EditorialEine Tatsachenentscheidung und ihre Folgen

Editorial / Eine Tatsachenentscheidung und ihre Folgen
Die Pokalaffäre im Basketball hinterlässt gerade wegen der schwerfälligen Prozedur einen bitteren Nachgeschmack Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Ein Basketball-Pokalachtelfinale, es bleiben noch 5,4 Sekunden zu spielen. Mit dem letzten Angriff schafft der Underdog Mamer noch einen Drei-Punkte-Korb und zieht gegen den Erstligisten Walferdingen ins Viertelfinale ein. Ein Überraschungscoup, für den man den Sport eigentlich liebt. So weit, so gut – wäre da nicht das Nachbeben, das folgte. Die Résidence legte nämlich Protest ein, da die Uhr beim letzten Einwurf zu spät wieder gestartet worden war. Mamer blieb damit mehr Zeit für seine letzte Spielaktion, so jedenfalls die Argumentation des Verlierer-Klubs, der direkt nach der Partie Einspruch gegen die Wertung einlegte. Der Korb hätte nach Meinung des LBBL-Vereins nicht mehr zählen dürfen.

Ein Protest, dem in einer ersten Instanz vom Verbandsgericht stattgegeben wurde, das eine Neuansetzung anordnete. Eigentlich keine außerordentliche Nachricht, wäre da nicht das Problem, dass es mehr als einen Monat dauerte, bis überhaupt verhandelt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das nachfolgende Viertelfinale zwischen Düdelingen und Mamer bereits längst gespielt. Folglich ging der Basketballverband, der bei der ersten Verhandlung gar nicht erst anwesend war, in Berufung. Der Berufungsausschuss entschied schließlich auf „Tatsachenentscheidung“ des Schiedsrichtergespanns. Mamer bleibt damit der Gewinner und weder das Achtelfinale noch das Viertelfinale müssen neu gespielt werden.

Dieses Urteil dürfte sicherlich für Erleichterung beim Verband gesorgt haben. Eine missliche Situation wurde vermieden und die Begegnungen müssen nicht neu angesetzt werden. Dennoch wirft die Entscheidung gleich auf mehreren Ebenen Fragen auf. Ist es auch eine Tatsachenentscheidung, wenn die Uhr, die ausgerechnet das Heimteam betätigt, zu spät gestartet wird? Die Fragen nach Fairplay werden sich auch in Zukunft stellen. Die ganze Situation hätte mit einem unabhängigen Kommissar am Stoppuhr-Tisch einfacher gelöst werden können. Pokalspiele werden in dieser Runde zudem von nur zwei Schiedsrichtern geleitet, anstatt der sonst für die höchste Liga üblichen drei. Solche Schwierigkeiten könnten sicherlich vermieden werden.

Es ist aber auch einmal mehr das Problem von Amateur- oder Halbprofiligen, die das Programm einer Profiliga zu bewältigen haben. Allein im Basketball wurde die erste Liga in den letzten Jahren auf zwölf Teams aufgestockt. Um das Mammutprogramm zu bewältigen, gibt es inzwischen kaum noch Verschnaufpausen. Auch die Vereine sind auf freiwillige Helfer angewiesen, die eben die Arbeit am offiziellen Tisch erledigen.

Der Mangel an Schiedsrichtern und Kommissaren ist längst bekannt. Dass sich nicht für alle Partien die nötige Besetzung finden lässt, steht außer Frage. Zu wünschen wäre es demnach, dass vor allem bei den Verbänden, die sich inzwischen immer professioneller aufstellen, Kommunikation und Prozeduren reibungsloser ablaufen würden. Warum sich die ganze Affäre nämlich so in die Länge gezogen hat, wurde bis heute nicht mitgeteilt. Diese unrühmliche Episode hätte verhindert werden können: Eine frühere Verhandlung, ein später ausgetragenes Viertelfinale, und schon hätte dieser Protest sicherlich für weniger Schlagzeilen gesorgt. So hinterlässt diese Affäre jedoch einen bitteren Nachgeschmack.