Selten hat man eine Rechtspolitikerin wie Alessandra Mussolini so farbenfroh wie auf den von ihr in den sozialen Medien veröffentlichten Fotos gesehen. Die Enkeltochter des Diktators Benito Mussolini zeigt sich in Regenbogenfarben – sie will damit ihre Unterstützung für das zurzeit heftig in Italien diskutierte Antidiskriminierungsgesetz, hierzulande „Ddl Zan“ genannt, ausdrücken. Auf die Frage, woher der Sinneswandel käme, antwortete Mussolini, sie beobachte, dass Toleranz in der gegenwärtigen Gesellschaft nur für wenige gelte, ein Zustand, der sie besorge. Man lebe heute in einer Gesellschaft, die vielfältig sei, Homo- oder Transphobie habe ihrer Ansicht nach dort keinen Platz.
Ein deutlicher Sinneswandel: Noch 2006 hatte eine wütend erregte Mussolini in einer Fernsehshow ihrem Widersacher Vladimir Luxuria zugerufen: „Besser Faschistin sein als eine Schwuchtel …“ Dies sei Reaktion auf einen Affront gewesen, den man ihr bezüglich ihres Nachnamens damals gemacht hätte, erklärt sie heute. Doch wie viele Rechtspolitiker hatte auch die langjährige Europaabgeordnete homophobe und -feindliche Gedanken geäußert.
Salvini steht zu Orban
Die italienische Gesellschaft ist derzeit durchaus zerstritten über das vom demokratischen Abgeordneten Alessandro Zan eingebrachte Gesetz. Die Vorlage sieht härtere Strafen für Hassverbrechen und Diskriminierungen von Homosexuellen, Transsexuellen, Frauen und Menschen mit Behinderungen vor. Ein ähnliches Gesetz gibt es in Italien bereits gegen Rassismus und religiöse Diskriminierungen. Gerade von rechten und ultrarechten Parteien wird das Gesetz, das bereits im vergangenen November das Abgeordnetenhaus passiert hatte, heftig diskutiert und boykottiert. Lega-Chef Matteo Salvini erklärte sich angesichts jüngster EU-Entscheidung gegen Ungarn ausdrücklich solidarisch mit dem Budapester Premier Victor Orbán. In ähnlicher Weise ließ sich die Chefin der postfaschistischen Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni, vernehmen.
Wenn dieses Gesetz das Konkordat verletzt, dann heißt das eigentlich nur, dass man das Konkordat abschaffen muss
Beifall bei den Rechten findet die diplomatische Note des Vatikans, in der der Heilige Stuhl die Befürchtung ausdrückt, man wolle „den Menschen die Sichtweise aufzwingen, dass Homosexualität ein natürliches Phänomen und keine Krankheit ist und dass das Spektrum der Menschheit nicht nur aus Frauen und Männern besteht“.
Salvini und Meloni unterstützen ebenfalls das vatikanische Anliegen, keinen nationalen Anti-Homophobie-Tag einzuführen, an dem Schulen unter anderem verpflichtet werden sollen, entsprechende Initiativen zur Aufklärung über die menschliche Vielfalt zu ergreifen. Der Vatikan sieht dabei die Freiheit der Lehre verletzt und einen Verstoß des Konkordats mit dem italienischen Staat. Worauf der kommunistische Parlamentsabgeordnete Maurizio Acerbo erklärte: „Wenn dieses Gesetz das Konkordat verletzt, dann heißt das eigentlich nur, dass man das Konkordat abschaffen muss.“
Regierung betont Souveränität
Mario Draghi, amtierende Ministerpräsident einer Vielparteienkoalition, der sich zunächst einer Antwort auf die vatikanische Note enthielt, erklärte am Rande des EU-Gipfeltreffens, Italien sei ein weltlicher und kein konfessioneller Staat und das Parlament sei in seinen Entscheidungen frei. Schließlich, so die Meinung der deutlichen parlamentarischen Mehrheit, folge man mit dem aktuellen Gesetz nur den von Brüssel erlassenen und von den meisten europäischen Staaten umgesetzten Vorgaben. Die letztlich nur einer längst vorhandenen Realität entsprechen.
Befragt, wie sie reagieren würde, outete sich ihr Sohn als schwul, erklärte Alessandra Mussolini, sie sei zufrieden, wenn es ihm Glück und Liebe brächte. Auch Rechte können sich der Realität anpassen.
 
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