EditorialÜberflüssiger EU-Spitzenposten

Editorial / Überflüssiger EU-Spitzenposten
EU-Ratspräsident Charles Michel war dieser Tage bereits bei seiner liberalen Partei MR (Mouvement réformateur) unterwegs Foto: Nicolas Maeterlinck/Belga/AFP

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Am Sonntag kam die Nachricht, dass der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, an den Europawahlen im Juni teilnehmen will. Was zur Folge hat, dass er, wenn gewählt, spätestens ab Mitte Juli nicht mehr in seiner Funktion als Ratspräsident zur Verfügung stehen würde. Die Aufregung war nur kurz, aber groß: Das sei „Fahnenflucht“, hieß es in einer belgischen Zeitung, aufziehendes Chaos befürchtet eine italienische Zeitung. In diesem Sinne kritisierten auch einige Abgeordnete im Europäischen Parlament die Absichten des Belgiers. Damit wurden allerdings nicht nur der Funktion des EU-Ratspräsidenten zu viel Gewicht und Bedeutung beigemessen.

Vor allem wurde die Befürchtung geäußert, im Sommer würde bei einem fehlenden Nachfolger für Charles Michel der ungarische Regierungschef Viktor Orban als EU-Ratsvorsitzender die Zügel in die Hand nehmen, da in der zweiten Jahreshälfte sein Land den rotierenden Ratsvorsitz von Belgien übernimmt. Und Putin würde sich ob der zentralen Positionierung seiner Budapester Marionette ins Fäustchen lachen. Nun aber bleibt genug Zeit, zu reagieren, damit der Brüsseler Spitzenposten nach Michels Abgang nicht verwaist zurückbleibt. Beim kommenden EU-Gipfel im März – das Treffen im Februar muss sich der drängenden Budgetfrage widmen – kann die Nachfolge Michels angegangen und bei der Tagung im Juni abgeschlossen werden. Das müsste zu schaffen sein. Und Orban? Der hat ohnehin die Möglichkeit, über seine Regierungsmitglieder, die die Tagungen der EU-Fachminister während des zweiten Semesters leiten werden, nach Belieben Sand ins europäische Getriebe zu streuen. Dazu muss er nicht auch noch Zeremonienmeister im Ratsgebäude werden.

Im Zuge der Diskussionen über die Notwendigkeit einer Reform der Institutionen vor dem nächsten EU-Erweiterungsschub bietet der vorzeitige Abgang von Charles Michel jedoch eine Gelegenheit, die Sinnhaftigkeit des Brüsseler Spitzenpostens zu überdenken. Denn außer im Regelfall jährlich vier Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs zu organisieren, hat der EU-Ratspräsident keine wesentlichen Aufgaben zu erfüllen. Zudem verfängt sich die EU-Doppelspitze aus Rats- und Kommissionspräsidentschaft, wie die Querelen zwischen den gegenwärtigen Amtsinhabern zeigen, nicht nur in unproduktivem Kompetenzgerangel, sondern stiftet auch protokollarische (siehe „Sofagate“ in der Türkei) sowie allgemeine Verwirrung bei den EU-Bürgern, die sich im europäischen Institutionengeflecht nicht auskennen.

Da die im Europäischen Rat versammelten Staats- und Regierungschefs in der Art eines Verwaltungsrates zwar die großen politischen Linien vorgeben, jedoch keine Entscheidungen im juristischen Sinne treffen, sind sie als außerhalb der drei Gewalten – Legislative, Exekutive und Judikative – stehend zu erachten. Insofern wäre es kein Problem, wenn die Chefin der Exekutive, also die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Sitzungen des Europäischen Rates leiten würde. Immerhin ist sie die erste Adressatin der politischen Wünsche der 27 und hat ohnehin einen festen Platz am Tisch der Gipfeltreffen.

Von der Symbolik her würde es auch einen Unterschied machen, wenn die Sitzungen der 27 Staats- und Regierungschefs, als sichtbarster Ort zur Artikulierung nationaler Partikularinteressen, nicht von einem aus den eigenen Reihen auserwählten und lediglich mit präsidialen Weihen aufgepeppten Koordinator geleitet würden, sondern von der/dem Vorsitzenden einer europäischen Institution. Zumal der Versuch unternommen wird, den Kommissionsvorsitz aufzuwerten, indem er über das System des Spitzenkandidaten eine demokratische Legitimierung erhalten soll.

Romain
13. Januar 2024 - 11.50

Viele Posten werden in der Politik erstellt um eine Daseinzberechtigung zu haben

Ralf
10. Januar 2024 - 14.59

@ fraulein / Wegen der flotten Entgeltung!

luxmann
10. Januar 2024 - 12.16

Wenn man zwischen den personen vdl und Michel zu waehlen hat faellt meine wahl allerdings eindeutig auf den belgier. Nun ist die inkompetente frau aus der BRD natuerlich und zum glueck nicht fuer ewig auf dem posten...obwohl sie anscheinend ein neues mandat anstrebt...oh graus.

JJ
10. Januar 2024 - 10.53

So nützlich wie viele Präsidentenposten in der Politik.Repräsentieren und durch die Welt jetten ohne jede Entscheidungsgewalt. Es sei denn man heißt Wulff und ist auf Reisen.Auf Kosten eines "guten Freundes". Oder unser Hochwohlgeboren 'Enri der mit seiner streitbaren Dame hundertausend Euronen vom Steuerzahler für Luxus verpulvert. Alles überflüssig.

de Jang den Daafen
10. Januar 2024 - 9.50

In Brüssel gibt es viele überflüssige Posten bei der EU.

fraulein smilla
10. Januar 2024 - 9.15

Wenn der Ratspresident nur ein Gruessaugust ist , wieso zeigen denn Rutte ,Draghi und ein politisches Talent wie Bettel ueberhaupt Intresse an diesem Job .?