Donnerstag27. November 2025

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Ein deutscher Architekt baut Asien um

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Der deutsche Architekt Ole Scheeren prägt Asiens Metropolen. Er baut in Peking, Bangkok, Singapur. Gerade arbeitet er an einem 333-Meter-Turm in Vietnam. Nun will er auch in Europa stärker Fuß fassen.

Von unserem Korrespondenten Mathias Peer

Wer nach Bangkok reist, kann Ole Scheerens Arbeit kaum übersehen. Sein Mahanakhon-Tower, das höchste Gebäude Thailands, dominiert die Skyline der asiatischen Megacity von fast jedem Winkel aus. Aus der Ferne wirkt der auffällig gestaltete Turm wie ein verpixeltes Bild. Es solle so aussehen, als wäre der Turm nie ganz fertig, sagt Architekt Scheeren über das Projekt mit der löchrig wirkenden Fassade.

Das scheinbar endlose Streben nach oben passt zu dem 46-Jährigen, der für sein Architekturbüro um den Globus hetzt. In Peking schuf der Architekt aus Karlsruhe die ikonische Zentrale des chinesischen Staatsfernsehens CCTV in Form von zwei miteinander verschlungenen Türmen. In Singapur baute er eine Wohnanlage, die aussieht wie chaotisch aufeinander gestapelte Lego-Steine. „Ich arbeite sehr viel“, sagt er. „Man kann es immer schaffen, noch weiter zu gehen.“

Hongkong, Peking, Berlin, Los Angeles und New York, listet Scheeren, der unverheiratet ist und keine Kinder hat, als seine aktuellen Lebensmittelpunkte auf. Den größten Erfolg hat der Wolkenkratzergestalter aber nach wie vor in Asien. Mit seiner Auswanderung nach China vor anderthalb Jahrzehnten begann sein Durchbruch. Gerade stellte er seine Pläne vor, mit denen er die Skyline einer weiteren Metropole nachhaltig prägen möchte. In Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam arbeitet er an einem 333 Meter hohen Turm, aus dessen Mitte tropische Bäume herauswachsen sollen.

„Wir müssen mit Phantasie arbeiten“

Es reiche nicht aus, als Architekt nur funktional zu denken, sagt Scheeren, dessen Vater ebenfalls Architekt war. „Wir müssen auch mit Phantasie arbeiten und neue Möglichkeiten ergründen.“ Der Aufbruch ins Ungewisse gefällt dem Weltenbummler, der in Karlsruhe, Lausanne und London studiert hat, offenbar auch im eigenen Leben: Als 20-Jähriger reiste er monatelang als Rucksacktourist durch China, Ende der 90er-Jahre lebte er in Bangkok, bevor er dann Partner des niederländischen Stararchitekten Rem Koolhaas wurde und den Bau des CCTV-Kolosses in Peking verantwortete.

Dass er für den Sender, der als ein zentrales Propagandaorgan der chinesischen Regierung gilt, eine aufsehenerregende, neue Heimat schuf, brachte Scheeren auch negative Presse. „Die Kritik war verständlich“, sagt er heute. Damals hätten er und Koolhaas es aber als richtig empfunden. Ob er es heute nochmals machen würde? Das hänge vom Einzelfall ab.

Im Westen Fuß fassen

Ohnehin versucht Scheeren, der sich 2010 selbstständig machte und inzwischen mehr als 70 Mitarbeiter beschäftigt, nun im politisch weniger brisanten Westen Fuß zu fassen. Vor zwei Jahren gründete er eine Niederlassung in Berlin – die vierte neben Peking, Hongkong und Bangkok – und stellte in diesem September eines seiner ersten größeren Deutschland-Projekte vor: den Umbau des in die Jahre gekommenen Union-Investment-Hochhauses in Frankfurt zu einem modernen Wohngebäude. Ganz so phantastisch wie in Asien ist die Sache aber noch nicht: „Natürlich hat Europa eine ganz andere Ausgangsbasis“, sagt Scheeren über die hiesige Architekturszene. „Ich glaube, dass man hier trotzdem viel vom Mut Asiens lernen kann.“