Bittere Weihnachten für die Portugiesen

Bittere Weihnachten für die Portugiesen

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Anfang der Woche schlug die Nachricht wie eine Bombe ein. Selbst wirtschaftlich weniger interessierte Portugiesen beschäftigten sich plötzlich mit Dingen wie Angebot und Nachfrage – vor allem aber dem Angebot.

Seit Anfang der Woche gibt es nämlich in vielen Supermärkten Portugals keinen Zucker mehr. Und Weihnachten ohne Weihnachtsgebäck ist auch in Portugal nicht eben sehr weihnachtlich.

Weniger Abfindungen

Die portugiesische Regierung möchte die Abfindungen bei Kündigungen reduzieren. Das ist Teil der Flexibilisierungspolitik von Sócrates, die auch von Brüssel gewünscht ist.
Die Gewerkschaften kritisieren diese Politik scharf. Sie führe zu steigender Arbeitslosigkeit und wachsender Armut.

Als Anfang der Woche die Meldung die Runde machte, die Zuckerraffinerien hätten nicht mehr genügend Rohstoffe, setzte ein Run auf die Supermärkte quer durch ganz Portugal ein, was zur Folge hatte, dass binnen eines Tages sämtliche Regale, in denen normalerweise die Packungen Zucker feilgeboten werden, leergeräumt waren. In manchen Märkten wurde er sogar rationalisiert, so dass jeder Kunde nur ein Kilo kaufen durfte.

Entspannung

Diesen Hype kann Hugo Marques nicht ganz nachvollziehen, obwohl gerade er als Gastwirt darauf angewiesen ist, Zucker immer in ausreichendem Maße vorrätig zu haben. Er glaubt nicht, dass es zu einem „bitteren Weihnachten“ ohne Weihnachtsgebäck kommen wird. Und in der Tat scheint sich die Situation an der Zucker-Front seit Mittwoch wieder zu entspannen. Rui Mendoça von der Supermarktkette Modelo sagte, die Situation würde sich langsam wieder normalisieren. Die Menschen hätten panische Hamsterkäufe getätigt, was zu den Versorgungsengpässen geführt habe.

Aber auch unabhängig von der Zucker-Frage dieser Tage macht sich Gastwirt Hugo Marques keine wirtschaftlichen Sorgen. „Ich betreibe jetzt mein Restaurant Sr.Bife seit 15 Jahren“, so Marques, „die ersten fünf Jahre waren ausgezeichnet, dann, Anfang des neuen Jahrtausends, kamen weniger Touristen, das hat dem Geschäft schon geschadet, aber seit drei Jahren läuft es wieder ausgezeichnet. Krise? Ich kenne keine Krise, mein Restaurant ist jeden Abend voll.“

Blühende Tourismus-Branche

Dem Gastronomiesektor Portugals geht es gut. Das liegt aber nur zum Teil am immer noch blühenden Tourismus. „Rund die Hälfte meiner Gäste sind Portugiesen“, erzählt Marques, „die andere Hälfte sind ausländische Touristen.“

Aber auch dem Hotelgewerbe geht es sehr gut. Im vergangenen Oktober konnte es eine Zunahme von 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnen.

Vor allem die Fünf-Sterne-Hotels konnten stark zulegen.

Insgesamt wurden im Oktober 1,3 Millionen Gäste und 3,4 Millionen Übernachtungen gezählt. Rund 70 Prozent der Übernachtungen kommen von ausländischen Touristen. Ihre Zahl stieg im vergangenen Oktober nach Zahlen des portugiesischen Statistikinstituts INE um 10,8 Prozent.

Auch im touristisch weniger erschlossenen Norden Portugals sind die Übernachtungszahlen in den letzten 17 Monaten kontinuierlich gestiegen. Der portugiesische Hotel- und Gaststättenverband AHRESP steht aber den von Regierung und Parlament beschlossenen Steuererhöhungen kritisch gegenüber. Man solle nicht durch derartige Maßnahmen das noch schwache Wirtschaftswachstum abwürgen, so das allgemeine Echo in der Gastronomie. Der mittlere Mehrwertsteuersatz, der unter anderem für Restaurants und Getränke gilt, wird ab Januar von 12 auf 13 Prozent erhöht.

Steuerhöhung missfällt

Auch Gastwirt Marques sieht die Steuererhöhung kritisch, fürchtet aber keine größeren Einbußen, im Gegenteil. „Mein Restaurant ist in den vergangen Jahren immer besser gelaufen“, so der gelernte Koch. „Ganz zu Anfang waren nur ich und ein Angestellter, mittlerweile habe ich vier Angestellte, die alle in Vollzeit arbeiten.“

Und Marques ist auf Expansionskurs. „Ich plane, in Kürze ein zweites Restaurant zu eröffnen“, erklärt er und lächelt zufrieden.