Freitag7. November 2025

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Beifall und Gegenwind für Macron in Brüssel

Beifall und Gegenwind für Macron in Brüssel
(AFP)

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Frankreichs neuer Präsident spricht zu seiner Gipfelpremiere deutliche Worte. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. Schnell vorwärts gehen soll es mit der Militarisierung der EU. Xavier Bettel sendet Grüße nach Luxemburg.

Für seine Kritik an der Einstellung einiger osteuropäischer Länder zur EU hat Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron auf seinem ersten EU-Gipfel Rückendeckung aus Deutschland bekommen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel unterstützte die scharfen Worte Macrons ausdrücklich. „Es ist heute nicht der Tag der Drohungen, aber es muss permanent gesprochen werden“, sagte sie am Donnerstag beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel.

Macron hatte einige Länder ungewöhnlich deutlich gerügt, ohne sie beim Namen zu nennen. „Manche politische Führer aus Osteuropa“ offenbarten eine zynische Herangehensweise gegenüber der EU, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ und anderen Medien. „Die dient ihnen dazu, Geld zu verteilen – ohne ihre Werte zu respektieren. Europa ist kein Supermarkt, Europa ist eine Schicksalsgemeinschaft!“.

Merkel betonte, die Europäische Union sei eine „Wertegemeinschaft“. Sie unterstützte auch die Entscheidung der EU-Kommission, wegen mangelnder Solidarität in der Flüchtlingspolitik gegen Polen, Ungarn und Tschechien Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.

„Sein Einstand war wenig ermutigend“

Aus den gescholtenen Ländern bekam Macron kräftig Gegenwind. Mit Blick auf Macron sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban beim Gipfel: „Sein Einstand war wenig ermutigend.“ Macron habe gedacht, die beste Art der Freundschaft sei, diese Länder zu treten. „Das ist hier nicht die Norm. Aber ich denke, er wird sich zurechtfinden.“ Macron komme zum ersten Mal zu einem Gipfel. „Wir werden ihn uns ansehen, wir werden ihn kennenlernen“, so Orban.

Auch Warschau reagierte gereizt: Der Erhalt von EU-Geldern verpflichte Polen nicht, auf die EU zu hören und so viele Flüchtlinge aufzunehmen, wie die Gemeinschaft verlange, sagte Krzysztof Lapinski, Sprecher von Polens Präsident Andrzej Duda, der Agentur PAP zufolge. Polen gilt als strikter Gegner der von der EU beschlossenen Umverteilung von Flüchtlingen.

Xavier Bettel schickt Grüße zum Nationalfeiertag

Der tschechische Präsident Milos Zeman äußerte sich zwar nicht direkt zu Macron, kritisierte aber die EU-Flüchtlingsquoten scharf. Er verglich die EU in dem Zusammenhang mit dem Warschauer Pakt. „Ich sehe bestimmte Ähnlichkeiten zwischen der Doktrin der beschränkten Souveränität, wie sie Leonid Iljitsch Breschnew geprägt hat, und dem Begriff der geteilten Souveränität, wie ihn die EU verwendet“, sagte der 72-Jährige der Agentur CTK zufolge.
Wegen der mangelnden Bereitschaft Migranten aufzunehmen, leitete die EU-Kommission kürzlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen, Tschechien und Ungarn ein.

Bei Militarisierung drückt die EU aufs Tempo

Die EU-Staats- und Regierungschefs unterstützten die baldige Gründung eines milliardenschwerden gemeinsamen Fonds für gemeinsame Militärprojekte – etwa die Entwicklung einer europäische Drohne oder neuer Kampfflugzeuge. Darüber hinaus forderten sie einen schnellen Start für die Möglichkeit, auch im kleineren Kreis Verteidigungsvorhaben voranzutreiben.

Auf Initiative Deutschlands und Frankreichs hatten die EU-Staaten nach dem Brexit-Votum der Briten einen neuen Anlauf bei der Vertiefung ihrer Zusammenarbeit im Militärbereich genommen. Denn Großbritannien, das traditionell auf die Nato setzt, hatte dies immer blockiert.

„17 Arten von Panzern in der EU – in den USA einen“

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verwies auf den Mehrwert einer Verteidigungszusammenarbeit. So gebe es in der EU „17 Arten von Panzern – in den USA einen“, sagte er. „Die EU hat die Hälfte des Verteidigungsbudgets der USA – aber nur 15 Prozent von dessen Effektivität.“ Hier gebe es deshalb „Raum für Verbesserungen“.

Genutzt werden soll nun die Möglichkeit der sogenannten ständigen strukturierten Zusammenarbeit (Pesco), die im EU-Vertrag vorgesehen ist. Sie erlaubt es auch einer kleineren Gruppe von Mitgliedstaaten, Vorhaben umzusetzen. Die Staats- und Regierungschefs verlangten am Donnerstag binnen drei Monaten eine Liste mit „Kriterien und bindenden Verpflichtungen“. Allerdings haben hier gerade Deutschland und Frankreich unterschiedliche Vorstellungen. Während die Franzosen darauf dringen, möglichst alle Mitgliedstaaten mitzunehmen, will sich Berlin dadurch nicht ausbremsen lassen.

In den Schlussfolgerungen spiegelt sich dieser Widerspruch in der Forderung nach einem „inklusiven und ambitionierten“ Vorgehen wider. Merkel sagte dazu, trotz unterschiedlicher Vorstellungen im Detail gebe es im Grundsatz zwischen beiden Regierungen in dieser Frage „völlige Übereinstimmung“. Darüber hinaus verlangte der Gipfel nun auch, dass die Stationierung der EU-Kampfgruppen künftig von den Mitgliedstaaten gemeinsam finanziert wird.

Diese multinationalen EU-Einheiten mit bis zu 3.000 Soldaten existieren schon seit 2005, wurden aber noch nie eingesetzt. Haupthindernis ist, dass die Finanzierung von Einsätzen bisher größtenteils an den teilnehmenden Ländern hängenbleiben würde.