EditorialStraftäter verdienen Strafe – und Verständnis

Editorial / Straftäter verdienen Strafe – und Verständnis
Das Leben hinter Gittern kann kaum ein schönes sein Foto: Editpress/Alain Rischard

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Sind wir nicht alle potenzielle Täter? Vermeintlich normales Handeln und mögliche Straftat liegen nämlich enger beieinander, als man denkt. Verdienen angeklagte Straftäter deshalb nicht ein gewisses Verständnis? Sind Freiheitsstrafen die einzige Antwort auf Verfehlungen? 

Natürlich muss man Verurteilte auf ihre Fehltritte hinweisen. Gleichzeitig sollte man ihnen zeigen, wie sie ihre Schuld(en)  begleichen können, müssen – im Interesse der Gesellschaft, in der sie leben. Es geht nicht darum, sie aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Es geht vor allem um Resozialisierung. Um Wiedereingliederung in ein funktionierendes System. Daran mangele es sehr, wie die konsultative Menschenrechtskommission vergangene Woche in ihrem Gutachten angekreidet hat. Zu Recht.

Vor Gericht werden Menschen freigesprochen oder verurteilt. Halbschwanger gibt es nicht, laut dem Buchstaben des Gesetzes. Im Falle einer Verurteilung sollen die Angeklagten Buße tun. Die Frage ist, wie eine solche Buße aussehen soll, damit sie geläuterte, „bessere“ Menschen aus der Strafe in die Freiheit entlässt? Da scheint noch viel Nachholbedarf zu bestehen. 

Fragen nach Bestrafung stellen sich aktuell im Falle einer Kindergartenleiterin, die vier Jahre in Haft soll. Sie habe Minderjährige wie Mitarbeiter unmenschlich behandelt. Einer Mutter drohen 15 Jahre, weil sie beharrlich über das Schicksal ihrer seit sieben Jahren vermissten Tochter Bianka schweigt. Ein junges Elternpaar erfährt diese Woche vom Gericht, wohin es sein islamistisch geprägter Irrglaube führt. Bei allen drei Beispielen sind die Vorwürfe schwerwiegend, aber eigentlich auch nachvollziehbar.

Die Frage, die sich vor allem stellt, ist, wie die Bestrafung in diesen wie in anderen Fällen aussehen soll, damit sie eine positive Wirkung zeigt. Gefängnis reicht nicht, falls es denn überhaupt der richtige Ansatz sein sollte. Wer in seinem Benehmen, ob in Worten oder Taten, falsch abgebogen ist, sollte die Chance bekommen, auf den besseren Weg zurückzufinden. Nein, das sollte nicht vor gerechter, vielleicht strenger Bestrafung schützen. Die Strafe sollte sich aber nicht auf blinde Vergeltung, sondern auf Wiedergutmachung und Einsicht konzentrieren. Und vor allem darauf, dass begangene Fehler nie wieder vorkommen. Hilfe, Betreuung, Orientierung und Arbeitsplatz sowie finanzielle Absicherung spielen dabei eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, auf das Leben nach der Haft vorzubereiten. 

Am besten wäre es natürlich, wenn solche Straftaten überhaupt nicht erst stattfänden. In anderen Worten: wenn sie verhindert werden könnten. Dabei ist die ganze Gesellschaft gefordert. Dazu gehört vor allem, aufmerksam zu sein, und im Zweifelsfall Meldung oder Anzeige zu erstatten.

Bei Baby Bianka habe sich offensichtlich niemand wirklich für das Schicksal des Mädchens interessiert, sagt die Richterin während des Prozesses. Gleiches gilt für die Kinderkrippe in Bous. Frühzeitig ernst genommene Anzeigen hätten womöglich Leid erspart. Ja, auch das vom Islamischen Staat geblendete Ehepaar mit Kleinkind hätte vorzeitig vor einer Sackgasse gewarnt werden können. Hätte bei ihnen wie bei anderen jemand früher verständnisvoll eingegriffen, müssten sie womöglich jetzt nicht vor Gericht stehen. 

Leila
19. Dezember 2022 - 11.42

Bei Baby Bianka tu ich mich schwer bis überhaupt nicht, Verständnis aufzubringen. Immerhin war sie schon im Alter (32), was man bei einem sehr jungen, wahrscheinlich verzweifeltem Menschen noch nachvollziehen könnte. Nach bereits sechs Kindern immer noch lernresistent?! Bei der Aussage ihrer Mutter, sie hätte ihr ins Gesicht gelacht, als diese nach dem Säugling fragte, stellte sich mir mehr die Frage nach ihrem Geisteszustand und dennoch soll sie eine Ausbildung angefangen haben... Ob sie nach der Urteilsverkündung auffindbar sein wird?

Romain
19. Dezember 2022 - 10.40

Niemand wurde gezwungen eine Straftat zu machen. Die jenige die da einsitzen sind selber Schuld

Yuri
19. Dezember 2022 - 10.09

Selten méi e Blödsinn gelies. Déi armen armen Täter an déi béis Opfer. Sin ech am falsche Film?

JJ
19. Dezember 2022 - 9.42

So ist's recht. Den Spieß umdrehen.Die Gesellschaft trägt die Schuld. So wie heute frustrierte Lehrer von stupiden Schülern malträtiert werden weil diese genau wissen: Der Alte kann uns nichts anhaben.Notfalls gibt's eine Klage von den Eltern. Noch ein Beispiel? In Zürich gab es eine Beurlaubung eines Kinderschänders durch den zuständigen Psychiater. Der "genesene"Kranke spazierte in den Wald und schlug wieder zu um nachher zurück in die Anstalt zukommen. Wer ist da verantwortlich. Der Täter,der Psychiater oder die Gesellschaft? Im Gefängnis ist es nicht schön? Drei Mahlzeiten amTag,Sport,"bezahlte" Arbeit,Farb-TV usw. Da gibt's "Strummerten" draußen in der Kälte die sind schlimmer dran und die haben niemandem was getan.

Jill
19. Dezember 2022 - 8.33

Nein, ich habe kein Verständnis! Aber vielleicht sollte der Autor mal mit Opfern sprechen, welche bedroht, beraubt, vergewaltigt oder halb tot geschlagen wurden. Vielleicht haben haben diese Menschen Verständnis?