Von unserem Redakteur
Stefan Osorio-König,
zurzeit Lissabon
Im Juli sind die Spareinlagen bei portugiesischen Banken um 8,3 Milliarden Euro angewachsen. Im Monat zuvor waren es lediglich 6,3 Milliarden. Das entspricht einem Zuwachs von 31 Prozent. Seit die portugiesische Zentralbank diese Zahlen erhebt, hat es noch nie einen solch starken Zuwachs gegeben. Das berichtete das Diário Económico in seiner gestrigen Ausgabe.
Die Banken in Portugal zahlen nämlich gegenwärtig extrem hohe Zinsen auf Spareinlagen. Diese können bei Sichteinlagen bis zu vier Prozent gehen. In Europa sind gegenwärtig sowohl die Spar- als auch die Kreditzinsen sehr niedrig. Doch zu diesen Zinssätzen war es den portugiesischen Banken augenscheinlich nicht möglich, genügend Einlagen zu bekommen. Der durchschnittliche Zinssatz liegt im Moment bei 1,84 Prozent. Das ist der höchste seit zwölf Monaten. Siehe auch:
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Notwendig geworden ist diese gegenwärtige „Hochzinspolitik“, nachdem es den Banken nicht möglich war, sich auf dem Interbankenmarkt kurzfristig Liquidität zu besorgen. Der portugiesische Interbankenmarkt ist so gut wie zu, schreibt das Diário Económico. Die einzige Möglichkeit, sich die liquiden Mittel im Moment zu besorgen, sei über die Einlagen der Sparer.
Und auch der Bankenmarkt ist es, in dem die portugiesische Regierung wieder verstärkt privatisieren will. Die Erlöse daraus sollen vor allem dazu verwendet werden, die extrem hohen Staatsschulden von über 83 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abzubauen. Zum Verkauf steht damit die Banco Português de Negócios (BPN), die während der Finanzkrise verstaatlicht worden ist, um einen drohenden Bankrott des Instituts abzuwenden. Bis Ende des Jahres sollen per öffentlicher Ausschreibung potenzielle Käufer gesucht werden.
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Allerdings soll nur das Kleinkundengeschäft der BPN vorläufig verkauft werden. Für die rund 200 Filialen des Instituts wird mit einem Kaufpreis von mindestens 180 Millionen Euro gerechnet. Die BPN hatte zuletzt ein Defizit von zwei Milliarden Euro. Sie untersteht seit der Verstaatlichung der Caixa Geral de Depósitos, die auch in Luxemburg eine Tochtergesellschaft unterhält.
Doch nicht nur im Finanzsektor will die Regierung von José Socrates privatisieren. Die Energiegiganten EDP, der zu rund 20 Prozent noch dem Staat direkt gehört, und Galpenergia sollen ebenfalls an Privatinvestoren verkauft werden. Die Privatisierungen sind Teil eines Regierungsplans, die Staatsschulden und das Defizit zu senken. Allein in diesem Jahr sollen mit dem Verkauf von in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen 1,2 Milliarden Euro in die leeren Kassen des Staates gespült werden.
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