Eigentlich befindet sich die Alpenrepublik seit Samstag im dritten Lockdown. Bis 18. Januar sind Handel, Gastronomie und Dienstleistungsbetriebe geschlossen, gilt rund um die Uhr eine Ausgangssperre mit nur wenigen Ausnahmen. Dennoch herrscht in manchen Skigebieten reger Betrieb, der zwar mangels ausländischer Gäste bei weitem nicht das Ausmaß „normaler“ Zeiten erreicht, aber doch vielerorts für Gedränge an den Liften und Seilbahnen sorgt. Die Skifahrer stehen so eng in der Warteschlange, dass keine Maus dazwischen passte, geschweige denn der berühmte „Babyelefant“, den sich die österreichische Regierung als Maßeinheit für den Mindestabstand hat einfallen lassen.
Nicht alle sind vernünftig
Nachdem schon im Sommer die Rechnung mit der kollektiven Selbstverantwortung nicht aufgegangen war, sollten die Bilder von den Menschentrauben an den Talstationen niemanden überraschen. Genau davor war auch gewarnt worden. Aber die Argumente der Tourismus-Lobby waren stärker. Franz Hörl, Obmann des Seilbahn-Verbandes, hat schon im März kein Verständnis für das vorzeitige Ende der letzten Wintersaison. Jetzt drängte der einflussreiche ÖVP-Abgeordnete auf eine Öffnung der Skigebiete zu Weihnachten. So kam es dann auch, wenngleich unter Auflagen, die Hörl als „massiven Anschlag auf die Branche“ verteufelte: Seilbahngondeln dürfen nur zur Hälfte besetzt sein, Fahrgäste müssen FFP2-Schutzmasken tragen.
Gedacht war die Öffnung der Skigebiete vor allem für vom Lockdown-Koller bedrohte Einheimische. Da auch Joggen im Wiener Stadtpark erlaubt ist, sollten die Menschen am Land Skifahren dürfen. Die Ansteckungsgefahr ist auf der Piste tatsächlich gering. Anders als Jogger müssen Skifahrer aber erst auf den Berg befördert werden, sich also beim Lift anstellen. Wären die Lifte tatsächlich nur für Einheimische offen, gäbe es kein Gedränge. Doch die Skigebiete erfreuen sich in den Ferientagen großen Zuspruches auch von weit her kommenden Österreichern. Die Zufahrt zum oberösterreichischen Hinterstoder etwa musste vorigen Sonntag wegen des Massenansturmes gesperrt werden.
Skispaß für Firmeninhaber
Willkommen sind nicht nur Tagesausflügler. Hotels und Gastronomie sind zwar geschlossen, doch die türkis-grüne Regierung hat ein auf Tourismusplattformen schon eifrig beworbenes Schlupfloch offen gelassen: „Für Geschäftsreisende sind unsere Chalets ab sofort geöffnet“ wirbt etwa das Hotel Mariensteinerhof bei Wörgl auf booking.com. Auch die Ferienwelt Kesselgrub im Salzburger Pongau bietet „Übernachtung mit Frühstück für Geschäftsreisende“. Bei einem Anruf wird schnell klar: Es genügt, eine Firma zu haben oder so zu tun, als hätte man eine. Denn: Kontrolliert werde nicht, ob ein Gast wirklich auf Geschäftsreise sei, versichert die Rezeptionistin der Pongauer Ferienwelt am Telefon. Fairerweise macht die Dame darauf aufmerksam, dass man keine Garantie für den Fall einer behördlichen Kontrolle geben könne. Aber diese Gefahr dürfte nicht allzu groß sein. Denn obwohl der „Geschäftsreisen“-Schmäh im Web schon die Runde macht, sind der Polizei in Salzburg bislang keine Verstöße gegen das Beherbergungsverbot von Touristen bekannt. Vielleicht wollen es die Behörden auch gar nicht so genau wissen.
Das Wissen um die Folgen der Lockdown-Farce wird sich jedoch nicht verdrängen lassen. Den Lohn der letzten Adventwoche bekommt Österreich schon serviert: Am Montag wurden 1.529, am Dienstag 1.868 und gestern schon wieder 2.550 Neuinfizierte gezählt. Der fortgesetzte Corona-Schlendrian lässt fürs neue Jahr nichts Gutes befürchten.
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