Mittwoch29. Oktober 2025

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Die roten Linien: Dan Biancalana, neuer „Député-maire“ der Stadt Düdelingen, im Gespräch

Die roten Linien: Dan Biancalana, neuer „Député-maire“ der Stadt Düdelingen, im Gespräch

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Auf der LSAP-Liste im Südbezirk belegte der Düdelinger Bürgermeister Dan Biancalana (40) bei seiner dritten Kandidatur den vierten Rang und liegt damit nur zwei Plätze hinter Mars di Bartolomeo und noch vor Alex Bodry, die beide ebenfalls Bürgermeister in Düdelingen waren.

Trotz seines guten Resultats hat der frischgebackene „député-maire“ vorerst keine Ambitionen auf ein Ministeramt. Biancalana will sich für seine Stadt und die Region einsetzen. Er spricht sich zwar für eine Erneuerung der LSAP aus, warnt aber zugleich vor überhasteten Entscheidungen.

Tageblatt: Unter den fünf Erstgewählten der LSAP im Südbezirk finden sich der aktuelle und zwei ehemalige Düdelinger Bürgermeister. Neben Rümelingen ist Düdelingen die einzige Südgemeinde, in der die Sozialisten stärkste Partei sind. Was machen Sie besser als Ihre LSAP-Kollegen in Esch/Alzette oder Differdingen?
Dan Biancalana: Obwohl die LSAP auch in Düdelingen 2,4 Prozent verloren hat, sind wir mit 33,8 Prozent noch immer stärkste Partei. Damit konnten wir in unserer Stadt den Schaden noch in Grenzen halten. Dieses doch verhältnismäßig eher positive Ergebnis zeugt von der Kontinuität, die wir auch auf Gemeindeebene haben. Bei den Gemeindewahlen 2017 konnten wir unsere absolute Mehrheit verteidigen.
Die Düdelinger LSAP zeichnet sich dadurch aus, dass sie als Mannschaft auftritt. Wir sind nah beim Bürger und seinen Sorgen. Zudem wir haben uns kontiniuierlich erneuert und stets den richtigen Moment erkannt, in dem diese Erneuerung opportun war.

Die LSAP hat insgesamt drei Sitze verloren, einen davon im Südbezirk. Wie können Sie sich das erklären?
Einerseits hatte sich dieser Trend schon bei den Gemeindewahlen abgezeichnet. Andererseits konnten wir in der Regierung aber einige Akzente setzen.
Allgemein muss man jedoch feststellen, dass die Sozialdemokratie sich auch im europäischen Kontext in der Krise befindet. Deshalb ist es umso wichtiger, die sozialen Themen wieder in den Vordergrund zu stellen und ein sozialdemokratisches Projekt zu erarbeiten, in dem die Menschen sich wiederfinden können.

Welche Themen könnten das sein?
Die roten Linien, die wir gezogen haben mit der Erhöhung des Mindestlohns. Wir müssen den Menschen wieder mehr helfen, die mit einer schwierigen Lebenssituation zu kämpfen haben. Gleichzeitig müssen wir uns gegen Sozialabbau einsetzen, sowohl als Partei als auch in der Regierung. Dafür stehen wir.

Der Politologe Philippe Poirier hat am Mittwoch auf Radio 100,7 erklärt, dass nur etwas mehr als ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung gewählt haben und die meisten Wähler Teil einer Wohlstandsgesellschaft seien. Viele Menschen in schwierigen Lebenssituationen dürfen in Luxemburg nicht wählen. Kann man unter diesen Bedingungen noch mit sozialen Themen an Zustimmung gewinnen?
Bei den Nationalwahlen muss man als Partei Antworten für die gesamte Gesellschaft liefern. Dazu gehören sowohl die Menschen, die wählen, als auch die, die nicht wählen können. Auch Nicht-Wähler müssen von der Sozialpolitik profitieren. Man kann nicht nur die bedienen, die wählen dürfen. Deshalb ist es wichtig, eine holistische Herangehensweise zu haben.

Nach den Wahlen haben sowohl Franz Fayot als auch Sammy Wagner eine Erneuerung der LSAP-Parteispitze gefordert. Wie stehen Sie zu dieser Forderung?
Wenn man sich die Geschichte der Partei ansieht, stellt man fest, dass wir seit 1984 immer weiter verloren haben und dieses Jahr das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit erzielt haben. Wir wissen, wo wir stehen und müssen jetzt schauen, wo wir hin wollen.
Ich glaube, dass es wichtig ist, Brücken zwischen den erfahrenen und jungen Mandatsträgern zu bauen. Im Hinblick auf die Zukunft muss die Partei mit dem nötigen Fingerspitzengefühl eine Strategie ausarbeiten. Es bringt wenig, sich wie ein Elefant im Porzellanladen zu benehmen. Es ist wichtig, an einem Strang zu ziehen und die Zukunft zusammen zu gestalten.

Die Diskussion über die Erneuerung wird in der LSAP schon seit Jahren geführt. Wieso dauert es so lange, eine Strategie auszuarbeiten?
Der Prozess läuft und wir müssen ihn unbedingt weiterführen. Deshalb brauchen wir jetzt eine Strategie, um zu definieren, wie wir uns in fünf Jahren aufstellen.

Im Luxemburger Wort wurden Sie am Donnerstag als möglicher Hoffnungsträger der LSAP bezeichnet. Sind Sie bereit, mehr Verantwortung in der Parteispitze zu übernehmen?
Ich habe ziemlich schnell und eindeutig beschlossen, dass ich meine Aufgabe als „député-maire“ wahrnehmen will. Für mich ist das eine neue Erfahrung. Generell bin ich ein Mensch mit Ausdauer und ich bin bei den Gemeindewahlen im Oktober zum ersten Mal als Bürgermeister bestätigt worden. Damit habe ich das Mandat erhalten, eine Gemeinde mit einer absoluten Mehrheit zu leiten.

Mit Ihrem persönlichen Ergebnis könnten Sie Anspruch auf ein Ministeramt stellen …
Ich habe die Verantwortung für die viertgrößte Stadt des Landes und ich möchte Düdelingen zurückgeben, was ich von Düdelingen bekommen habe. Ich möchte die Interessen meiner Stadt und der Südregion im Parlament verteidigen und mich darüber hinaus in den Bereichen Justiz und Gemeinden engagieren.
In all meinen Ämtern habe ich immer versucht, Akzente zu setzen. Diese Geisteshaltung möchte ich auch als „député-maire“ beibehalten.

Mit Roberto Traversini, Georges Mischo und Ihnen haben die drei größten Städte im Süden nun wieder einen „député-maire“. Sie alle wollen die Interessen der Südregion verteidigen, gehören aber unterschiedlichen Parteien an. Kann es da nicht leicht zu Interessenkonflikten kommen?
Bei jedem Projekt, das von der Regierung vorbereitet wird, müssen wir die Interessen der Südregion im Blick behalten, egal in welcher Situation man sich befindet. Als Bürgermeister einer großen Gemeinde hat man eine gewisse Sichtbarkeit und kann Akzente setzen, insbesondere im Bereich der Landes- und Regionalplanung. Ich glaube, dass das ein Gewinn für die einzelnen Gemeinden und für die Südregion sein kann.

Sie sind nicht bei den Koalitionsverhandlungen dabei. Haben Sie das selbst entschieden oder wurden Sie nicht eingeladen?
Neben der Delegation für die Koalitionverhandlungen gibt es ja noch andere Gremien. Ich werde mich an der einen oder anderen Arbeitsgruppe beteiligen.

Das Koalitionsabkommen muss von der LSAP-Parteibasis auf einem außerordentlichen Kongress angenommen werden. Welche Themen müssen Ihrer Meinung nach berücksichtigt werden, damit das Votum positiv ausfällt?
Die Glaubwürdigkeit der LSAP hängt von den roten Linien ab, die wir schon im Wahlkampf gezogen haben und die wir auch bei den Koalitionsverhandlungen in den Vordergrund stellen. An diesen drei Linien Mindestlohn, Renten und Index werden wir gemessen. Natürlich muss man bei Verhandlungen immer Kompromisse eingehen, doch auch diese haben ihre Grenzen. Am Ende muss die Parteibasis sich in dem Abkommen wiederfinden. Das ist am wichtigsten.

Welche Ressorts sollte die LSAP Ihrer Meinung nach in einer zukünftigen Regierung besetzen?
Der Wohnungsbau ist sicherlich eines der wichtigsten Ressorts, weil es das Leben der Menschen direkt betrifft. Auch die Kultur ist neben den sozialen Ressorts, die wir bislang hatten, ein wichtiger Bereich. Unter dem Kulturminister Robert Krieps konnte die LSAP viele positive Akzente setzen. Das Wichtigste ist, dass die drei Parteien jetzt eine Übereinkunft finden und dass dann die Ressorts verteilt werden. Aber auch dabei sollten rote Linien nicht überschritten werden.

Lesen Sie zum Thema auch unseren Kommentar.

 

Fotos: Editpress / Claude Lenert / Düdelingen: Jwh, Vue op Diddeleng, CC BY-SA 3.0 LU