Interview„Auch Kritiker haben nicht immer recht“ – Premier Luc Frieden über Bettelverbot und Debattenkultur

Interview / „Auch Kritiker haben nicht immer recht“ – Premier Luc Frieden über Bettelverbot und Debattenkultur
Luc Frieden will mit der Umsetzung des Regierungsprogramms vorankommen – auch wenn es Widerstand geben sollte Foto:Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Bettelverbot, Rentendebatte, Baugewerbe in der Krise: Das waren die dominanten Themen während der ersten Amtswochen der neuen Regierung um Luc Frieden. Im Tageblatt-Interview erklärt der Premierminister, dass ihn die öffentlichen Debatten heute mehr interessieren als früher, wieso Luxemburg bei den Renten einen eigenen Weg gehen muss und dass er trotz Widerständen mit der Umsetzung des Regierungsprogrammes vorankommen will.

Tageblatt: Herr Frieden, wie ist Ihre erste Bilanz in der Regierung? Hatten Sie sich erhofft, dass der Start eventuell etwas ruhiger ausfallen würde?

Luc Frieden: Wie in jedem neuen Job muss man sich erst einarbeiten und die Leute kennenlernen. Man muss sich die Aufgaben und Prioritäten zurechtlegen. Das nimmt viel Zeit und Energie. Das gilt für mich, wie auch für andere Minister.

Mussten Sie Ihre Erwartungen eventuell schon anpassen?

Nein, ich hatte eine klare Vorstellung dieser Funktion, immerhin war ich 15 Jahre lang in der Regierung. Während dieser Zeit konnte ich mir ein Bild davon machen, wie eine Regierung geführt wird. Zudem hatte ich in der Zwischenzeit andere Führungspositionen. Und es gibt immer Parallelen in der Art, wie man etwas führt: Es stellt sich immer die Frage, wie man unterschiedliche Meinungen zusammenführt und mehrere Menschen zu einem gemeinsamen Ziel führt. Das ist auch die Aufgabe eines Regierungschefs. Die größte Herausforderung ist jedoch, die zahlreichen Termine, die anstehen, in der begrenzten Zeit, die man hat, zu vereinbaren. Wie findet man ein Gleichgewicht zwischen der nationalen und internationalen Politik? Wie viel kommuniziert man mit der Presse? Das sind alles Fragen, die am Anfang beantwortet werden müssen.

 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Ein Wort, das des Öfteren gefallen ist, ist Leadership. Würde es nicht auch zum Leadership gehören, in der aktuellen Debatte um das Bettelverbot erst einmal abzuwarten und zu warten, bis der „Code pénal“ angepasst wurde?

Nein, Leadership bedeutet auch, dass etwas geschehen muss. Leadership ist das Umsetzen von Wahlversprechen. Leadership ist das Umsetzen des Regierungsprogramms. Das zugrundeliegende Problem beim Bettelverbot ist, dass sich in den vergangenen zehn Jahren ein Problem erweitert hat, sodass viele Einwohner beispielsweise nicht mehr zum „Hamilius“ gehen wollten, was sie in ihrem Sicherheitsempfinden und in ihrer Freiheit beschränkt. Wenn das Problem in den vergangenen Jahren gelöst worden wäre, wäre es jetzt nicht aufgekommen. Leadership ist, dafür zu sorgen, dass Menschen in unserer Gesellschaft nicht auf der Straße landen und für ein Bett und Essen betteln müssen. Leadership bedeutet, in Luxemburg die soziale Kohäsion zu sichern und die Armut zu bekämpfen. Deshalb beschränke ich mich nicht auf ein Problem alleine. Das macht man aber nicht an einem Tag, sondern in fünf Jahren.

Was ich heute anders empfinde als vor 15 Jahren, ist, dass ich jede Debatte durchaus interessant finde

In einem Interview mit „Le Quotidien“ haben Sie gesagt, dass Sie die Ausmaße der Diskussion um das Bettelverbot übertrieben finden. Hat es Sie überrascht, wie schnell und wie heftig sich der Widerstand gegen diese Maßnahme geregt hat?

Nein, gar nicht. Jahrelang hat die Stadt Luxemburg gefragt, dass etwas unternommen wird und es ist nichts passiert. Da ist es nur normal, dass eine Gegenreaktion von jenen, die nichts unternommen haben, kommt. Was mich jedoch stört, ist, dass über andere Themen nicht geredet wird. Beispielsweise wurde die Kaufkraft der Bürger in den ersten Wochen dieses Jahres gestärkt. Lasst uns über den Wohnungsbau oder Arbeitsplätze reden … Viele Menschen sagen mir, dass es eine einseitige Berichterstattung über ein einzelnes Thema ist, das vielleicht wichtig ist, allerdings finden andere Themen dafür keine Beachtung. Aber jeder kann über das Thema sprechen, das ihm wichtig ist. Wir leben in einem freien Land. Generell gehört Kritik zur Demokratie. Was ich heute anders empfinde als vor 15 Jahren, ist, dass ich jede Debatte durchaus interessant finde. Ich finde es begrüßenswert, dass diskutiert wird. Jedoch sind die Kritiker nicht immer im Recht. Es gibt Argumente auf beiden Seiten. Das gehört zu einer Demokratie, auf die ich stolz bin und die ich stärken will.

Wir werden noch auf andere Themen zu sprechen kommen, bleiben aber vorerst noch beim Bettelverbot. Sie sagen, die Stadt Luxemburg hat ihre Argumente. In diesem konkreten Fall geht es aber um nicht weniger als die Rechtsstaatlichkeit. Aus dem Strafgesetzbuch wurde eine Passage gestrichen, der es jedoch bedarf, um das Bettelverbot zu vollstrecken. Die Minister Gloden und Margue beharren jedoch auf ihrer Position. Wird hier nicht an den Grundfesten einer liberalen Demokratie gerüttelt?

Nein, was Sie sagen, ist nicht ganz richtig. Es handelt sich um eine Interpretationsdivergenz, die von Richtern geklärt werden muss.

Aber genau das ist in einem Urteil des Diekircher Gerichtes doch passiert?

Die Stadt Luxemburg hat Juristen, das Innenministerium hat Juristen, die nun eine andere Interpretation vorlegen als die der Vorgängerregierung. Das Parlament kann zudem zu jedem Zeitpunkt Klarheit schaffen. Seit Jahren aber gibt es eine Interpretationsdivergenz, was den angesprochenen Artikel anbelangt. Zu einem Rechtsstaat gehört, dass das Oberste Gericht respektiert werden soll, wenn es ein Urteil in dieser Sache fällt. Das ist bislang nicht geschehen. Das Parlament kann die Gesetzgebung jedoch auch bei einer Wahrung der in der Verfassung festgeschriebenen Menschenrechte noch ändern. Ich werde alles dafür tun, dass der Rechtsstaat respektiert wird. Hier geht es um unterschiedliche Interpretationen einer Rechtslage, die nach einer Änderung im „Code pénal“ nicht mehr so eindeutig ist, wie sie eigentlich sein sollte.

Luc Frieden im Gespräch mit Tageblatt-Chefredakteur Chris Schleimer und Politikredakteur Sidney Wiltgen
Luc Frieden im Gespräch mit Tageblatt-Chefredakteur Chris Schleimer und Politikredakteur Sidney Wiltgen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Die Debatte um das Bettelverbot ist laut Ihnen kein „essenzielles“ Thema. Was sind denn die für Sie wichtigen Themen?

Mein Ziel ist es, in den nächsten Jahren ein modernes Luxemburg mit einer starken sozialen Kohäsion zu gestalten. Dazu gehören mehrere Aspekte: Es gilt, die Kaufkraft zu stärken, wo ein erster Schritt erfolgt ist. Es gilt, das Angebot an bezahlbarem Wohnraum massiv zu erweitern, weil das die wohl größte gesellschaftliche Explosionsgefahr birgt. Es gilt, den Ausbau erneuerbarer Energien zu unterstützen. Auch wollen wir die Armut im Land bekämpfen und den Rechtsstaat stärken. Es gibt viele Aspekte, die parallel prioritär sind. Wir werden uns in den kommenden Wochen eine Agenda geben, was zuerst umgesetzt werden soll.

Unternehmen müssen in Krisenzeiten auf ihre Reserven zurückgreifen. In den vergangenen Jahren wurde viel gebaut und ich gehe davon aus, dass das Geld, das damit verdient wurde, auch dazu dient, schwierigere Zeiten zu überbrücken.

Stugalux hat am Montag angekündigt, bis zu 65 Personen entlassen zu wollen. Was ist das für ein Gefühl, trotz angekündigter kurzfristiger Maßnahmen noch mitzuerleben, dass ein Unternehmen Menschen entlässt?

Ich kann die Situation bei Stugalux nicht bewerten. Es ist immer schlimm, wenn Personen entlassen werden. Die Maßnahmen, die wir getroffen haben – nämlich die Krise im Bausektor offiziell auszurufen, damit der „chômage partiel“ greifen kann – soll dafür sorgen, dass diese Personen in sechs Monaten dem Bausektor erhalten bleiben. Wir brauchen diese Arbeitnehmer, wir brauchen Wohnungen und wir brauchen Handwerker. Da es jedoch einen Fachkräftemangel gibt, hoffe ich, dass andere Unternehmen diese Arbeiter schnellstmöglich einstellen. Und: Unternehmen müssen in Krisenzeiten auf ihre Reserven zurückgreifen. In den vergangenen Jahren wurde viel gebaut und ich gehe davon aus, dass das Geld, das damit verdient wurde, auch dazu dient, schwierigere Zeiten zu überbrücken. Es ist und bleibt jedoch dramatisch, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeit verlieren.

Wie kurzfristig sollen die Maßnahmen denn schon greifen?

Noch in den kommenden Monaten. Deshalb habe ich angekündigt, dass die Steuermaßnahmen retroaktiv, und somit so effizient wie nur möglich, wirken. Diese Incentives zum Bauen und Kaufen sollen möglichst schnell greifen.

Forscher der Universität Luxemburg haben errechnet, dass die steuerlichen Subventionen nicht unbedingt bei denen ankommen, die Erstkäufer auf dem Wohnungsmarkt sind.

Diese Debatte hatten wir in der Wahlkampagne. Diese Kritik war ja durchaus bekannt – die nun gewählten Parteien haben jedoch einen anderen Standpunkt vertreten.

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Im Wahlkampf wurde eher wenig über das Rentensystem diskutiert. Nach den ersten Ankündigungen wurde auch bei dem Thema schnell Kritik laut.

Ich glaube, dass wir in einer Demokratie akzeptieren müssen, dass es bei jedem Thema Kritik gibt. Und das ist auch gut so: gut für die öffentliche Debatte und gut, damit Sie etwas zum Schreiben haben. Es ist klar, dass keine Debatte aufkommt, wenn man nichts macht. Seit Jahren ist jedoch bekannt, dass unser Rentensystem auf lange Sicht verlangt, dass wir ein stetes Wachstum haben, um die Renten bezahlen zu können. Die neue Regierung ist deshalb der Meinung, dass wir eine breite Debatte über die Zukunft des Rentensystems führen müssen. Diese Debatte wird weder Auswirkungen auf die aktuellen Rentner noch auf die, die in nächster Zukunft in Rente gehen, haben. Es wäre unverantwortlich, diese Debatte weitere zehn oder zwanzig Jahre zu verzögern. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung altert. Früher sind die Menschen zwei oder drei Jahre, nachdem sie in Rente gegangen sind, gestorben. Heute leben sie fast noch einmal ein ganzes Arbeitsleben, wenn sie in Rente gehen. Das alles wirft Fragen über die zukünftige Finanzierung der Renten auf. Dass diese Debatte sehr schwierig sein wird, dessen bin ich mir bewusst.

Sie haben bei der Fedil angekündigt, dass diese Debatte erst später geführt werden soll. Gibt es da eine präzise Agenda?

Nein. Erst einmal müssen wir festlegen, mit wem wir diese Debatte führen wollen. Das müssen meines Erachtens mehr als nur die Sozialpartner sein. Diese spielen eine wichtige Rolle, spiegeln aber nicht unbedingt die gesamte Gesellschaft wider. Vor allem will ich mit der jüngeren Bevölkerung ins Gespräch kommen. Das wird schon eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen – schließlich wird das keine Debatte, bei der ein „projet de loi“ vorgelegt wird und dann bereits entscheiden ist, wie die Reform aussehen soll. Brauchen wir mehr Wachstum, um das System zu finanzieren, oder entscheiden wir, diese Reform anders anzugehen? Diese Debatte ist sehr komplex. Die anschließenden Reformen würden erst nach einigen Jahren in Kraft treten, sodass wir uns erst einmal zwei Jahre geben sollten, um diese Debatte zu führen.

Ich habe gesagt, dass Ungarn ein proeuropäisches Land sei. Ich mache einen klaren Unterschied zwischen der ungarischen Bevölkerung und ihrem Regierungschef.

Gibt es andere Rentensysteme, von denen sich Luxemburg inspirieren lassen könnte, oder muss Luxemburg seinen eigenen Weg gehen?

Wir müssen unseren eigenen Weg finden, der das aktuelle System und unsere Geschichte widerspiegelt. Die Luxemburger Situation ist sehr spezifisch, da wir eine andere Berufslandschaft als andere Länder haben. Wir haben einen stark ausgeprägten Dienstleistungssektor, in dem die Arbeit weniger hart ist als in Ländern, die eine höhere Industrialisierung haben. Zudem haben wir die spezifische Situation, dass wir viele Arbeitnehmer haben, die ihre Renten in einem anderen Land ausbezahlt bekommen. Wir werden eine spezifisch Luxemburger Lösung finden müssen.

Am Donnerstag ist EU-Rat. Sie haben kürzlich angegeben, dass Sie vom Politik-Magazin „Politico“ in Bezug auf Viktor Orban falsch zitiert worden seien. Was haben Sie denn letztendlich genau gesagt?

Ich habe gesagt, dass Ungarn ein proeuropäisches Land sei. Ich mache einen klaren Unterschied zwischen der ungarischen Bevölkerung und ihrem Regierungschef. Das ist eine Nuance, die im Politico-Artikel nicht gemacht wurde. Ich bin davon überzeugt, dass man auch mit den Personen reden muss, mit denen man nicht einer Meinung ist. Ich bin nicht einverstanden mit einer Reihe von Aussagen von Viktor Orban oder der politischen Ausrichtung seiner Partei. Das entspricht nicht meiner Sicht von Europa – ich bin nämlich ein stark proeuropäischer Politiker. Trotzdem muss mit der Person, dem Land und der Regierung geredet werden – nicht zuletzt, weil sie die EU-Präsidentschaft ab dem 1. Juli haben wird. Einige finden, dass die Isolationspolitik richtig ist, ich bin jedoch der Meinung, dass man miteinander reden sollte. Wir sind zu 27 in der EU und müssen somit alle Perspektiven berücksichtigen. Auch wenn ich nicht mit den Positionen einverstanden bin – und das bin ich nicht, weil ich es nicht gut finde, dass ein einziges Land alles blockiert.

Sehen Sie Stand jetzt einen Weg, wie aus 26+1 wieder 27 werden, wie Ungarn aus der Isolation herausfinden könnte?

Sie müssen sich an die Regeln der Europäischen Union halten. Ich hoffe, dass die Ungarn die Kritik und Anmerkungen, dass die Rechtsstaatlichkeit respektiert werden muss, einsehen.

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Was kann man vom EU-Rat am Donnerstag erwarten?

Das liegt ausschließlich in den Händen der Ungarn. Wir sind uns zu 26 einig, dass der Ukraine geholfen werden muss. Es geht um mehr als das Territorium der Ukraine, es geht um fundamentale Werte und Prinzipien in Europa. Es geht um das internationale Miteinander, das nicht mit Gewalt, sondern mit Diplomatie geregelt werden soll. Deshalb muss die Ukraine unterstützt werden: weil sie für etwas kämpft, an das wir fundamental glauben. Wenn eine Lösung zu 27 nicht möglich ist, müssen wir versuchen, eine Lösung zu 26 zu finden.

Debatte darf nicht heißen, dass man nichts macht. Es heißt, mit Kritikern diskutieren und daraus dann auch seine Schlussfolgerungen ziehen.

Ist die Unterstützung der Ukraine gefährdet, wenn man bedenkt, dass bei den Europawahlen rechtsextreme Kräfte drohen gestärkt aus den Wahlen hervorzugehen?

Nein, weil ich denke, dass die großen europäischen Parteifamilien weiterhin die Mehrheit im Parlament behalten werden. Ich stelle auch mit Genugtuung fest, dass es in Luxemburg bei den Wahlen keinen Rechtsruck gegeben hat. Das Luxemburger Parlament ist sich auch in den meisten europapolitischen Fragen einig, sodass wir zumindest in Luxemburg keine Abkehr von unserer Linie haben werden. Ich denke, dass wir allgemein ein Interesse daran haben sollten, die Kräfte der Mitte zu stärken, weil die Lösungen vernünftiger sind als die von Rechtsextremen.

Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie die Debatte trotz allem schätzen. Macht Sie das zu einem besseren Premierminister, als Sie es vor 15 Jahren gewesen wären?

Es ist immer schwierig, sich selbst einzuschätzen. Ich denke, dass jede Erfahrung – als Mensch, Vater, Politiker und im Privatsektor – dazu beiträgt, dass ich das Amt besser ausübe, wie wenn ich diese Erfahrungen nicht gemacht hätte. Nur: Debatte darf nicht heißen, dass man nichts macht. Es heißt, mit Kritikern diskutieren und daraus dann auch seine Schlussfolgerungen ziehen. Ich hätte gerne, dass wir in dieser Regierung vorankommen und unser Programm umsetzen – auch wenn es Widerstand geben sollte. Deshalb wurde man gewählt, deshalb ist man im Amt. In einer Demokratie ist dieses Amt zeitlich begrenzt, sodass der Wähler dann entscheidet, ob er mit dem erzielten Resultat einverstanden ist oder eben nicht.

Wird die Regierung ihre Ansichten im Verlauf einer öffentlichen Debatte dann auch anpassen?

Natürlich – jedoch werden in solchen Debatten sehr oft Argumente wiederholt, die bereits im Wahlkampf aufgeworfen wurden. Abgesehen davon kann eine Debatte natürlich auch zu einer anderen Entscheidung beitragen. Das ist der Reichtum einer Demokratie.

 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
benschul
2. Februar 2024 - 15.15

Gudde Mëtteg Här Frieden. Wann ech Iech soen, dass Är Partei an desem Moment déi blamabelst Period zanter hirem Bestéen duerchléft, an nach nie esou wäit ewech war vun denen Werter déi se mär iwwert 70 Joer lang gepriedegt huet, da gléwen ech kaum dass en mer widdersprecht. Och wann mer an enger Demokratie liewen, da sidd Där de Chef vun der Regierung an et wäert un Iech hänke bleiwen, dass hei an dem sougenannte räiche Lëtzebuerg ënnert den An vun der europäescher Presse géint déi elementarsten Mënescherechter verstouss gétt. Ech schumme mech, Lëtzebuerger ze sinn. Schéi Gréiss.

den trottinette josy
2. Februar 2024 - 1.49

Auch Sie, Herr Frieden, haben noch lange nicht immer recht, genau wie Ihre Ministerkollegen/innen.

Clemi
1. Februar 2024 - 14.53

bitte um aufklärung: es wird immer wieder von jurisprudenzEN gesprochen, immer in der mehrzahl, zuletzt noch von T.Hoscheit bei 100,7 ("eng rei Urteeler" oder so ähnlich). nun lese ich aber hier dass das T explizit nur auf ein einziges, scheinbar erst-instanzliches urteil in diekirch referenz nimmt, wie auch diese woche im blog eines ex-journalisten geschrieben. ja was denn nun? die jurisprudenz(en), auf die sich immer wieder bezogen wird, gehört eigentlich schon lange von journalisten aufgearbeitet, angesichts dieses widerspruchs führt aber nun kein weg mehr daran vorbei! ebenso hätte schon lange detaillierter über die regelungen in diekirch, ettelbrück und düdelingen berichtet werden müssen, v.a. über den zeitpunkt wann die entsprechenden textpassagen in die jeweiligen polizeireglemente aufgenommen wurden, und - was düdelingen angeht - ob das dortige "le bourgmestre peut" denn überhaupt einmal real angewandt wurde? diese liste liesse sich noch fortführen; ich bin ganz klar nicht auf der polfer-gloden-seite, doch bei diesem thema, des ausmasses das es angenommen hat und der art und weise der diskussion, gehört definitiv alles auf den tisch - und zwar sauber. angefangen bei der frage; ein (1) urteil oder doch in der mehrzahl???

Robert Hottua
1. Februar 2024 - 13.49

Guten Tag Herr Frieden, meine Eltern, 1911 und 1916 geboren, wurden in den vom demokratischen Staat Luxemburg geduldeten (geförderten?) "braunen Häusern" zu demokratiefeindlichen Gesundheitspolizisten mit dem Auftrag der Herstellung und Aufrechterhaltung eines devianzfreien Staates mit einer drastischen, selektiven Sozialpolitik ausgebildet. Im unfehlbaren päpstlichen "Luxemburger Wort" wurde dieser Auftrag so ausgedrückt: "Um eine Sozialreform durchzuführen, wie HITLER sie plant, und um überhaupt eine Sozialreform im christlichen Sinne zu verwirklichen, muss erst die Masse aus dem psychosenhaften Denken, in das sie der Sozialismus und der Liberalismus hineingeführt haben, herausgelöst werden. Die Rede von Dr. GOEBBELS war in diesem Sinn nicht nur politisch, sondern auch psychologisch äußerst wertvoll. (…)" In diesem Staat musste der "Hamilius" von "politisch-moralisch schwachsinnigen, volks- und rassefeindlichen Schädlingen", d.h. arbeitsscheuen Bettlern, (homosexuellen) Prostituierten, Säufern, Drogenabhängigen … freigemacht und frei gehalten werden. Für diese Menschen waren drastische "Therapiemaßnahmen" in Umerziehungsanstalten der richtige Weg. ▪ Der deutsche Psychiatrieprofessor Heinz HÄFNER sagte am 19.10.2005 in der psychiatrischen Klinik in Ettelbrück: " (…) Im HNP ('Hôpital Neuropsychiatrique de l’Etat') war die Zahl psychiatrischer Betten zunächst weiter angestiegen: von 683 im Jahr 1950 auf 1.025 im Jahr 1970 und 860 im Jahr 1990, damals eine der höchsten Raten weltweit. (…) ▪ Abgeseilt in den Tod. Bei Fluchtversuchen kamen binnen zehn Tagen zwei Patienten ums Leben. (…) (Télécran, 14.08.1999) ▪ Wo die Politik versagt hat. Der Besuch der Parlamentarischen Kommission für Gesundheit und Soziale Sicherheit im staatlichen Neuropsychiatrischen Spital in Ettelbrück. (...) Unverblümt - und offensichtlich zutiefst schockiert - äußerten die Abgeordneten aller Parteien blankes Entsetzen über die im Ettelbrücker Spital herrschenden baulichen und sanitären Zustände. Um dieser für unser Land unwürdigen Situation schnellstmöglich ein Ende zu bereiten, ruft die Kommission die Regierung dazu auf, die im Spitalplan vorgesehene Reform der psychiatrischen Strukturen schneller voranzutreiben. Aha! ist man versucht angesichts solcher plötzlichen Betroffenheit zu bemerken. Die Politik entdeckt neue Prioritäten im staatlichen Spital- und Investitionsplan, einen ganz besonderen gesundheitspolitischen Handlungsbedarf in seiner alltäglichen Dramatik. Jedoch, wer hat unsere Politiker denn bisher daran gehindert, diese wichtige Reform voranzutreiben und vor allem den für Patienten wie für Pflegepersonal unzumutbaren Bedingungen im Ettelbrücker HNP zu begegnen? Immerhin mußte ihnen das Ausmaß der Reformbedürftigkeit doch spätestens 1992, seit der Präsentation des Häfner-Berichts zur Lage und Optimierung der psychiatrischen Versorgung in Luxemburg bewußt sein. Auch wenn sich inzwischen noch eine interministerielle Kommission mit den Lösungsvorschlägen der Experten befaßte, die Eile und Beflissenheit unserer Gesundheitspolitiker kommt jetzt doch recht spät. (Luxemburger Wort, 14.03.1996) Der "sechere Wée" der CSV erhält mit Ihnen, Herr FRIEDEN, wieder reiche demokratische Impulse. Herr Prof. Wolfgang WERNER sprach auf der ersten und bisher einzigen Veranstaltung der "Letzebuerger Gesellschaft fiir Sozialpsychiatrie" 2004 von Wegen und Irrwegen. MfG Robert Hottua