Die „Achillesferse“: Weshalb soziale Ungleichheit Luxemburg belastet

Die „Achillesferse“: Weshalb soziale Ungleichheit Luxemburg belastet

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Soziale Gerechtigkeit hat viele Gesichter: Startchancengerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit, egalitäre Gerechtigkeit – die Liste ließe sich problemlos weiterführen. Was die meisten Arten sozialer Gerechtigkeit verbindet: Sie dienen als Waffe im Kampf gegen soziale Ungleichheit. Was im Ausland längst Realität ist, entfaltet sich seit 2010 in Luxemburg: Lag das Armutsrisiko Anfang der 2000er-Jahre bei etwa 12 Prozent, stieg es im Großherzogtum bis 2017 auf 18,7 Prozent. Die direkte Konsequenz: Auch in Luxemburg steigt die soziale Ungleichheit, die Rufe nach mehr sozialer Gerechtigkeit werden lauter.

So reagierte die „Chambre des salariés“ (CSL) am Donnerstag auf die wirtschaftlichen Empfehlungen der EU-Kommission. Die wohl eindeutigste Passage findet sich im hinteren Teil des Dokuments. Dort heißt es etwa: „Dans son analyse du Luxembourg dans le cadre du semestre européen 2019, la Commission européenne fait état des bonnes performances économiques et budgétaires du grand-duché mais néglige de s’intéresser à son tendon d’Achille, c’est-à-dire à la problématique de la montée des inégalités et de la pauvreté.“

Entgegen allen positiven wirtschaftlichen Tendenzen sei besagte soziale Ungleichheit die „Achillesferse“ Luxemburgs, so die CSL. Das Land habe zwar seit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise eine außergewöhnliche Widerstandsfähigkeit an den Tag gelegt. Das Gleiche gelte aber nicht im Umgang mit seinen Bürgern. Das CSL-Fazit fällt vergleichsweise hart aus: „Depuis plus de dix ans, les indicateurs d’inégalités ne cessent de se dégrader tandis que le taux de risque de pauvreté est orienté à la hausse.“

Dass es in Zukunft nur zögerlich zu einer Reduktion sozialer Ungleichheit kommen wird, kann man anhand einer Vielzahl von Faktoren analysieren, die das Resultat oft widersprüchlicher Zielsetzungen der Regierungsparteien sind. So steht die liberale DP offen für Leistungsgerechtigkeit: Jeder soll so viel erhalten, wie sein persönlicher Beitrag beziehungsweise Aufwand für die freie Marktwirtschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt wert ist. Ungleiche Belohnung und Verteilung sind fester Bestandteil der politischen Vorstellungen der DP. Vereinfacht formuliert: Wer etwas erreichen will, soll sich gefälligst mehr anstrengen.

Im Kontrast hierzu steht das klassisch sozialdemokratische LSAP-Konzept der Startchancengerechtigkeit. Soziale Ungleichheit soll möglichst eingeschränkt bleiben: Jeder soll im Wettbewerb um anständige Löhne und Güter die gleichen Chancen haben, seine Leistung zu entfalten und selbstständig in Würde zu leben. Hier lautet die Leitlinie: Wer Glück hat, kann in der gnadenlos globalisierten Welt aufsteigen – oder eben nicht. Die Grünen finden sich wiederum irgendwo zwischen beiden Spektren wieder.

Demnach verbindet die Politikauffassungen der amtierenden Regierungsparteien ein gemeinsames Problem: Soziale Ungleichheit wird jeweils bis zu einem gewissen Grad toleriert. Ihre komplette Abschaffung war nie Teil des Plans – und ist weiterhin unsere „Achillesferse“.

de Schmatt
7. August 2019 - 15.02

Hinzu kommen noch die Neureichen Russen und Chinesen, die halb Luxemburg aufkaufen!

n der Parad
8. Juli 2019 - 8.48

Daat ass hei am Frankreich just daatselwecht,wahrscheinlich nach vill schlëmmer!Mär hun do deï richtig Equipe um Steier!

Nikki
7. Juli 2019 - 19.46

Genee sou ass ett

Laird Glenmore
6. Juli 2019 - 10.05

Leider gibt es keine Chancengleichheit Wird es auch nie geben da hier in Luxemburg die Clan´s der reichen fast alle untereinander verwand sind und des halb hat hier immer noch " Clübchenbildung und Vetternwirtschaft " Hochkonjunktur hat, denn diese Menschen lassen sich nicht die Wurst vom Brot nehmen, sondern wollen unter sich bleiben damit sie weiter in dieser Art agieren können.

Le républicain zu London
6. Juli 2019 - 9.04

Ohne polemisch werden zu wollen, ist es nicht so, dass eben jede sogenannte "kapitalistische" Gesellschaftsordnung eben immer eine grassierend steigende soziale Ungerechtigkeit mit sich bring, es ist die Fäulnis im System, das dann irgendwann mal kollidiert und es dann zu sozialen Umwälzungen kommt, friedlich oder gewaltsam dann eben....

titi
5. Juli 2019 - 15.48

Soziale Ungleichheit oder Ungerechtigkeit belastet jeden Staat, der sich sozial nennt. Wenn die Schere zwischen arm und reich immer grösser wird, profitieren letztendlich die Rechtsextremen davon. Nach uns die Sintflut! Leider gibt es keine Chancengleichheit, aber der Staat kann und muss dafür sorgen, dass die individuelle Leistung sich lohnt, auch und vor allem für die unteren Schichten.

DanV
5. Juli 2019 - 12.40

START-Chancen-GERECHTIGKEIT als Kontrast zu freier Marktwirtschaft, in der man sich anstrengt, um was zu erreichen? Mit Startchancen verbinde ich gute Schulen und ein gutes Umfeld für Kinder. Deshalb sehe ich keinen Kontrast. Oder glauben Sie, liberale Parteien wollen keine gute Schulen für "lernfaulere" Kinder? Ihre Leitlinie zur LSAP: "Wer Glück hat, kann in der gnadenlos globalisierten Welt aufsteigen – oder eben nicht." sieht mir auch sehr an den Haaren herbei gezogen aus. Bite formulieren sie Ihren Kontrat neu, denn ich sehe fast gar keinen Unterschied zwischen den Parteien mehr. Die DP führt einen erweiterten Congé parental ein, meines Erachtens eine übertriebene soziale Maßnahme, die LSAP wird gefühlt immer neo-liberaler (von Jean Asselborn abgesehen, der wie ein einsamer Held die Flagge der Gerechtigkeit noch immer hoch hält).

Grober J-P.
5. Juli 2019 - 11.09

Was ist Leistung und wie wird sie bewertet. Vor allem in der Privatindustrie gibt es riesengrosse Unterschiede. Kenne Leute die das ganze Leben wirklich geschufftet haben ohne was zu erreichen, kenne Leute mit enormen "Ellbögen" die geschufftet haben und reich geworden sind da die Umstände günstig waren, kenne Leute die nie geschufftet haben und trotzdem finanziell was erreicht haben weil sie die richtigen Wege in der Gesellschaft gekannt haben. Die LSAP hatte früher mal den Ruf sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen, leider ist dieser Ruf lange verhallt. Was daraus wird sieht man vorallem in den Nachbarländern, wo das Soziale noch mehr mit Füssen getreten wird, Konjunktur für Gaulands, LePens, Straches und Salvinis usw. Gibt die EU auch dort Empfehlungen raus?