Donnerstag6. November 2025

Demaart De Maart

Klimapaket: Die Schwierigkeiten haben begonnen

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Das Klimaschutzpaket war eines der Hauptthemen beim gestrigen Rat der EU-Umweltminister in Luxemburg. Dabei ging es insbesondere um die Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem vorgegebenen Ziel, den Ausstoß der Treibhausgase bis zum Jahre 2020 um 20 Prozent zu reduzieren, ergeben./Guy Kemp

 Was muss Luxemburg tun?

„Luxemburg steht bis zur letzten Minute zu den Zielen, die im März 2007 festgelegt wurden“, machte Umweltminister Lucien Lux gestern noch einmal deutlich. Luxemburg selbst muss seinen CO2-Ausstoß ebenfalls um 20 Prozent reduzieren, wird seinen Anteil an erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch jedoch nur auf elf Prozent anheben müssen (EU insgesamt 20 Prozent).
In den letzten drei Jahren sei viel an den Möglichkeiten gearbeitet worden, um das erste Ziel zu erreichen, so Lux, wie bei der Gebäudesanierung, den Niedrigenergie- und Passiv-Häusern, der Förderung erneuerbarer Energiequellen, dem öffentlichen Transport, den Personenwagen. Die Hälfte der zu reduzierenden 20 Prozent CO2-Emissionen sollen durch Anstrengungen im Land selbst geschafft werden.
Für die andere Hälfte will Lux auf die sogenannten flexiblen Mechanismen zurückgreifen, etwa die Möglichkeit, Emissionsrechte in einem anderen EU-Land zu erstehen oder der Beteiligung an CO2-reduzierenden Maßnahmen im EU-Ausland.
Größte Sorge ist der Tanktourismus und der inländische Straßenverkehr, die insgesamt zu 80 Prozent für die CO2-Emissionen in Luxemburg verantwortlich sind. Der EU-Durchschnitt liegt bei 21 Prozent. Lux hofft, dass diese spezifische Situation Berücksichtigung findet.

Bereits beim EU-Gipfel vergangene Woche hatte sich abgezeichnet, dass es schwierig sein wird, bis zum Dezember eine Einigung über das Energie- und Klimapaket zu erreichen. „Die Schwierigkeiten beginnen“, sagte denn auch gestern der luxemburgische Umweltminister Lucien Lux nach einer ersten sechsstündigen Diskussion mit seinen EU-Ministerkollegen. Dennoch wolle er optimistisch bleiben, denn ebenso wie die Regierungschefs wiederholten die Umweltminister, dass trotz Finanzkrise der Klimawandel keine Pause einlegt, daher auch in dieser Runde die Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht als Vorwand genommen werden, die Ziele des Klimapakets in Frage zu stellen.

Auslagerungenbefürchtet

Kopfzerbrechen macht den 27 vor allem, wie der europäischen Industrie das System des Handels mit Emissionsrechten auferlegt werden könne, d.h. das Recht, eine gewisse Menge vor allem an CO2 auszustoßen, ohne sie aber gegenüber der weltweiten Konkurrenz zu benachteiligen oder die Delokalisierung dieser Unternehmen zu riskieren.
Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass ab dem Jahre 2013 die in den Bereichen Stahl, Aluminium, Chemie, Zement usw. tätigen Industrieunternehmen 20 Prozent ihrer Emissionsrechte ersteigern müssten. Im Jahre 2020 sollen diese Unternehmen zu 100 Prozent für diese Rechte zahlen müssen. In Luxemburg sind vornehmlich die Stahl- und Zementindustrie davon betroffen, so Lux. Viel hänge davon ab, ob im kommenden Jahr beim Weltklimagipfel in Kopenhagen ein Abkommen gefunden werden kann, das weltweit allen Staaten den Handel mit Emissionsrechten verpflichtend vorschreibt. Nur so können Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten der europäischen Industrie vermieden werden. Ist dies nicht der Fall, dann werden wohl auch die Unternehmen in der EU ihre Emissionszertifikate kostenlos erhalten müssen.
Einig sind sich die 27 jedoch, dass die Stromproduzenten von Beginn an 100 Prozent ihrer Emissionsrechte ersteigern müssen, da hier keine betrieblichen Auslagerungen zu befürchten seien. Mit Ausnahme Polens, wie Lux weiter erklärte. Das Land hat bereits während des EU-Gipfels vergangene Woche gemeinsam mit einer Reihe anderer osteuropäischer EU-Staaten eine Mitteilung veröffentlicht, in der in den Diskussionen um das Klimapaket gefordert wird, die spezifische Situation dieser Länder zu berücksichtigen. Dazu zählt wohl auch der Umstand, dass Polen seinen Strom weitgehend mit Kohle erzeugt und daher wegen der Ersteigerung von Emissionszertifikaten die Stromkosten erheblich steigen würden.

WelchesReferenzjahr?

Die EU-Staaten Osteuropas verlangen jedoch auch, dass als Referenzjahr, auf das sich für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bezogen wird, nicht das Jahr 2005, sondern 1990 gelten sollte. Dieser Punkt sei jedoch immer weniger umstritten, so Lux weiter. Denn es sei klar, dass in den 1990er Jahren die stark CO2-emittierenden Industrieanlagen in Osteuropa nicht aus klimapolitischen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wurden.
Unklar bleibt auch noch, wohin die bei den Versteigerungen der Emissionsrechte eingehobenen Gelder fließen sollen. Lux erklärte, dass diese Gelder in Luxemburg – ebenso wie 40 Prozent der Autosteuer oder der „Sprit-Cent“ – in den Kiotofonds gehen sollen.
Der luxemburgische Umweltminister zeigte sich gestern alles in allem optimistisch, dass noch bis zum EU-Gipfel im Dezember eine Einigung gefunden werden könne. Nur Italien habe signalisiert, dass es sich nicht auf diesen Zeitpunkt festlegen wolle. Erschwerend kommt hinzu, dass die 27 im Dezember Einstimmigkeit brauchen. Worauf vor allem Polen gestern immer wieder hingewiesen habe, so Lucien Lux.