Die Vorwürfe wurden gleich im ersten Tagesordnungspunkt ausgiebig erörtert, zum Teil äußerst kontrovers. Dabei wurde nicht mit Kritik gegenüber Präsident Yves Wengler gespart. Einige Komiteemitglieder sprachen von Vertrauensverlust. Andere Gemeindevertreter zeigten sich hingegen trotz möglicher Kritik und Verbesserungswünschen zufrieden mit der Arbeit des Syndikats.
Er sei erstaunt, dass innerhalb von sechs Wochen alles schlecht sei, was SIGI in den letzten Jahren gemacht habe, sagte Wengler. Es habe mit Artikeln auf Reporter.lu im Wochentakt begonnen. Dann habe ein Komiteemitglied die Frage eines Audits des Syndikats auf die Tagesordnung gesetzt, so Wengler. Zuvor hatten sich auch mehrere Gemeinden brieflich kritisch an das SIGI-Büro gewandt. Es folgte daraufhin eine parlamentarische Anfrage. Ende Mai sei noch alles in Ordnung gewesen und plötzlich nichts mehr, sagte Wengler.
Alle Kritik werde ernst genommen, so der SIGI-Präsident, sowohl was das Personal als auch was die Transparenz bei den Finanzen anbelangt. Kritisch geäußert hätten sich nur 14 Prozent der Gemeinden. Dennoch nehme man das Ganze nicht auf die leichte Schulter. Die Diskussion habe dem Syndikat einen Imageschaden zugefügt. Zur sichtlichen Überraschung vieler Anwesenden las Wengler aus einem Brief vor, der von 57 Mitarbeitern unterschrieben wurde. Darin zeigten sich diese erstaunt über die in der Presse formulierten Missstände, insbesondere bezüglich der schlechten Stimmung im Betrieb. Sie sprechen hingegen von einem guten Klima und von einem gesunden Arbeitsumfeld. Mit den verbreiteten Gerüchten sei man nicht einverstanden.
Nicht aus der Luft gegriffen
Nur 14 Prozent der Gemeinden hätten sich kritisch geäußert, was aber im Umkehrschluss nicht bedeute, dass 86 Prozent einverstanden seien, so der Vertreter der Gemeinde Kehlen. Die Vorwürfe gegen die SIGI-Führung seien wohl nicht aus der Luft gegriffen. Es gebe Fehlentwicklungen, insbesondere bei der Programmentwicklung. SIGI sei personalmäßig zu groß geworden. Notwendig seien separate Audits zum Personal und zu den Finanzen. Und die Ergebnisse sollten dem ganzen Vorstand vorgelegt werden, nicht nur dem Büro.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Vorschlag unterbreitet, eine externe Firma mit der Befragung sämtlicher Gemeinden zu beauftragen. Darin sollen diese sich zur Arbeit des Syndikats und Verbesserungswünsche äußern.
Die Problematik des häufigen Personalwechsels sei seit längerem bekannt, so der Vertreter der Gemeinde Schüttringen. Er habe bereits vor Monaten ein Audit vorgeschlagen. Hätte man sich schon früher Gedanken gemacht, wäre das landesgrößte Syndikat nicht in die Schlagzeilen geraten. Das sei eine bedauerliche Situation.
Er sei erstaunt, dass so wenige Gemeinden Briefe geschrieben haben, meinte ein weiteres Komiteemitglied. Zum Mobbingvorwurf sagte er, die Menschen hätten Angst, sich zu äußern. Er sprach von Druck, den der Präsident gegen Vorstandsmitglieder ausgeübt habe, die gegen das SIGI-Budget gestimmt hätten. Nicht auszudenken, wie mit Angestellten verfahren werde. Der Präsident sollte seine Verantwortung übernehmen.
Wengler zufolge habe das Büro gleich nach Bekanntwerden der Vorwürfe reagiert. Die Presse habe nur die eine Seite der Medaille gezeigt, meinte er. Nach dem ersten Artikel habe man via E-Mail alle Mitarbeiter angeschrieben, ihnen gesagt, dass man die Vorwürfe ernst nehmen würde. Wer was von Mobbing höre, solle dies dem Büro mitteilen. Eine Antwort habe das Büro jedoch nicht bekommen. Nach einer Unterredung mit der Innenministerin habe man sich auch mit den zwei Personaldelegationen (Angestellte und Beamte) getroffen. Ein konkreter Fall von Mobbing sei nicht genannt worden, so Wengler.
Was Widerspruch im Saal hervorrief. Es gebe wohl Fälle, aber man wolle keine Namen nennen, um die Betroffenen zu schützen. Diese wollten sich aus Angst nicht äußern, so eine Sprecherin einer der Personaldelegationen. Es handele sich um Personen, die das Syndikat bereits verlassen hätten. Die Gemobbten befürchteten den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Ein externes, unabhängiges Audit könne dies feststellen.
Dass die gegen die SIGI-Führung erhobenen Vorwürfe nicht neu sind, bestätigte Düdelingens Vertreterin im Büro, Josiane Di Bartolomeo-Ries. Düdelingen ist eine der Gemeinden, die sich im Vorfeld der Sitzung schriftlich an das SIGI-Büro gewandt hatten. Beim Treffen mit der Delegation sei tatsächlich kein Name, also kein konkreter Fall genannt worden. Beide Personaldelegationen hätten jedoch gesagt, dass da etwas nicht in Ordnung sei. Sie sei über den Brief mit 57 Unterschriften von Mitarbeitern überrascht.
Furcht vor Folgen des Audits
Sowohl die Vertreter von Lorentzweiler als auch von Niederanven und später von Esch zeigten sich insgesamt mit der Arbeit des Syndikats zufrieden. Die Durchführung mehrerer Audits, der eine bezüglich des Personals und der andere bezüglich der Finanzverwaltung, wurde allgemein begrüßt.
Bereits im Vorfeld der Sitzung zirkulierte der Name einer Unternehmensberaterfirma, die mit den Audits befasst werden könnte. Wengler betonte, dass man nicht auf die genannte Firma bestehe. Mehrere Komiteemitglieder unterstrichen dabei, dass eine spezialisierte Firma mit der Überprüfung der Mobbingvorwürfe befasst werden sollte. Und die Mitarbeiter dürften keine Angst vor Repressalien haben.
Zur Durchführung der Audits und der getrennten Befragung der Gemeinde beschloss die Versammlung mehrere Kredite. Für die Umfrage bei den Gemeinden wurden 120.000 Euro bewilligt. Weitere 120.000 Euro sind für die Audits beim Personal und der Finanzverwaltung bestimmt. Eine aus drei Mitgliedern des Büros und fünf Komiteeangehörigen bestehende Arbeitsgruppe soll die zu beauftragende Firmen bestimmen.
Zwei weitere Punkte wurden von der Tagesordnung gestrichen. Der eine betraf Unklarheiten bei einer vom Büro vorgeschlagenen Stiftung. Der andere einen Kooperationsvertrag mit der „Intercommunale de mutualisation informative et organisationnelle“.
Zum Schluss der Sitzung kam eine Mitarbeiterin des SIGI zu Wort. Sie befürchte negative Folgen des Audits. Ziel von derlei Untersuchung sei es, negative Seiten eines Betriebs herauszuschälen. Schlecht wäre es, würden die Ergebnisse an die Öffentlichkeit kommen. Das würde gegen SIGI genutzt werden, meinte sie. Lediglich zehn Prozent der Mitarbeiter seien unzufrieden.
Seinen Kopf lieferte SIGI-Präsident und Echternacher Bürgermeister Wengler seinen Kritikern quasi auf dem Silbertablett. Nach den Kommunalwahlen 2023 werde eine neue Führung gewählt und er werde nicht mehr für seine Nachfolge kandidieren, sagte er. Seinen Beschluss habe er seit längerem getroffen und stehe in keiner Beziehung zu den jüngsten Ereignissen.
De Maart

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