Als der einstige Mittelfeldstar am Samstagabend um 23.31 Uhr abtrat und im Fernsehstudio die Scheinwerfer erloschen, huldigte er noch einmal seinem kongenialen Partner Gerhard Delling – das Du bot er ihm aber nicht an.
„Ich hatte fast nur schöne Erfahrungen hier. Auch mit Ihnen. Ich habe Sie zwar in all den 13 Jahren nicht verstanden. Aber sie haben sich als echter Freund erwiesen. Es ist eine Freude gewesen mit Ihnen zusammengearbeitet haben“, sagte der 65 Jahre alte Lebenskünstler, der sich zum Abschied noch eine weitere kleine Spitze erlaubte: „Meine Leidensfähigkeit wurde auf eine große Probe gestellt. Ich bin dankbar, dass ich diesen Test bestanden habe.“
Das ein oder andere Mal mussten auch die Nationalspieler oder Bundestrainer Joachim Löw leiden. Doch Löw war mit der Erste, der sich nach dem gewonnene Spiel um Platz drei gegen Uruguay (3:2) in Port Elizabeth bei Netzer für dessen fachkundige Analysen bedankte. „Lieber Günter von mir und im Namen der Mannschaft möchte ich mich für Deine fachlichen und sachlichen Kommentare bedanken. Wir haben Dich ja auch ein paar mal geärgert“, sagte Löw.
„Moderatoren-Rente“
Auch Deutschlands Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer holte bei der emotionalen Verabschiedung von Netzer zum Ritterschlag aus. „Netzer und Delling sind ein Paar, das Geschichte geschrieben hat. Schade, dass sich das jetzt auflöst. Das war das Beste, was es seit langem im deutschen TV bei Sport-Übertragungen gegeben hat“, sagte Beckenbauer.
Von Delling bekam Netzer zum Abschied Aufzeichnungen mit seinen besten Sprüchen, Versprechern und Beschimpfungen. Zudem erhielt er für seine „Moderatoren-Rente“ einen ARD-Bauarbeiter-Helm und von allen Mitarbeitern eine gelb-rote Rose.
Doch so herzlich der Abschied auch war, Netzer und Delling blieben auch am letzten gemeinsamen Tag auf dem Bildschirm per Sie. Netzer und Delling spielten sich seit 1998 verbal die Bälle zu wie kein anderes TV-Paar. Delling spielte den Ball in die Gasse, Netzer verwandelte zumeist treffsicher. In Zukunft wird Delling im Wechsel mit Reinhold Beckmann zusammen mit Mehmet Scholl die Spiele der deutschen Nationalmannschaft analysieren.
Netzer wird sich das gewiss im Fernsehen anschauen, ansonsten hat er noch keine Pläne. „Keine Ahnung. Ich glaube ja, dass mein Leben ferngesteuert ist. Ich habe nie Pläne gemacht. Ich habe mich nie verbogen“, sagte Netzer – und ging.
(SID)
De Maart

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