Montag27. Oktober 2025

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Schweizer Händler bangen um Zukunft

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Die Schweiz ist traditionell ein eher teures Pflaster. Der Franken auf Rekordniveau lässt bei Schweizer Händlern in Grenznähe Existenzsorgen wachsen. Auch der Tourismus ist rückläufig.

Leere Straßen und volle Regale. Die Einzelhändler der Schweizer Grenzstadt Kreuzlingen bekommen den Höhenflug des Schweizer Franken besonders hart zu spüren. Im benachbarten Konstanz schieben sich einen Steinwurf entfernt selbst wochentags bis zu 40 000 Kunden durchs Einkaufszentrum „Lago“. Viele sind aus der Schweiz angereist. Die neu gestaltete Kreuzlinger Einkaufsmeile ist dafür selbst an Samstagen viel zu ruhig. „Wenn das so weitergeht, müssen wir im September sicher Leute abbauen“, sagt Rosmarie Schär, Inhaberin des Schuhgeschäfts Haberer in der Kreuzlinger Hauptstraße. Sie betreibt noch drei weitere Geschäfte mit 20 Mitarbeitern. „Es ist wirklich tragisch.“

Der hohe Frankenkurs hat zwei Seiten. „Die Kaufkraft ist gewaltig angestiegen“, sagt Daniel Kalt, Chefökonom Schweiz bei der Schweizer Großbank UBS. Allein in den vergangenen zwei Jahren seien Schweizer Produkte im Euro-Raum um 31 Prozent günstiger geworden. Umgekehrt sei die Schweiz jetzt für Kunden aus den Euro-Ländern um ein Drittel teuer. Die starke Währung schwächt die Wirtschaft. „Die massive Überbewertung des Schweizer Franken stellt eine Bedrohung für die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz dar“, hatte die Schweizerische Nationalbank in Zürich ihr Eingreifen unlängst begründet.

Exporte leiden auch

Unter dem aktuellen Kurs leidet auch die exportorientierte Industrie. Die Arbeitslosigkeit lag im Juli zwar bei nur 2,8 Prozent, doch ab Herbst rechnet Serge Gaillard, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft, mit einer steigenden Arbeitslosigkeit. In der Maschinenindustrie könne es sogar zu einer großen Zahl von Produktionsverlagerungen ins Ausland kommen, sagte er im Interview mit der «Neuen Züricher Zeitung».

„Negative Effekte werden wir auch im Tourismus und bei den Banken haben“, fürchtet Gaillard. Vor allem bei den deutschen Gästen brachen die Übernachtungszahlen ein. Der Verband Hotelleriesuisse verzeichnet im ersten Halbjahr 2011 einen Rückgang von knapp acht Prozent – rund 200 000 Übernachtungen weniger als vor einem Jahr. Besonders betroffen sind Ferienorte in den Alpen, die sonst mehr als die Hälfte aller Übernachtungen in der Schweiz ausmachen. In Graubünden betrage der Rückgang bei den Übernachtungen sechs Prozent, sagte eine Sprecherin des Hotellerieverbands.

Luxushotels immer teurer

Auch den Luxushotels mache der Kurs zu schaffen, sagt Fiorenzo Fässler, Geschäftsführer von Suisse Deluxe Hotels, einer Vereinigung 39 Schweizer Luxushotels. Gerade bei Geschäftsreisenden, die etwa die Hälfte der Gäste ausmachten, sei der Rückgang spürbar. Am Genfer See seien wegen des hohen Franken-Kurses sogar Konferenzen abgesagt worden. Fässler sieht die Gastronomie gleich doppelt gestraft, da die Hotels überwiegend in der Schweiz einkauften, wo die Produkte ohnehin 20 bis 30 Prozent teuer als im Euro-Ausland seien.

Verbraucherschützer sehen auch die Politik am Zug. Denn obwohl Importeure und Lieferanten vom günstigen Euro- und Dollarkurs Kurs profitierten, verkauften sie Importwaren in der Schweiz nicht günstiger, kritisiert die Stiftung Konsumentenschutz Schweiz. Die Stiftung fordert eine Preisreduktion von 20 Prozent auf alle Importwaren und eine Verschärfung des Kartellgesetzes.

Auf deutscher Seite wird die Entwicklung sehr genau beobachtet. Hier sorgt man sich nicht nur um die Kaufkraft der Schweizer Kunden, sondern auch um die Jobs der 40 000 Grenzgänger, die jeden Tag ins Nachbarland pendeln. Wenn in der Schweiz die Arbeitslosigkeit steigt, sind auch ihre Jobs gefährdet, glaubt Bertram Paganini, Geschäftsführer der IHK-Hochrhein-Bodensee. „Wir haben ein starkes Interesse daran, dass die Schweizer Wirtschaft stabil bleibt.“