Donnerstag6. November 2025

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„Gewaltfrei und demokratisch“

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Die Studentenunruhen von 1968 erschütterten die westliche Welt wie kein anderes Ereignis nach dem Zweiten Weltkrieg. In einigen Ländern waren die Proteste recht gewaltsam und entwickelten sich in den 1970er Jahren sogar bis zum Terrorismus. Eine Ausstellung zeigt nun die Auswirkungen von Mai 68 in Luxemburg, wo alles ein bisschen friedlicher verlief.

Die Losungen von damals hallen bis heute nach: „Sous les pavés la plage“, „Il est interdit d’interdire!“. Wer Mai 1968 sagt, denkt vor allem an die Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Polizei in Paris. Doch eigentlich fingen die Studentenproteste (die damals die halbe Welt erfassten) am 2. Juni 1967 in Berlin an, als der damalige Despot der Schah von Persien in Deutschland auf Besuch war und sich seine Geheimpolizei auf einer Protestkundgebung so benahm, als wäre sie zu Hause, tatkräftig unterstützt von deutschen Polizisten. Der Tod des Studenten Benno Ohnesorg, der vom Polizisten Karl-Heinz Kurras regelrecht hingerichtet wurde, war der Anfang einer monatelangen Rebellion gegen den Staat in mehreren europäischen Ländern. Eine linke Westberliner Stadtguerilla übernahm das Datum sogar als Namen.

Allgemein wird der Beginn der Ereignisse in Paris auf den 22. März 68 datiert. Nachdem Demonstranten bei einer Kundgebung gegen den Vietnamkrieg festgenommen wurden, besetzten in Nanterre einige hundert Studenten den Sitzungssaal der Professoren.
Die momentane Ausstellung in Neumünster beschränkt sich auf die Ereignisse in Paris und die Auswirkungen in Luxemburg. Ein Teil der Ausstellung ist der Rolle des Radiosenders RTL während der Mai-Unruhen in Paris gewidmet. Das französische RTL genau wie Europe 1 entzogen sich der Kontrolle der Regierung, da sich ihre Sender im Ausland befanden, und berichteten frei von den Ereignissen.

In einer Ecke des Klosterrundgangs in Neumünster hängt neben zwei alten Transistorradios aus jener Zeit ein MP3-Player, auf dem man sich Tondokumente anhören kann, die damals RTL live auf den Barrikaden in Paris machte. Außer dem Sprecher hört man Stimmen, Schreie, Schüsse: Der Hörer wird mit einem Zeitunterschied von 50 Jahren Zeuge der Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Studenten.

Die Ausstellung zeigt eine Reihe Fotografien des Tageblatt, datiert auf den Mai 1968, wo eine Studentendemonstration in der Hauptstadt gezeigt wird. Ein Bericht von RTL vom gleichen Tag in luxemburgischer Sprache beschreibt die Kundgebung eher wohlwollend: Der Sprecher unterstreicht den demokratischen und gewaltlosen Charakter der Demonstration. Aus dem Bericht geht ebenfalls hervor, dass die Kundgebung vor der Chamber stattfand. Doch außer dieser friedlichen Kundgebung scheint es in Luxemburg 1968 ruhig geblieben zu sein.

Ein kleiner Hauch von Rebellion schwebte erst um Ostern 1971 über das Ländchen. Den Ereignissen um die Schülerproteste aus dem Jahr ist der letzte Teil der Expo gewidmet. Nach dem Rausschmiss von vier Schülern aus dem Diekircher Athenäum wegen Lapalien organisierte sich unter den Schülern ein Protest gegen die Maßnahme. Dieser weitete sich aus und erfasste ebenfalls Lyzeen in Luxemburg-Stadt und Esch/Alzette. Schülerzeitungen wie D’rout Wullmaus und Streikzetteln dokumentieren das Ausmaß der „Revolte“ und der Organisation, die dahintersteckte. Vor allem trotzkistisch und maoistisch orientierte Schüler standen dabei im Vordergrund.

„Echos luxembourgeois de Mai 68“ in Neumünster ist noch täglich von 11.00 bis 18.00 Uhr bis zum 27. Mai zu sehen. Der Eintritt ist frei.