WirtschaftDie Logistik-Branche sieht sich an einem Wendepunkt

Wirtschaft / Die Logistik-Branche sieht sich an einem Wendepunkt
Am EuroHub-Sud (Bettemburg/Düdelingen) sind mittlerweile alle vorgesehenen Flächen verbaut Foto: Félix Giorgetti/Schmitt GlobalView

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Die Unternehmensvereinigung „Cluster for Logistics“ sieht den Sektor der Logistik an einem Wendepunkt. Die vor einigen Jahren gestarteten Projekte sind abgeschlossen. Neue müssen nun in Angriff genommen werden. Die Konjunktur dreht derweil langsamer.

Das „Cluster for Logistics“ …

… ist eine Vereinigung mit etwa 100 Unternehmensmitgliedern aus dem Sektor. Dazu zählen Unternehmen wie Cargolux, Transalliance, Kuehne & Nagel, Astron Buildings, Arthur Welter und B Medical Systems sowie Organisationen wie die Luxemburger Handelskammer und die Universität.

Ein kleines dreiköpfiges Team des Clusters organisiert Konferenzen, begleitet Luxemburger Firmen auf internationale Messen, wirbt für die Branche bei Jugendlichen, fördert Innovation und Start-ups, begleitet Unternehmen auf dem Weg in eine klimafreundlichere Zukunft und vertritt die Interessen des Sektors.

2022 sei in Luxemburg ein Jahr gewesen, in dem einige langjährige Projekte im Bereich der Logistik zu einem erfolgreichen Schluss gekommen sind, so Malik Zeniti, Direktor des Unternehmensnetzwerks „Cluster for Logistics“, im Gespräch mit dem Tageblatt.

Die Logistik war vor einigen Jahren als einer der Sektoren definiert worden, die mithelfen sollen, die Luxemburger Wirtschaft zu diversifizieren und neue Arbeitsplätze außerhalb vom Finanzplatz zu schaffen. Seitdem wurde, mit Unterstützung vom Staat, viel Geld in die Infrastruktur investiert.

Neben den firmeninternen Logistik-Abteilungen, die über das ganze Land verteilt sind, konzentriert sich der Sektor hierzulande vor allem auf drei Standorte: den Logistik-Hub Süd (Bettemburg), Findel und den Hafen in Mertert. Der Findel, mit Cargo Center und Freeport, zählt heute zu den zehn wichtigsten Frachtflughäfen Europas. Von Bettemburg aus beginnt die „Autobahn auf der Schiene“ („autoroute ferroviaire“), die unter anderem Lastwagenanhänger von Perpignan in Südfrankreich nach Bettemburg und zurück verfrachtet.

Am EuroHub-Sud (Bettemburg/Düdelingen) seien alle vorgesehenen Flächen jetzt verbaut, so Malik Zeniti. Die meiste Lagerfläche sei auch bereits vermietet. Gleichzeitig sei das Logistik-Zentrum in Contern nun ebenfalls komplett ausgebaut, sagt er weiter. Fehlen tue hier nur noch ein besserer Anschluss an die Autobahn. Das aber sei jetzt eine Aufgabe für den nächsten Transportminister.

Infrastrukturprojekte abgeschlossen

Der Sektor habe viel erreicht, so Malik Zeniti weiter. Im „Logistics Performance Index“ der Weltbank habe das Land weltweit im Schnitt zu den 20 besten gezählt. Geführt wird Luxemburg in der Gruppe der „Top Performer“ als „logistics-friendly“. Die Unternehmen der Branche erwirtschaften rund vier Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung und beschäftigen etwa 30.000 Mitarbeiter.

Neue Projekte sind bereits in Planung: So hat beispielsweise Vodafone eine Investition in ein 30.000 Quadratmeter großes Verteilerzentrum für elektronische Komponenten für Europa in Bettemburg angekündigt. Bis 2026 soll das Projekt stehen.

Gleichzeitig hat der Wirtschaftsbereich jedoch mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen, erläutert Malik Zeniti. Was die weltweite Konjunktur angeht, so „sind die schönen Jahre vorbei“. Nachdem die Umsätze im Bereich E-Commerce Corona-bedingt in den Vorjahren sehr stark zugelegt hatten, war das betreffende Volumen 2022 um 10 bis 15 Prozent eingebrochen. Wegen Preissteigerungen seien die Verbraucher zurückhaltend, sagt er.

„Die schönen Jahre sind vorbei“

Auch für die Entwicklung im laufenden Jahr gibt er sich vorsichtig. Die Aussichten seien „volatil und unsicher“. Zu der immer noch mauen Konjunktur kommen weitere Schwierigkeiten hinzu, etwa um die notwendigen Fachkräfte zu finden, oder weiter bestehende Verzögerungen in den Lieferketten. Zudem mache ein hoher Mindestlohn die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen hierzulande schwierig, so der Sprecher des Sektors.
„Die Firmen erwarten ein Übergangsjahr“, sagt er weiter. Danach werden sich die Verbraucher an die neuen hohen Preise gewöhnen. Langfristig bleibe man demnach zuversichtlich.

Froh ist man bei der Vereinigung, dass das Thema Transport und Wasserstoff nun „kein Tabu mehr ist“. Im internationalen Vergleich sieht man die Höhe der möglichen Hilfen bei der Umstellung der Transportflotten jedoch mit großer Skepsis. In Deutschland sind die Hilfen viel umfassender, so Malik Zeniti. Mit den aktuell vorgesehenen Maßnahmen werde es nicht möglich sein, die für 2030 gesetzten Ziele zu erreichen. Der Sektor hoffe auf eine neue Aufstellung der Hilfen. „Weniger Ideologie und mehr Pragmatismus wäre willkommen.“

Malik Zeniti, Direktor des „Cluster for Logistics“
Malik Zeniti, Direktor des „Cluster for Logistics“ Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Malik Zeniti, der seit 2015 als Direktor des Cluster for Logistics für den Sektor spricht, steht vor der Rente. Wer sein Nachfolger wird, ist noch nicht entschieden. Bewerber gibt es mehrere. Bis Jahresende soll der Verwaltungsrat eine Entscheidung fällen. Klar sind aber bereits die Aufgaben des Nachfolgers: Nachdem die Infrastruktur nun stehe, werde dieser den Sektor in eine digitale und klimaneutrale Zukunft begleiten müssen.

Gleichzeitig gelte es auch, sich nun mit der Frage nach neuem Land für Logistikaktivitäten zu befassen. „Vielleicht im Norden des Landes? Oder im Osten? In Mertert?“ Im Süden und im Zentrum sei man nun gut aufgestellt.

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