Mittwoch5. November 2025

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LIH-Chef„Die Zahlen stabilisieren sich auf hohem Niveau“

LIH-Chef / „Die Zahlen stabilisieren sich auf hohem Niveau“
Testen, Tracen, Isolieren: Luxemburg hat bereits 400.000 Corona-Tests gemacht Foto: Sebastian Gollnow/dpa

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Vor zwei Wochen hat Luxemburg wegen hoher Corona-Infektionszahlen europaweit Schlagzeilen gemacht. Das deutsche Robert Koch-Institut stufte das Land als Risikogebiet ein. Die Zahlen haben sich vorläufig stabilisiert.

In Luxemburg hat sich der Anstieg der Corona-Infektionszahlen nach Angaben des Direktors des Luxemburger Gesundheitsinstituts, Ulf Nehrbass, im Land verlangsamt: „Die Zahlen stabilisieren sich im Moment, wenn auch auf hohem Niveau“, sagte Nehrbass der Nachrichtenagentur dpa. Luxemburg sehe sich damit auf dem „richtigen Weg“ und sei „sehr verhalten optimistisch“, die Lage in den Griff zu bekommen. „Wir sind ganz klar in der zweiten Welle“, sagte Nehrbass, der auch Sprecher der Covid-19 Task Force in Luxemburg ist.

Ulf Nehrbass vom Luxembourg Institute of Health (LIH)
Ulf Nehrbass vom Luxembourg Institute of Health (LIH) Foto: Julien Garroy/Editpress

Vor zwei Wochen war Luxemburg vom deutschen Robert Koch-Institut (RKI) zum Corona-Risikogebiet erklärt worden, nachdem es die Schwelle von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen deutlich überschritten hatte.

Die hohen Zahlen hingen unter anderem damit zusammen, dass Luxemburg flächendeckend teste, sagte Nehrbass. Und: Testpersonen seien auch Grenzgänger aus den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Belgien: „18 Prozent der entdeckten neuen Infektionen haben sich auf Grenzgänger erstreckt.“

Am vergangenen Freitag waren noch 144 Neuinfektionen registriert worden, am Samstag waren es 83, am Sonntag dann 35. Bereits gut 400.000 Einwohner und Nicht-Ansässige sind getestet worden – Letztere werden in den täglichen Statistiken mit aufgeführt, was bei nicht ausreichend Informierten zu Überinterpretierungen führen kann.

„Natürlich alarmierend“

Rudi Balling, Mitglied der Taskforce „Research Luxembourg“, die die luxemburgische Regierung in der Pandemie-Bekämpfung berät, hat den Anstieg der Corona-Neuinfektionen im Großherzogtum als „natürlich alarmierend“ bezeichnet. „Die Frage, ob die Situation sich weiter verschärft, lässt sich im Moment nicht mit Sicherheit beantworten. Es kann in beide Richtungen gehen“, sagt der Biomediziner. Eine akute Gefährdung der Nachbarländer nannte Balling allerdings unwahrscheinlich.

Ein Anstieg von Neuinfektionen werde im Moment in vielen Ländern beobachtet, nicht nur in Luxemburg, unterstrich Balling. „Man könnte sagen: Das Fass läuft gerade tröpfchenweise über. Es wird für alle wichtig werden, die Ursachen für den jetzt wieder zu beobachtenden Anstieg der Neuinfektionen zu identifizieren“, sagt der Direktor des Forschungszentrums für System-Biomedizin der Universität Luxemburg. Ein solch intensives Testen wie in Luxemburg finde in den Nachbarländern nicht statt.

Rudi Balling von der Uni Luxemburg ist Experte bei der Taskforce „Research Luxembourg“
Rudi Balling von der Uni Luxemburg ist Experte bei der Taskforce „Research Luxembourg“ Foto: scienceRELATIONS

Die Lage in Luxemburg sei nicht kritischer als in Deutschland oder in Frankreich, unterstreicht auch Experte Nehrbass. Dadurch, dass das Großherzogtum sehr viel teste (Large-Scale Testing), „haben wir ein Schauglas: Wir sehen tatsächlich, was sich in der Bevölkerung abspielt“. So könne man gezielt Infektionsketten unterbrechen.

Ohne umfassende Tests und miteinbezogene Grenzgänger hätte Luxemburg „deutlich geringere Zahlen“. Derzeit kämen jeden Tag 60 bis 100 neue Fälle dazu. Die Einstufung des RKI als „Risikogebiet“ mache Luxemburg zu schaffen. „Was uns trifft, ist, wie unreflektiert das geschehen ist. Ohne Nachfrage, ohne Diskussion und völlig unvermittelt.“ Bislang (Stand: Dienstag, 18 Uhr) beläuft sich die Zahl der bislang positiv auf Covid-19 getesteten Personen in Luxemburg auf 6.375. Darunter sind 1.169 Nicht-Ansässige (Stand Montagabend). In Verbindung mit dem Virus sind 113 Menschen gestorben.

Die Strategie: Testen, Tracen, Isolieren

Aus wissenschaftlicher und epidemiologischer Sicht gebe es keinen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Strategie „Testen, Tracen, Isolieren“, betonte Balling. „Natürlich sind all diese Komponenten ressourcenintensiv und erfordern sowohl ein Commitment der politisch Verantwortlichen als auch der beteiligten Wissenschaftler und vieler anderer. Die beschriebene Strategie ist in Luxemburg früh entwickelt und umgesetzt worden.“ Wie auch in anderen Ländern habe man auch in Luxemburg gesehen, dass ein hoher Anteil der Infizierten keine Symptome zeige. „Es ist schwer, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, wenn ich nicht weiß, wer, wo von wem infiziert wurde.“

Das Großherzogtum habe eine Kapazität von 20.000 Tests pro Tag aufgebaut. „An 17 Stellen werden sehr effizient Tests durchgeführt. Morgens getestet, binnen 24 Stunden erhält man das Ergebnis als SMS“, sagte Balling. Wichtig sei auch, dass die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten würden, meinte Ulf Nehrbass. „Wenn sich nur ein kleiner Prozentsatz nicht daran hält, schlägt sich das sofort nieder, weil das Virus so infektiös ist.“  (dpa)

Luxemburg und Saarland wollen wegen Pandemie enger kooperieren

Bei einem Gespräch über die aktuelle Corona-Lage haben sich Luxemburgs Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) und ihre saarländische Amtskollegin Monika Bachmann (CDU) über eine engere Zusammenarbeit in der Grenzregion verständigt. Die Bestrebungen gingen in Richtung gemeinsamer Pandemiepläne sowie des Austauschs von Personal oder Ausrüstung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung am Dienstag.

Weitere Gespräche seien über den Sommer geplant, erste Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorgestellt werden. Das Saarland lebe von der geografischen Lage als Grenzregion, sagte Bachmann: „Die saarländische Landesregierung setzt sich gerade jetzt noch mal besonders für die deutsch-luxemburgische wie auch die deutsch-französische Freundschaft ein.“ Gesundheitsministerin Paulette Lenert erklärte, dass Luxemburg seine Covid-Tests systematisch auf die über 200.000 Grenzgänger ausdehne, die täglich aus den benachbarten Regionen einreisten.

Vor zwei Wochen war Luxemburg vom Robert Koch-Institut zum „Corona-Risikogebiet“ erklärt worden, nachdem es die Schwelle von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen deutlich überschritten hatte. Das Saarland hatte jüngst seine Quarantäneregelungen für Luxemburg-Reisende angepasst. Demnach wird u.a. von „nicht notwendigen Reisen“ ins Großherzogtum abgeraten. Berufspendler sind aber laut Saar-Verordnung von der zweiwöchigen Quarantänepflicht ausgenommen. (dpa)