Sonntag26. Oktober 2025

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Fabrola und die Brosserie moderne lieferten beste Bürsten „aus der Fiels“ – bis 1986

Fabrola und die Brosserie moderne lieferten beste Bürsten „aus der Fiels“ – bis 1986

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Die Ortschaft Fels (Larochette) war lange Zeit ein Zentrum der luxemburgischen Textilindustrie. Ab 1918 prägte die industrielle Bürstenherstellung die kleine Gemeinde in der Müllerthal-Gegend. Firmen wie Fabrola und ihr Nachfolger „Brosserie moderne“ waren weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

Von André Feller

Mit 2.146 Einwohnern ist Fels, abgesehen vom Lokalhandel und einigen wenigen Kleinunternehmern, heutzutage überwiegend eine Wohngemeinde. Dem war nicht immer so. Im Jahr 1343 erhielt Johann II. von Johann dem Blinden, König von Böhmen und Graf von Luxemburg, vier Webstühle für die „Fiels“.

Für damalige Verhältnisse war die Zuteilung von vier Webstühlen ein wahrer Luxus. Andere Gemeinden mussten sich untereinander einen einzigen Webstuhl teilen.
Die Tuchmacherei und Textilindustrie dominierten über Jahrhunderte hinweg bis ins 20. Jahrhundert den Alltag in Kommune. Am längsten überlebten die „Draperies de Larochette“. Am 10. März 1967 verstummte laut Lokalhistoriker Georges Ginter „in Fels für immer das Getöse der Webstühle“.

Der 1857 geborene ortsansässiges Jean-Baptiste Büchler-Reuland, Malermeister und Tapezierer, führte nicht nur einen Handel für Malergewerbe und Zubehör, sondern sorgte ebenfalls für wirtschaftlichen Aufschwung in Fels. Um 1913/14 gründete er gemeinsam mit den Brüdern Jos und Jacques Bettendorf, Mathias Spang, Hary Schmit und Jean Schneiders, ebenfalls Maler, die Mechanische Bürsten- und Reisstrohbesenfabrik im leer stehenden Gebäude der Konfektionsfabrik Edgar Delmarque.

Anfangs wurden nur Weißbürsten und Reisstrohbesen hergestellt, später Waschbürsten und Schrubber. Die Geschäfte liefen gut. 1916 erwarb BüchlerReuland die stillgelegte Spinnerei Nicolas Ludovicy-Scharlé im Osterbour nahe der Follmühle. Die Fabrik zog hierhin um.

Im Luxemburger Wort vom 17. Juni 1918 wird die Eröffnung der neuen Fabrik angekündigt. In wenigen Zeilen wird über den Umbau der Mühle zur modernen Fabrik berichtet: „Herr Büchler hat sämtliche Fabrikanlagen vollständig renoviert und in einen modernen, allen hygienischen und technischen Anforderungen entsprechenden Betrieb umgewandelt, in welchen er seine Bürstenfabrik verlegt hat. Dadurch, dass er in seinem neuen Betriebe nun auch die zur Bürstenfabrikation benötigten Hölzer anfertigt, hat er der Ortschaft eine neue Industrie erschlossen, in welcher 70 bis 100 Arbeiter dauernd lohnende Beschäftigung finden.“

Schon kurze Zeit später, 1919, erfolgte der Ausbau an der Follmühle. Am 28. März 1920 gründete Jean-Baptiste Reuland die Gesellschaft „Fabrola S.A., anciennement Büchler-Reuland, fabrique mécanique Luxembourgeoise de brosses, balais et bois de brosses“. Jean-Baptiste Reuland präsidierte den Verwaltungsrat und war ebenfalls Leiter der Fabrik. Unterstützt wurde er von Sébastien Buchholtz, Mitinhaber der „Quincaillerie BuchholzEttinger“ aus Esch/Alzette, sowie von Hugo Fuchs, Direktor der „Quincaillerie d’Esch“ (Jules Sichel et Cie).

Um 1924 wurden täglich 1.000 bis 1.500 Zelluloid-, Zahn- und Nagelbürsten gefertigt

Das Kapital der neu gegründeten Gesellschaft belief sich auf 750.000 Franken. Büchlers Söhne Michel und Robert wurden mit der Gesellschaftsgründung als Bevollmächtigte ins Unternehmen eingeführt.

Die Geschäfte und die Produktion liefen auf Hochtouren. Laut der Obermoselzeitung vom 17. September 1921 belief sich der Reingewinn auf 17.754 Franken für das Geschäftsjahr 1920.

Um 1924 zählte die Bürstenfabrik rund 120 Angestellte und Arbeiter sowie eine Auslandsvertretung im belgischen Antwerpen in der Person von Louis Lemogne. Zu diesem Zeitpunkt fertigten die Arbeiter täglich 1.000 bis 1.500 Zelluloid-, Zahn-, und Nagelbürsten an. Im Sortiment befanden sich alle möglichen Bürsten, Feger, Schrubber, Malerbürsten und Pinsel. Einige Einwohner konnten sich zudem über ein Nebenprodukt der Fabrik erfreuen: Die Gasmotoren und Wasserturbinen lieferten das erste elektrische Licht für einige Häuser „an der Fiels“.

Verheerender Brand im Oktober 1930

Am 19. April 1925 entschied sich Fabrola zu einer Kapitalerhöhung von 750.000 auf 1.250.000 Franken. Die 500 Geschäftsanteile von jeweils 1.000 Franken erwarben mehrheitlich Geschäftsinhaber aus der Gemeinde.

Am 25. Oktober 1930 kam es in der Bürstenfabrik zu einer verheerenden Feuersbrunst. In der Nacht gegen 3 Uhr brach der Brand in der Zelluloidabteilung und dem Holzlager aus. Gegen 4 Uhr baten die lokalen Feuerwehren aus Fels und der Umgebung die hauptstädtische Berufsfeuerwehr um Hilfe, die gegen 5 Uhr eintraf. Der Schaden ging in die Hunderttausende, geschätzt wurde sogar bis eine Million. Laut der Presse konnte das Hauptgebäude mitsamt Maschinen vor dem Brand gerettet und die Arbeit fortgesetzt werden.

Die zerstörten Fabrikgebäude wurden wieder aufgebaut, die Produktion lief erneut an. Doch nicht für lange. Büchler-Reuland konnte aufgrund von auferlegten Zöllen nicht mehr, wie gewohnt, günstig den wichtigen Markt in Großbritannien beliefern.

In der Mode kam es ebenfalls zu einem Umschwung. Statt langem Haar bevorzugten plötzlich viele Frauen Kurzhaarfrisuren. Die feinen Haarbürsten waren somit kaum noch gefragt. Das Unternehmen stürzte in eine tiefe Krise, 1933 meldete Fabrola Konkurs an. Im „Hôtel de la poste“ wurde das Unternehmen für 240.000 Franken an Paul Pomes verkauft. Louis Lemogne, der Fabrola-Vertreter in Antwerpen, eröffnete daraufhin eine eigene Bürstenfabrik in Bonneweg am Dernier Sol. Mit an Bord waren Jean-Baptiste Büchler-Reuland und vier Fabrola-Arbeiter. Der Felser Geschäftsmann starb 1937.

Paul Pomes, der das Unternehmen im Rahmen der Versteigerung am 19. Dezember 1933 erwarb, führte die Aktivitäten „an der Fiels“ fort. Am 22. Dezember 1934 ist diesbezüglich eine Kurzmitteilung im Wort zu lesen: „Die hiesige Bürstenfabrik hat den Betrieb unter dem Firmentitel Brosserie moderne wieder aufgenommen. Es ist dies sehr zu begrüßen, da eine Reihe von Arbeitskräften dadurch lohnende Beschäftigung findet.“ Laut den Recherchen des Lokalhistorikers Georges Ginter arbeiteten zu diesem Zeitpunkt etwa 15 Angestellte für Paul Pomes.

Mehrere Modernisierungsarbeiten

Im Buch „150e anniversaire Société philharmonique Larochette“ berichtet Ginter von einer Umstellung von Dampf- und Wasserkraft auf elektrisch betriebene Maschinen im Jahr 1941. 1942 beschäftigte die Brosserie moderne rund 30 Mitarbeiter. Paul Pomes wurde während der Nazi-Besatzung umgesiedelt und begann nach dem Krieg wieder von vorne. In einer Übergangszeit produzierte er Spielwaren und Holzartikel. Erst 1947, mit der Lieferung neuer Rohware, lief die Bürstenproduktion wieder an.

1948 modernisierte Pomes das Unternehmen aufs Neue, teilweise mit leistungsfähigeren Maschinen. Der Druck der Konkurrenz wuchs, wie aus einem Artikel aus dem Luxemburger Wort vom 29. Juni 1949 hervorgeht: „ … die Brosserie moderne in Larochette, die 30 Arbeiter beschäftigt und Bürsten aller Art in ihren Ateliers herstellt. Der Betrieb ist gegenwärtig ausschließlich auf den luxemburgischen Markt angewiesen. Die belgische Konkurrenz ist infolge der in Heimarbeit in Belgien bei niedrigen Löhnen hergestellten Bürsten sehr stark. Somit hat diese Branche unserer Kleinindustrie mit großen Schwierigkeiten zu rechnen, die hoffentlich zu ihren Gunsten gemeistert werden können.“

Ein weiterer Hinweis auf den wachsenden Druck liefert ein Tageblatt-Artikel vom 21. Januar 1950: „Trotzdem wiederholen sich immer noch Unfälle, die auf Mangel an Vorsicht zurückzuführen sind. So geriet denn dieser Tage ein hiesiger Arbeiter, Herr Math. Schaefer, welcher auf der Brosserie moderne beschäftigt ist, mit der Hand in eine Maschine und verlor zwei Finger. (…) Zu bemerken bleibt, daß dies der 3. derartige Unfall ist, der sich in kurzer Zeit in diesem Betriebe ereigne.“

1957 modernisierte Pomes erneut mit leistungsfähigeren Maschinen und weniger Personal. Dieser Trend prägte die Bürstenfabrik in den Folgejahren. Der Druck auf das Unternehmen wuchs unaufhörlich. Damals war die Produktion nur noch zu einem Fünftel ausgelastet. 1970 beschäftigte die Brosserie moderne nur noch neun Mitarbeiter. 1986 schloss die Fabrik nach 72 Jahren ihre Türen für immer.

Quellen: industrie.lu / Legilux / eluxemburgensia.lu / Georges Ginter: „150e anniversaire Société philharmonique Larochette“