwortet. Wie sind wir allerdings auf die Idee gekommen, ein Jahr lang zu verreisen und wieso haben wir uns ausgerechnet das Ende der Welt dafür ausgesucht?

Elena und Sarah haben im Sommer 2015 einen Monat in Thailand verbracht. Die Abenteuerlust war noch mehr geschürt. Sie haben viele andere Backpacker kennengelernt und es stellte sich heraus, dass manche von Australien schwärmten und es als das perfekte Land für Backpacker darstellten: Die Menschen seien freundlich, das Wetter hervorragend und die Jobsuche sei nicht unendlich schwer. Nach ausführlichen und teilweise sehr philosophischen Gesprächen haben wir uns dazu entschieden, nach unserer „Première“ für ein Jahr nach Australien zu reisen.

Wir redeten mit unseren Eltern, die am Anfang nicht unbedingt sehr begeistert waren. Fragen, ob wir uns sicher dabei sind, wie es mit dem Visa ablaufen sollte, mit dem Geld, und viele andere mehr waren an der Tagesordnung. Für uns stand unsere Entscheidung jedoch fest, auch wenn wir uns langsam bewusst wurden, dass viel organisiert und bedacht werden muss (aber hallo – Australien!). Oft wurden wir gefragt, wieso wir diese Erfahrung nicht nach dem Studium machen wollen. Ganz einfach: Vielleicht kneifen wir dann. Wenn wir unseren Uni-Abschluss in der Tasche haben, ist es bequemer und einfacher, sofort im Berufsleben zu starten. Dieses Risiko wollten wir nicht eingehen und außerdem, wozu wäre das Warten gut? Jetzt oder nie!

Das erste Problem ließ nicht lange auf sich warten. Mit dem luxemburgischen Pass war es nicht möglich, das Working-Holiday-Visum zu bekommen. Ziemlich doof, wenn man in Australien arbeiten will und die Erlaubnis nicht bekommt. Ohne Geld läuft es halt nicht. Wie will man dort ohne Arbeit leben, wenn man nicht sein ganzes Sparkonto dafür plündern möchte? Dieser Schlag kam unerwartet, wer hätte gedacht, dass Luxemburg kein Abkommen mit Australien in diesem Bereich hat. Sarah hatte schnell eine Lösung parat: Von Geburt an hat sie zwei Pässe, den luxemburgischen und den italienischen.

Mit letzterem war es ihr möglich, das Visum anzufragen. Ich machte mich sofort daran, die deutsche Botschaft zu kontaktieren, da mein Großvater mütterlicherseits Deutscher war. Ich hoffte, den deutschen Pass so schnell wie möglich zu bekommen, denn auch mit diesem Pass kann man das Visum anfragen. Ich hatte Glück: Bis 2000 war die Staatsangehörigkeit meiner Mutter deutsch und ich wurde schon 1996 geboren. Erst im Jahre 2000 gab meine Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit ab und nahm die luxemburgische an. Ich war in den Augen der Botschaft also deutsch und bekam einen Monat später meinen Pass.

Das Beste daraus machen

Elena hatte leider weniger Glück. Sie versuchte es mit der polnischen Nationalität ihrer Großmutter, doch der Prozess zog sich ewig in die Länge, da viele Dokumente im Zweiten Weltkrieg verschollen waren und die noch vorhandenen Dokumente allesamt übersetzt werden mussten. Viele Monate warteten und bangten wir, doch wir wurden enttäuscht. Langsam realisierten wir, dass Elena den Pass und somit auch das Working-Holiday-Visa nicht rechtzeitig bekommen wird. Das saß. Wir regten uns über die administrativen Vorgänge auf, weil uns nichts anderes blieb, aber ändern tat dies nichts.

Da waren wir also nur noch zu zweit, aber als die Zeit weiter verging, hatte Elena sich ein neues Ziel in den Kopf gesetzt: Sie will in Neuseeland anfangen und ihr eigenes Ding durchziehen, und uns so oft wie möglich besuchen. Wir versuchen also, uns trotzdem oft zu sehen und es ist selbstverständlich, dass wir uns weiterhin unterstützen und in Verbindung bleiben. Es gilt, das Beste daraus zu machen.

Sarah und ich, im Besitz unserer erforderlichen Pässe, konnten nun das Visum anfragen, das uns nach nur zwei Tagen Wartezeit ausgehändigt wurde. Von da an lief alles reibungslos: Es wurden australische Bankkonten für uns erstellt, wir haben unsere Examen bestanden, der Flug wurde gebucht und viele andere Details wurden geregelt. Die Sommerferien verbrachten wir mit unseren Freunden, unserer Familie und mit dem Treffen der letzten Vorbereitungen wie zum Beispiel die Krankenversicherung.

Umso näher der Tag der Abreise kam, desto mehr wurden wieder Bedenken, aber auch Glückwünsche geäußert. Ich persönlich wurde sehr anhänglich meinen Freunden gegenüber und hatte auch keine Lust, meine Sentimentalität zu verbergen. Meine Eltern und meine Geschwister konnten diese Veränderung auch spüren und die Stimmung ist derzeit sehr gefühlsbetont.

Giftige Tiere

Im Großen und Ganzen freuen wir beide uns sehr und können den Abflug nicht mehr erwarten. Wir sind uns dennoch bewusst, dass wir unsere Familien und unseren Freundeskreis sehr vermissen werden. Sich vorzustellen, dass jemandem während unserer Abwesenheit etwas passieren könnte, ist sehr furchteinflößend, doch solche Schwarzmalerei bringt niemandem was. Das gewohnte Umfeld zu verlassen und auf einmal für sich selbst verantwortlich zu sein, ist bestimmt kein Zuckerschlecken.

Das Heimweh und das Vermissen der wichtigsten Personen in unserem Leben sind jedoch nicht die einzigen Ängste, die wir haben. Die reale Angst, keinen Job und keine Wohnung zu finden, ist präsent. Wir sind jedoch zuversichtlich, da wir die ersten beiden Wochen über Airbnb bei einem australischen Paar wohnen werden. Diese Zeit wird genutzt, um Sydney kennenzulernen und eine eigene Wohnung plus Job zu finden. Da wir vorhaben, alle paar Monate in eine neue Stadt zu ziehen, um somit viel von Australien sehen zu können, werden wir immer wieder mit Job- und Wohnungssuche konfrontiert werden.
Außerdem ist ein gewisser Respekt vor der australischen Fauna und Flora definitiv vorhanden.

Das für uns unbekannte Ökosystem mit seinen exotischen Tieren birgt durchaus Gefahren. Ich bin sehr gespannt auf meine Reaktion, wenn ich das erste Mal einer giftigen Schlange oder einer riesigen Spinne gegenüber stehen werde. Es ist tröstlich zu wissen, dass nur 90 Prozent der vorhandenen Tiere einen Menschen umbringen können. Gewohnheiten, wie das Ausrütteln der Schuhe, ehe man sie anzieht, da vielleicht ein giftiges Tier darin schlummert, oder die Toilette vor Gebrauch zu spülen, sind uns fremd. Hoffen wir, dass es schnell zum Alltag wird.

Wir befürchten allerdings nicht, dass unsere Erwartungen enttäuscht werden, da wir so gut wie nichts geplant haben. Wir nehmen alles, wie es kommt. Zum ersten Mal ist der Ablauf eines Jahres aus unserem Leben nicht durchdacht und strukturiert und wir heißen dies willkommen. Wie ich meine Habseligkeiten auf maximal 40 Kilogramm beschränken soll, ist eine ganz andere Geschichte.

Um 2.45 Uhr in der Nacht geht unsere Reise in Luxemburg los. Ein Shuttle bringt uns zum Frankfurter Flughafen. Zwischenlandung in Doha während zwei Stunden und dann Sydney. Die mehr als 24 Stunden dauernde Reise wird anstrengend werden, doch zum Glück leiden weder Sarah noch ich unter Flugangst. Erste Station Sydney. Der Rest ist unbekannt. Wir kommen!