Montag3. November 2025

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Gespräch„Ultrasport“ – für Dan Leiner mehr als nur eine ultimative Herausforderung

Gespräch / „Ultrasport“ – für Dan Leiner mehr als nur eine ultimative Herausforderung
Dan Leiner reist um die Welt, um immer wieder neue Herausforderungen zu suchen Fotos: Privat

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Jüngst war beim südafrikanischen Cape Epic die Herausforderung für Dan Leiner zwar bereits nach der zweiten Etappe vorbei. Erst gab sein Partner auf und auf sich alleine gestellt, wurde es dieses Mal für den früheren Handball-Nationalspieler zu schwer. Doch besondere Challenges, aber auch „die gute Sache“ und am Ende sogar seine Patienten spornen den 61-jährigen Osteopathen zu immer neuen Ultra-Taten an.

Tageblatt: Dan Leiner, Sie haben bei drei C-Handball-Weltmeisterschaften mitgespielt: Wie kommt man vom Hallensport zum Rennen durch die Wüste?

Dan Leiner: Auch nach dem Handball bleibt man gerne sportlich. Kollegen fragten mich, ob ich mit laufen gehe. Das lag mir zwar nicht wirklich, aber ich lief mal etwa zehn Kilometer mit. Das sollte dann doch auch noch besser gehen. Und so läuft man dann einen Halbmarathon mit. Und denkt danach, dass auch ein ganzer drin sein sollte. Man begegnet dabei immer wieder seinen Kollegen vom Handball und über Nico Peters ging es dann auf den „Uewersauer-Trail“. Andere Kollegen fuhren mit dem Mountainbike über die Alpen. Fürs Radfahren bin ich bei 1,88 Metern und früher 90 Kilo zu schwer, aber man kann es ja mal probieren, und auch das ging dann ganz gut.

Von den Öslinger Koppen auf Schusters Rappen oder auf dem Drahtesel ist es dann doch noch ein weiter Weg bis in die Wüste …

Auf Ultraveranstaltungen, egal wo, lernt man die verrücktesten Leute kennen. Und die bringen einen immer wieder auf dumme Ideen. So lud mich kurzerhand ein Libanese zum Beiruter Marathon ein. Und bei diesen ganzen Rennen sind dann aber auch immer wieder beeindruckende Menschen. Wenn ein Blinder oder jemand mit zwei Beinprothesen den „Marathon des Sables“ läuft, ein Feuerwehrkorps einem Behinderten eine unglaubliche Freude macht und ihn über die ganze Strecke schleppt, dann kann ich doch nicht wegen einer Blase am Fuß aufhören. Das motiviert mich und immer wieder stellt sich mir die Frage: Was kann der eigene Körper? Und ja, er kann mehr, als man meint.

Die Grenzen des eigenen Körpers erfahren und überschreiten ist also Ihre Motivation?

Ich bin noch nie über oder an die Grenzen meines Körpers gegangen. Mir geht es mehr darum, Länder und Menschen zu entdecken, Erlebnisse zu erfahren. Mein Gedanke ist dann oft: da geht aber noch mehr. Da steht dann nicht das Sportliche im Vordergrund, aber es soll eine Herausforderung sein. Meine Antwort auf die immer wieder aufkommende Frage nach dem „Weshalb“ ist längst der Charity-Gedanke. Mittlerweile haben wir über 150.000 Euro gesammelt und nicht zuletzt meine Patienten verdienen ein großes Danke.

Wie kam es zu dem Charity-Gedanken?

Ich bin viele Herausforderungen mit meiner Frau Renée Welter und ein paar auch mit meinem Sohn angegangen. Sie ist mittlerweile dreimal den „Marathon des Sables“ gelaufen, ich nur zwei Mal. Sie arbeitet allerdings bei einer Bank und kann sich nicht immer so freinehmen wie ich als Selbstständiger. So bin ich dieses Jahr 2.200 Kilometer mit dem Gravelbike durch Marokko gerollt. Es ist eine Mischung aus Abenteuer, sehen, wozu der Körper in der Lage ist, und Dinge entdecken. Und über Denis, einen Patienten, kam es dann zu den Charity-Projekten. Wir haben viel von der Welt gesehen und man kommt auch mit Patienten ins Gespräch. Und so vor zehn Jahren dachte ich, anstatt hier und da zu spenden, kann man auch mal selber was machen. Denis und seine Tochter haben das seltene Marfan-Syndrom. Die von uns angestoßene asbl den-i.lu wurde enorm groß, Kardiologen und das CHL stiegen mit ein, wir konnten bereits im ersten Jahr 30.000 Euro sammeln. Unsere Wohltätigkeitsaktionen sind ein großer Erfolg und ein Selbstläufer. Bei den letzten vier Projekten wurden wir direkt angesprochen. Manche Patienten haben Zweifel, an große NGOs zu spenden, weil sie nicht wissen, was dann wo mit ihrem Geld passiert. Bei uns haben sie Vertrauen.

Dan Leiner ist schon einige Herausforderungen mit seiner Frau angegangen
Dan Leiner ist schon einige Herausforderungen mit seiner Frau angegangen

Wie sehen diese Projekte aus?

Bei mir sind auch Schwestern aus der Zitha in Behandlung. Die haben mich angesprochen, ob ich nicht auch mal was für sie machen könnte. Fir „Eng oppen Hand fir Malawi“ haben wir dann Geld und über 300 Fahrräder gesammelt, die dann zu Ambulanzen umgebaut wurden, um Kranke überhaupt bis zu den Krankenhäusern zu bringen. Und wir haben auch ein paar Schulsäle finanziert. Im Mai dieses Jahres haben wir unseren alten Landrover 110 „Louis“ dann über 5.500 Kilometer von unserer zweiten Heimat Kapstadt durch Namibia und Sambia nach Malawi gefahren, damit das Namitete-Krankenhaus jetzt auch einen richtigen Krankenwagen hat. Über eine Engländerin hier in Luxemburg haben wir in Kambodscha Spielplätze und einen Schulsaal finanziert. Da hatte sich auch die Sparkasse mit 300 Schulmappen mit drangehängt. Dieses Jahr sind die sechs Luxemburger der Cape Epic dann im Zeichen des Kenako Urban Farming Project (Spenden an Kenako, BCEELULL, LU22 0019 3455 1443 5000) gestartet. Hier lernen Menschen aus den Townships in Kapstadt, gesundes Essen nachhaltig selber anzupflanzen und zuzubereiten. Mike Frantz, ein früherer Fußballer, lebt dort und schaut vor Ort, dass alles klappt.

Wie rechtfertigen Sie denn eigentlich das vorhin angesprochene Vertrauen?

Wenn wir zu etwas gefragt werden, überlegen wir zuerst, ob das auch in unserer Philosophie ist. Ob wir uns damit identifizieren können. Wir haben dann ein paar Prinzipien. Wir sammeln die Gelder. Und bringen sie selbst direkt dorthin. Schauen, dass das Ganze nachhaltig ist, also dass es auch nach unserem Engagement weitergeht. Das ganze Geld geht dabei in die Projekte. Wir haben nie für uns, den Flieger oder Hotels Gelder verwendet. Die Veranstaltungen, an denen wir teilnehmen, oder auch diese Reisen sind unsere Urlaube, die wir uns selber finanzieren.

Das anstehende Weihnachten ist Spendenzeit, was raten Sie unseren Lesern?

Zu schauen, wohin ihre Gelder fließen. Mittlerweile steht ja jedes Mal, wenn jemand mit dem Rad über die Alpen fährt, ein Artikel in der Zeitung mit dem Geld, das er dabei sammelte. Ich bin froh drum und die 1.000 Euro sind gut. Aber schaut auch, ob ein „Suivi“ da ist, wer hinter dem jeweiligen Projekt steht. Versteht mich dabei nicht falsch. Ich unterstütze weiterhin große Organisationen wie Médecins sans frontières oder das Rote Kreuz. Bei einer großen Katastrophe oder Notlage können kleine Projekte wie unsere nichts oder nur sehr wenig ausrichten. Und es ist normal, dass bei großen, professionellen NGOs ein Teil der Gelder für Gehälter genommen werden. Man kann nicht erwarten, dass ein Arzt seine Praxis zwei Jahre zumacht und unter schwierigen Umständen umsonst arbeitet. Auch ein Helikopterpilot muss von irgendwas leben.

Nach Weihnachten kommt das neue Jahr und auch neue Projekte. Was steht an?

Das fragen unsere Patienten auch immer, die warten richtig drauf. Jedes Jahr hängt in der Praxis ein großes Poster. Von unseren Dummheiten lassen sich die Menschen motivieren, selber Sport zu treiben. Und durch die Wohltätigkeitsprojekte sind wir schon fast gezwungen, neue Dummheiten zu suchen. Im März nehme ich dieses Mal meine Frau mit auf eine Runde mit dem Rad durch Marokko. Und später laufen wir zu Fuß von Düdelingen bis auf die Zugspitze, aber für den Rest suchen wir noch. Das kann nicht alles in einem ganzen Jahr sein. Das Wohltätigkeitsprojekt bleibt aber auch 2022 Kenako Urban Farming.

Zurück zur sportlichen Herausforderung: Was war denn die bisher schwerste?

2013 bin ich ja als erster Luxemburger die Four Deserts von Racing the Planet in einem Jahr gelaufen. Nach dem dritten Ultralauf in der Sahara ging es drei Wochen später schon zu einem Eismarathon in die Antarktis. In Afrika hatte ich 6,7 Kilogramm verloren und diese Speckschicht und Reserven fehlten mir dann im ewigen Eis. Da hat der Körper schon unter der Anstrengung und der Temperatur gelitten. Aber auch dort bin ich nicht bis an meine Grenzen gegangen.


KeNako Urban Farming Project

Mit der aktuellen Kampagne werden Menschen aus den Townships in Kapstadt unterstützt, um gesundes Essen nachhaltig selbst anzupflanzen und zuzubereiten. Weitere Infos finden Sie bei kenako.lu und spenden können Sie unter der Referenz „Urban Farming“, BCEELULL, LU22 0019 3455 1443 5000.