„Spezielle Zeiten erfordern spezielle Maßnahmen.“ Das Bonmot, das Parteisekretär Claude Lamberty zu Beginn des DP-Digitalkongresses aus der Mottenkiste zaubert, trifft das Ambiente im Hesperinger CELO ganz gut. „Speziell“ ist es auf jeden Fall – in der lichtdurchfluteten Mehrzweckhalle sitzen eine Handvoll Journalisten und dürfen auf einem Fernseher den gleichen Livestream verfolgen wie die Zuschauer zu Hause. W-LAN ist vorhanden, ein Glas Wasser allerdings sucht man vergebens. Stattdessen darf man gebannt dem Countdown auf dem Bildschirm folgen, untermalt von plätschernder Lounge-Musik – pünktlich wie eines von Flavio Beccas 800 Uhrwerken beginnt der Kongress der Liberalen um 19.00 Uhr. Es ist das zweite Mal, dass die DP sich virtuell trifft – als erste Partei hatte sie 2020 bereits ihren Kongress in den Cyberspace verlegt. In seiner Eröffnungsrede verspricht Lamberty, die Veranstaltung werde „innovativ, demokratisch und hauptsächlich interaktiv.“ Eine wahrlich richtungsweisende Ansage.
„Fortschrittlich“, „flott“, „modern“ (und, weil es so schön klingt, noch mal „innovativ“) folgt dann das Programm – simultan übersetzt bei Zoom auf Deutsch, Französisch, Englisch und Gebärdensprache. Der Zugang ist niedrigschwellig und barrierefrei. Neben einer Statutenänderung stehen heute primär die Wahlen des Exekutivkomitees auf der Tagesordnung, dazwischen lockern einige Videoeinspieler von Parteigranden das eher trockene Programm auf. Dazu kommt eine Live-Fragerunde mit Corinne Cahen und Xavier Bettel – falls jedoch zu viele Fragen eintrudeln, würden diese in den folgenden Tagen schriftlich beantwortet, verspricht Lamberty. Die Parteipräsidentin und der Premierminister sind neben dem Parteisekretär die einzigen DP-Politiker vor Ort. Sie befinden sich allerdings im Auditorium des CELO, von wo das Programm live ins Foyer übertragen wird.
„Gut und gerne“
Nach einem kurzen Video, in dem die Bezirkspräsidenten (Max Hahn im Süden, Carole Hartmann im Osten, Eric Thill im Norden und Patrick Michels im Zentrum) abwechselnd eine zusammengeschnittene Rede vortragen, um den Zusammenhalt in der Pandemie zu verdeutlichen, tritt dann Parteipräsidentin Corinne Cahen live vor die Kamera. Sie beginnt ihre Rede mit einem Moll und gedenkt des DP-Politikers und Hauptstadtbürgermeisters Paul Helminger, der am 17. April verstorben ist. Aber auch Carlo Wagner, Henri Roemer und Jean-Marie Mangen schließt die Familienministerin in ihre Andacht mit ein und leitet gekonnt auf die Pandemie über: „Covid-19 war für uns alle schwer.“ Sie betont, dass das Virus vor allem auch ein Feind der Liberalen sei, weil diese es „hassen, Freiheiten einzuschränken.“ Im Anschluss verteilt sie die Lorbeeren an die Regierungskollegen ihrer Partei – Claude Meisch für seinen Einsatz um die Schulöffnungen, Marc Hansen für den Service des öffentlichen Dienstes, der auch in der Pandemie für die Bürger da war, Pierre Gramegna für die Staatsfinanzen auf dem Weg zur Besserung, Lex Delles für die Rettung des Mittelstands und Xavier Bettel natürlich dafür, dass er „das Schiff in ruhigen Wassern hält, wenn die Wasser unruhig sind.“ Auch lobt sie die Kollegen der Parlamentsfraktion für ihre „Verfügbarkeit“.
Im Anschluss widmet Cahen sich den Inhalten: Die DP sei immer die Partei gewesen, „der es nicht wichtig ist, woher du kommst, sondern wofür du stehst.“ Wofür die DP steht? – Für eine gesunde Work-Life-Balance, für eine Verlängerung des Vaterschaftsurlaubs, für eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und eine Diversifikation der Ökonomie, denn „Steuern und der Sozialstaat brauchen eine starke Ökonomie.“ Und für ein Ende der Baulandspekulation. „Die wollen wir nicht“, verkündet Cahen. Es sei zwar wichtiger, höher und mehr zu bauen, um die Nachfrage zu befriedigen, aber Spekulation sei nicht im Sinne der Liberalen. Deswegen habe Gramegna auch die FIS abgeschafft, das sei eines der Hauptinstrumente der Spekulanten gewesen. Außerdem freut man sich bei der DP über den Baulandvertrag, der dafür sorge, dass Bauplätze, auf denen nicht innert Frist gebaut werde, wieder zur Grünfläche umklassiert werde. Insgesamt gehe es der DP um ein „Land, in dem wir gut und gerne leben“ – was im Übrigen auch der Wahlkampfslogan der bundesdeutschen CDU anno 2017 war. Details sollen in „Workshops“ ausgearbeitet werden und folgen.
Nach Cahen darf der Fraktionsvorsitzende Gilles Baum die parlamentarische Arbeit seiner Partei kurz loben, bevor die Jungdemokraten in einem dynamischen Video die Kernpunkte ihrer Forderungen an die Mutterpartei vorbringen. Deren Präsident Michel Agostini schlendert im Anzug durch den Skatepark an der Pétrusse und hebt hervor, dass die Jugend 2020 nicht nach Lloret fahren, auf der „Schueberfouer“ feiern oder sich in einem Sommercamp verlieben konnte. Das habe die „Generation Covid“ aufgeben müssen, um die Eltern und Großeltern zu schützen. Deswegen sei es nun an der Zeit, die Krisen der jungen Generation anzugehen: die Wohnungs- und die Klimakrise. Außerdem fordern die Jungdemokraten ein Wahlrecht ab 16, nachhaltige Rentenfonds und gratis Menstruationsartikel im öffentlichen Raum.
Fragen und Wahlen
Danach wird es endlich interaktiv: In einer Q&A-Live-Fragerunde dürfen die zugeschalteten Mitglieder über Zoom Fragen an Bettel und Cahen stellen, Lamberty übernimmt die Moderation. Die erste Frage von JDL-Mitglied Jana DeGrott richtet sich an Cahen, es geht um die Prioritäten bei den nächsten Wahlen und die stärkere Einbindung von Parteimitgliedern. Cahen verweist auf die eingangs erwähnten „Workshops“ – und bald wolle man auch „live und in Farbe brainstormen“, wie Luxemburg und die DP sich verbessern könnten und wie man sich „um die Leute“ kümmern könne. Die nachfolgende Frage nach der Klimakrise beantwortet Bettel und verweist auf Luxemburgs Vorreiterrolle, zitiert zum Beweis dafür seine fünf Mülleimer, während Menschen aus Luxemburgs Nachbarländern teilweise nur auf einen einzigen Mülleimer zurückgreifen können. Cahen weicht der nachfolgenden Frage nach den Maßnahmen in Altersheimen geschickt aus, indem sie den Direktionen und den Pflegern ausgiebig für ihren Einsatz dankt, danach ist es auch schon fast – nach zwei kurzen Videos von Charles Goerens und Martine Dieschbourg – Zeit für die Wahlen. Oder zumindest für die Verkündung der Ergebnisse.
„Die Mitglieder sind eingeladen, sich im Lëtzebuerger Journal zu informieren, dem offiziellen Presseorgan der Partei […]“, hieß es bis vor kurzem noch in den Statuten der DP. Die Mitglieder der Partei konnten vom 20. bis 25. April über die Streichung dieses Passus abstimmen. Die liberale Luxemburger Partei hat das Ergebnis am Montagabend während des digitalen Kongresses präsentiert – und es ist eindeutig: 90,3 Prozent stimmten für das Entfernen des Textabschnittes. „Wir wünschen dem Journal in seiner neuen Form alles Gute – wie natürlich auch allen anderen Luxemburger Medien“, so Claude Lamberty, Generalsekretär und Moderator der Veranstaltung.
Auch zwei regionale Posten wurden zur Wahl ausgeschrieben: Die Präsidentschaftsposten der DP Süden und Osten – wobei sich im Osten nicht viel verändert hat. Carole Hartmann bleibt – als einzige Kandidatin – mit 98,8 Prozent der Stimmen Vorsitzende. Im Süden präsentierte sich der Kampf um die Führungsposition allerdings knapper: Daliah Scholl konnte sich mit 51,1 Prozent gegen Lou Linster durchsetzen, der 48,3 Prozent der Stimmen erhielt.
Bettel zum Abschluss
So wie Cahen den Abend inhaltlich einläutete, brachte der Premierminister ihn zu Ende: Mit einer emotionalen, weitestgehend frei gehaltenen Rede gedachte er zunächst der kürzlich verstorbenen Parteimitglieder – nach seinem Eintritt in die Partei im Jahr 1988 habe er viel mit Paul Helminger und Carlo Wagner zusammengearbeitet, diese hätten ihn weit auf seinem Weg begleitet. Bettel leitet davon zum Miteinander in der Partei über, bedauert es, dass er die Mitglieder nicht in den Arm nehmen kann, und gibt zu, die „Flemm“ zu haben. „Das Digitale kann das Menschliche niemals ersetzen.“ Dann holt der Premier aus und spricht über das vergangene Jahr – und die Pandemie.
Bettel bekräftigt abermals die Wichtigkeit eines gemeinsamen und koordinierten EU-Vorgehens bei der Impfstoffbeschaffung und hebt auch hervor, dass Europa AstraZeneca nun verklage, da der Hersteller sich nicht an die Verträge gehalten habe. Außerdem verteidigt er die „Flexibilität“ des „Luxemburger Modells“ – jedes Land, das einen Stufenplan habe, sei nur damit beschäftigt, diesen Stufenplan zu ändern. „Es gibt keine Zauberformel.“ Bettel schießt auch scharf gegen die CSV, bei der „es davon abhängt, wer am Rednerpult steht, welche Meinung die Partei gerade vertritt.“ Luxemburg sei seinen eigenen Weg in der Pandemie gegangen und er sei „stolz“ auf die Akzeptanz der Maßnahmen innerhalb der Bevölkerung. Nun gehe es aber darum, das Land „fit für morgen“ zu machen – für nach der Pandemie. „Dafür müssen wir zusammenhalten. Wir dürfen nicht egoistisch sein“, sagt der Premierminister. Das sei auch das Credo seiner Partei – und auf diese ist Bettel naturgemäß auch „houfreg“.
De Maart
Privatisierungstendenzen in der Bildung, im Bereich der Sicherheit und der Gesundheit sind die Elemente, die ich von der DP zurückbehalte. Versprechen betreffend Mitspracherecht der Bürger, Informatiounsrecht wurden nicht eingehalten: Ganz im Gegenteil. Ministerin Cahen hat während der Krise wenig informiert. Und in den Altersheimen ging es wirklich schief. Junge Menschen ohne viel Erfarhung werden in die Wahlen geschickt, nur weil sie bekannt sind. Wo das endet sahen wir mit Frau Semedo. Ich denke, dass diese ultraliberale Politik nicht das ist, was Luxemburg braucht.
Wir brauchen mehr soziale Gerechtigkeit in den Bereichen Bildung, Wohnungsbau, Steuern. Und da hat die DP wirklich kläglich versagt.
Et schuddert een sëch mat wat fir enger Selbstverständlechkeet, enger Arroganz, enger Süffisanz do eng Yuppi-Partei sech feiert als groussen Retter vum Land. Eppes kann den Häufchen politeschen Elend zwar, am richtegen Moment ëmmer nees aus der Schosslinn verschwannen... Affaire Semedo, Affairen Cahen, ann dann machen wéi wann nie eppes geschitt wier. DP den Eegeninteresse am Mëttelpunkt
Sehen wir das Virus als Glücksfall an.Es hat das wahre Gesicht der Politik, der europäischen Freunde ,der Wirtschaft , der Menschen aufgedeckt.Die Welt nicht nur aus Spass, Konsum , digitalem Raum besteht, das Leben begrenzt ist und solche Lobhudeleien der Parteien auf ihren Kongressen, egal welcher Couleur , billiges Straßentheater sind , die Bürger zu verführen ihnen ihre Stimmen zukommen zulassen. Die Rechnung bezahlt nicht der Wirt, sondern wir Bürger werden tief in die Taschen greifen müssen die Mätzchen,Spässchen,Denkmäler,Fettnäpfecher , Fehlentscheidungen der Politik , Wahlgeschenke zu begleichen.
Politësch DP-Show mat vill Gelaabers ouni Inhalt.
Derbei sinn ass alles, wéi laang nach ???