Mittwoch5. November 2025

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So sehen die luxemburgischen Experten das CAS-Urteil

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Mit dem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs, das die Sanktionen des IOC gegen 39 Sportler in 28 Fällen komplett und in elf Fällen teilweise aufhob, musste das Internationale Olympische Komitee einen herben Rückschlag hinnehmen. Die Juristen Marc Theisen und Lynn Frank haben das Urteil unter die Lupe genommen, die Konsequenzen abgewogen und eingeschätzt, wie es nun weitergeht.

Das Urteil

Marc Theisen

Im Rahmen des Dopingskandals um Russland hatte das IOC 43 russische Athleten lebenslänglich für Olympische Spiele gesperrt. 42 von ihnen legten Einspruch gegen das Urteil beim CAS ein. 39 Fälle wurden zwischen dem 22. und 27. Januar verhandelt, bei den restlichen drei steht die Verhandlung erst nach den Spielen in Pyeongchang auf der Tagesordnung des CAS.

Nun hat der Internationale Sportgerichtshof am Donnerstag entschieden, dass die Sperre gegen 28 der 39 Sportler unberechtigt war, weswegen sie wieder aufgehoben wurde. Bei den restlichen elf Athleten wurde die lebenslange Sperre umgewandelt: Sie sind lediglich für die anstehenden Olympischen Spiele in der kommenden Woche in Pyeongchang gesperrt. Die Entscheidung mag etwas überraschen – vor allem, da das IOC ja auch selbst über eine juristische Abteilung verfügt und ihm ebenfalls hochkarätige externe Berater zur Verfügung stehen. „Die Beweise gegen 28 der gesperrten Athleten scheinen nicht ausreichend zu sein“, meint der ehemalige COSL-Präsident Marc Theisen gegenüber dem Tageblatt. „Es ist die gleiche Vorgehensweise wie im Strafrecht. Es gelten ausschließlich rechtliche Grundlagen. Man muss eindeutige Beweise vorlegen, damit ein Sportler gesperrt werden kann. Der CAS sah die Beweislage als zu dünn an. Die Aufhebung der lebenslangen Sperre und die Wiederanerkennung der Resultate der Spiele von Sotschi sind die logische Konsequenz“, so der Anwalt weiter.

Bei den restlichen elf Athleten scheint also ein eindeutiger Beweis für einen Dopingverstoß vorzuliegen, allerdings reichte es nicht für eine lebenslange Sperre. „Eine lebenslange Sperre ist nur unter ganz bestimmten Bedingungen vorgesehen, man muss zum Beispiel Wiederholungstäter sein.“ Wieso das IOC diese Sanktionen dann überhaupt ausgesprochen hat, weiß Theisen auch nicht. „Dass sich das IOC in gleich 28 Fällen komplett geirrt hat, ist schon überraschend“, meint dann auch der Rechtsexperte.

Die Konsequenzen

Lynn Frank

28 der 39 Athleten, die vor den CAS gezogen sind, dürfen ihren Sport also wieder ausüben. „Das bedeutet allerdings noch nicht, dass sie auch in Pyeongchang antreten können“, erklärt Rechtsanwältin Lynn Frank, die den Fußballklub CS Grevenmacher bereits vor dem CAS vertrat. „Das Russische Olympische Komitee ist schließlich momentan suspendiert, und russische Athleten dürfen nur auf Einladung des IOC an den Spielen teilnehmen.“

Deshalb könnten einige der Athleten nun erneut vor den Sportgerichtshof ziehen, um eine Starterlaubnis für Pyeongchang einzuklagen. „Allerdings wird es zeitlich sehr eng werden“, so Frank weiter. „Die kommende Woche bis zu den Olympischen Spielen kann vom rechtlichen Standpunkt her noch richtig interessant werden. Dass es aber überhaupt so weit kommen musste und dass der CAS gezwungen war, die vom IOC ausgesprochenen Sperren aufzuheben, ist sicherlich ein Rückschlag für den Anti-Doping-Kampf und den sauberen Sport.“ Auch Theisen sieht das IOC und den Sport insgesamt als Verlierer, doch der ehemalige COSL-Präsident kann der CAS-Entscheidung dennoch etwas Positives abgewinnen: „Der Internationale Sportgerichtshof, der in der Vergangenheit sehr häufig in der Kritik stand, ist der klare Gewinner in dieser Affäre. Er hat gezeigt, dass er unabhängig ist und dass die oberste rechtliche Instanz des Sports funktioniert.“ Eine genaue Analyse des Urteils wollen und können weder Frank noch Theisen vornehmen, da die detaillierte Urteilsbegründung erst später vom CAS veröffentlicht wird.

Theisen weist aber darauf hin, dass sich das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs lediglich auf die 39 Einzelfälle bezieht. „Es ging bei der Verhandlung nur um jene Fälle der Athleten, die geklagt haben, nicht jedoch um das systematische Doping in Russland. Das Russische Olympische Komitee bleibt auch weiterhin gesperrt.“

Recht vs. Politik

Auch wenn die Entscheidung des CAS auf rein rechtlichen Prinzipien beruht, so muss man die Situation auch aus einer sportpolitischen Sicht betrachten. „Der Druck auf das IOC im Skandal um staatlich gestütztes Doping in Russland war zuletzt enorm“, so Theisen, der darin vielleicht auch einen Grund der drastischen Sanktionen gegen die Sportler sieht.

Nach dem Urteilsspruch am Donnerstag drängt sich die Frage auf, ob das IOC nicht besser beraten gewesen wäre, im Rahmen der Olympischen Spiele 2016 einen Komplett-Ausschluss gegen Russland zu verhängen. „Im Nachhinein wäre dies vielleicht die bessere Entscheidung gewesen. Allerdings hätte man damit den Zorn Russlands auf sich gezogen, was man wohl vermeiden wollte.“ Ob man mit einem Komplett-Ausschluss denn vor dem CAS durchgekommen wäre? „Hier haben wir ja einen Präzedenzfall. 2016 hatte das Internationale Paralympische Komitee einen Komplett-Ausschluss gegen Russland verhängt. Die Russen klagten daraufhin vor dem CAS, der die Klage jedoch abwies und die Beweislage für ausreichend hielt, um eine Kollektivstrafe auszusprechen“, blickt Theisen auf die Geschehnisse von vor zwei Jahren zurück. Die aktuelle Situation beschreibt der Rechtsanwalt mit einer Fußball-Metapher. „Wenn sich ein Schiedsrichter auf einmal bewusst wird, dass er bei zwei, drei Aktionen härter hätte durchgreifen sollen, sitzt anschließend die Rote Karte vielleicht etwas lockerer, weil er sich zurückkaufen möchte. Vielleicht überwog beim IOC im Fall der russischen Athleten der politische Druck dem juristischen“, so Theisen.

Wie es nun weitergeht

Eines steht für Marc Theisen fest: „Der CAS hat dem IOC mit diesem Urteil die dunkelgelbe Karte gezeigt. Gesetze gelten jederzeit für jeden und stehen über sportpolitischen Entscheidungen.“ Auf die Frage, ob IOC-Präsident Thomas Bach nach dieser herben Niederlage die Verantwortung übernehmen und zurücktreten müsse, antwortet Theisen so: „Wenn man es mit Situationen aus der Politik oder der Wirtschaft vergleicht, dann wäre eine solche Entscheidung denkbar. Allerdings bin ich nicht der Auffassung, dass ein Rücktritt Bachs irgendetwas verändern würde. Man würde lediglich die Spitze austauschen und damit – wenn überhaupt – das öffentliche Ansehen des IOC kurzfristig verbessern. Sinnvoller wäre es, wenn man sich im IOC ernsthaft mit der Kritik von außen auseinandersetzen würde, um die Schwachstellen der jetzigen Strukturen zu bekämpfen“, so Theisen.

Im konkreten Fall der 39 Athleten hat das IOC allerdings noch die Möglichkeit, vor den Schweizer Bundesgerichtshof zu ziehen, der die Berufungsinstanz des CAS darstellt. Allerdings wird dort der Fall an sich nicht mehr verhandelt, sondern es geht lediglich um die Form, eine Art Kassation. „Ob eine mögliche Berufung des IOC überhaupt zulässig ist, muss dann erst geprüft werden“, so Lynn Frank, die – genau wie Marc Theisen – die Chancen einer Berufung als sehr gering einschätzt.

Bevor nun allerdings definitive Schlüsse aus der Affäre gezogen werden können, muss die Urteilsbegründung abgewartet werden. „Dann wird man sehen, worauf sich das IOC stützte. Waren es nur die Aussagen des ehemaligen Moskauer Laborchefs oder gab es noch andere Beweise?“, so Frank abschließend.

 

Jacques Zeyen
2. Februar 2018 - 16.01

"..und als Zeichen der Emanzipation beginnt bei ihr der Bartwuchs schon." Lustige Zeile von Reinhard Mey,erinnert aber gleich an DDR-Zeiten ( Ostblock allgemein ),wo Athleten sämtliche Medaillen abräumten und den "Westen" ( mit Ausnahme der USA ) immer alt aussehen ließen. Egal ob Tour de France oder Olympia usw.,die Doping-Jäger trippeln immer ein paar Schritte hinterher. Man fragt sich wann der Minutentest kommt,bei dem ein Dopingsünder innerhalb einiger Stunden glasklar ( Beweis für das Gericht ) als solcher feststeht und nicht erst nach einigen Monaten oder Jahren.(Armstrong und Co.) Wenn Athleten,speziell Athletinnen antreten mit der Oberschenkelmuskulatur eines Zuchtbullen,dann dürften doch schon Fragen aufkommen. Dass diese Entscheidung des Gerichts einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt kommt sicher daher,dass es sich bei den Betroffenen um Russen handelt. Politik mischt eben immer mit.