Montag17. November 2025

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FilmkritikInternational Film Festival Rotterdam: Drei weitere Produktionen im Fokus

Filmkritik / International Film Festival Rotterdam: Drei weitere Produktionen im Fokus
„Aurora“

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Aurora von Paz Fábrega (Big Screen Competition – 92’)

Nunca, rara vez, a veces, siempre: Die Architektin und Teilzeit-Lehrerin Luisa findet die erst kürzlich kennengelernte 17-jährige Yuliana im Badezimmer der Schule speiend über einer Kloschüssel wieder. Die junge Frau versuchte mit Pillen eine ungewollte Schwangerschaft zu unterbrechen. Abtreibungen sind bis heute in Costa Rica quasi legal unmöglich durchzuführen. Yuliana möchte die Schwangerschaft vor Familie und Freunden geheim halten. Luisa versucht zu helfen, obwohl sie die Jugendliche kaum kennt, und manövriert sich in eine nicht unkomplizierte Rolle.

Dass das Aurora Fábregas dritter Spielfilm ist, spürt man durch jede Pore. Hier ist eine Regisseurin am Werk, die über Jahre ihre Methode feingeschliffen hat. Die Schauspielführung, die intime Bildsprache, gekoppelt mit einer warmen Dramaturgie, die keine einfachen Antworten bietet, sondern subtile Doppel- und Dreifachdeutungen streut. Der Vergleich zu „Never Rarely Sometimes Always“ ist wegen des „Abtreibung“-Stempels ein vielleicht einfacher, aber sehr spannender Versuch, das Thema zu entdramatisieren (Hitman ist in der Hinsicht konsequenter).

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„Friends and Strangers“
„Friends and Strangers“

Friends and Strangers von James Vaughan (Tiger Competition – 84’)

Friends without benefits … and aspirations: Gelangweilte Millennials, denen es eigentlich an nichts und gleichzeitig dann doch an allem fehlt, gibt es in der westlichen Hemisphäre überall. Auch ganz tief unten rechts auf der Weltkarte in Australien. Zwei junge Menschen sind dort gemeinsam (jedoch jeder im eigenen Auto) unterwegs und versuchen, sich näherzukommen. Doch die glühende Leere der Landschaft des australischen Outbacks hat sich in das seelische Innere der Figuren ausgebreitet.

James Vaughans Film versucht sich im Drahtseilakt, den etliche vor ihm schon versucht haben: Wie inszeniert man Ennui, ohne einen langweiligen Film abzuliefern? Das Resultat ist je nach Gemüt und Geduldsfaden verschieden zu fassen. Mumblecore-Ästhetik trifft auf einen sehr diffusen Kommentar über die Künstlichkeit des modernen Australiens und den Boden, auf dem es aufgebaut wurde.

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„Les sorcières de l’Orient“
„Les sorcières de l’Orient“

Les sorcières de l’Orient von Julien Faraut (Big Screen Competition – 100’)

Die Mütter von Mila Superstar: Die japanischen Anime-Serien über Volleyball-Spielerinnen hatten es lange vor Pokémon und Dragon Ball bis in unsere Breitengrade geschafft. Julien Farauts Dokumentarfilm zeichnet das Porträt der Spielerinnen, die in den 1960er diesen weltweiten Proto-Hype losgetreten haben. Nach ihrer Fabrikschicht haben sich die Frauen einem Training unterzogen, der die Ausbildung bei der französischen Fremdenlegion durchaus nahestand. Resultat: über 250 nationale und internationale Siege – Goldmedaille bei den Olympischen Sommerspielen in Tokyo inklusive.

Faraud kombiniert spektakuläres Archivmaterial mit Ausschnitten aus den Animes sowie mit Zusammentreffen der überlebenden Spielerinnen heute, Nachrichtenbildern vom zerstörten Nachkriegs-Japan und animatorischen Ton- und Bildeinblendungen wie bei einem Versuch eines postmodernen Tarantino-Imitats. Mensch hätte sich gewünscht, das formale Chaos wäre vom gleichen Trainer durchdiszipliniert worden wie die orientalischen Hexen. Das Bild von Japan als immerwährendem Stehaufmännchen/-frauchen wäre auch mit weniger Nachdruck absolut verständlich gewesen.

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