Montag3. November 2025

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KommentarCorona-Lockdowns: Die Geduld der Deutschen geht zu Ende

Kommentar / Corona-Lockdowns: Die Geduld der Deutschen geht zu Ende
Natürlich sind Öffnungen wegen der Mutationen ein Wagnis – aber die Leute haben jetzt mehr Angst vor einem Endlos-Lockdown als vor einer dritten Welle Foto: dpa/Jens Büttner

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Die Unruhe ist spürbar, überall. Einzelhändler aller Branchen rufen verzweifelt nach Lockerungen, ebenso die Theaterleute, Wirte, Sportvereine, Hoteliers. Selbst unter den Regierenden schwindet die Ordnung rapide. Jeder Ministerpräsident formuliert schon vor dem Corona-Gipfel seine private Pandemiestrategie, und die SPD kritisiert offen die Kanzlerin der eigenen Koalition.

Nach der ersten Infektionswelle lautete die Note für das Krisenmanagement von Bund und Ländern noch 2, also gut. Ganz sicher galt das im internationalen Vergleich. Im Herbst und Winter hat sich das gedreht auf eine 4 minus. Unzureichende Tests bei Urlaubsrückkehrern, die missglückte App, schwacher Schutz von Altenheimen, fehlende Konzepte für die Schulen und zuletzt die große Enttäuschung über schleppende Impfungen. Es ist einiges zusammengekommen.

Angela Merkel hat die bemerkenswerte Geduld der Deutschen immer wieder gelobt. Zu Recht. Sie sollte vor dieser Geduld jetzt jedoch Angst haben. Denn Geduld, gerade große, die überstrapaziert wird, schlägt umso wuchtiger in Ungeduld und mitunter sogar in Wut um.

In vielen Bereichen fehlt die Perspektive

Alles andere als ein Öffnungsplan bis Ostern für alle Bereiche wäre für den anstehenden Corona-Gipfel ein enttäuschender Ausgang. Der bisher bekannte Beschlussentwurf für die Beratungen erfüllt diese Erwartung nicht. Er bedeutet für die meisten Bereiche schlicht eine Fortsetzung des bisherigen Lockdowns; für die gesamte Reisebranche und den Großteil der Gastronomie gibt es überhaupt keine erreichbare Perspektive. Die Inzidenz steht in dem Papier weiter über allem, dabei kann sie nicht mehr allein das Kriterium sein, die Zahl von 35 sowieso nicht.

Denn dank der Impfungen in den Heimen sinkt die Zahl der Toten und auch die Auslastung der Intensivstationen kontinuierlich. Das muss auch zählen. Natürlich sind Öffnungen wegen der Mutationen ein Wagnis. Aber die Leute haben jetzt mehr Angst vor einem Endlos-Lockdown als vor einer dritten Welle. Wenn die Zahlen irgendwo wieder hochschießen, muss man regional reagieren. Aber nicht schon vorsorglich mit flächendeckenden Verboten.

Die Inzidenz steht in dem Papier weiter über allem, dabei kann sie nicht mehr allein das Kriterium sein, die Zahl von 35 sowieso nicht

Die zweite Erwartung ist eine drastische Beschleunigung des Impfgeschehens. Es kann nicht sein, das jetzt noch Vakzine liegenbleiben. Und es ist unerträglich, dass es beim Impfen noch immer eine Wochenendpause gibt, als sei dies keine Großkrise. Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Opfer des Virus haben auch keine Pause. Bei den Schnelltests ist ebenfalls viel mehr Kreativität und Konzentration gefragt. Sie können Öffnungen in dieser Phase erleichtern – wenn sie leicht zugänglich und zuverlässig sind.

Üblicherweise entscheidet die Runde der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin jeweils für die nächsten drei oder vier Wochen, und üblicherweise bleibt den Bürgern nichts anderes übrig, als die Beschlüsse maulend hinzunehmen. Diesmal nicht. Diesmal stehen zwei wichtige Landtagswahlen vor der Tür, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Es ist völlig legitim, wenn die Wähler dort ihr Votum auch davon abhängig machen, ob sie die neuen Beschlüsse akzeptieren können oder nicht. Stellvertretend für alle Deutschen.