Todesursache war das Infusionssyndrom

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LUXEMBURG - Am Donnerstag sprach im CHL-Prozess Professor Stephan Clément de Cléty, Leiter der Kinderpathologie im Uniklinikum Saint-Luc in Brüssel. Todesursache sei das Infusionssyndrom, hieß es.

Der Zeuge, der gleich nach Beginn der Behandlung des Kleinkindes in Brüssel das Medikament Diprivan absetzte, konnte das Mädchen jedoch nicht retten, weil dessen zentralen Organe wie Herz, Lungen und Nieren bereits schweren Schaden genommen hatten.

Ungewollt schweres Geschütz fuhr der Arzt dann auf, als er aussagte, dass man in Brüssel spätestens seit 2001, also vier Jahre vor dem verhandelten Unfall, systematisch kein Propofol bei der klinischen Sedierung von Kindern unter 12 Jahren mehr einsetzte.

Hirntrauma

Weiter bestätigte der Zeuge, dass das Kind nicht an den Folgen des Hirntraumas gestorben sei. Dies ging schon aus dem „motif d’admission“ im schriftlichen Bericht des Saint-Luc vom 19. Juli 2005 hervor, in dem die Rede von einer „dysfonction multiorganique dans le cadre d’un ‚Propofol infusion syndrome'“ ist.

Weiter heißt es in diesem Bericht, dass angesichts des Alters des Kindes die verabreichte Dosis und die Dauer der Sedierung zum Tod der kleinen Stéphanie führte. Eine Todesursache, die wegen des Verkehrsunfalls auch der Staatsanwaltschaft gemeldet wurde.

Beschwerlicher Weg

Leider hatte diese sehr präzise und bereits am Todestag der kleinen Patientin schriftlich vorliegende Diagnose einen beschwerlichen Weg nach Luxemburg, kam sie doch erst Monate später in der CHL-Apotheke an, die wohl als erste für die Anpassung der Beipacknotizen von Medikamenten verantwortlich ist.

Der Zeuge bestätigte dann, dass das Medikament Diprivan auch noch heute bei kurzen Narkosen sehr gute Wirkungen zeigt, man müsse bei der Dosierung jedoch davon ausgehen, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Man könne einem Kind von sieben Kilo nicht einfach ein Zehntel der Dosis eines siebzig Kilo schweren Erwachsenen geben, so der Zeuge weiter.

Alternativen zu Diprivan

Professor de Clety betonte dann auch noch, dass er das Diprivan bei Kindern in Notfällen außer Haus durchaus noch einsetzen würde, im klinischen Bereich aber auf andere Medikamente zurückgreifen würde, von denen es zahlreiche auf dem Markt gibt. Me Urbany, der Verteidiger der Krankenschwestern, wollte wissen, ob es im Jahre 2005 schon viele alternative Medikamente zu Diprivan gab, was der Spezialist mit einer genauen Beschreibung der einzelnen Produkte bestätigte.

Es war dann Dr. André Kerschen, CHL-Generaldirektor, der in den Zeugenstand trat und sich von der Vorsitzenden vorhalten lassen musste, dass das abgelieferte Dossier nicht komplett zu sein scheint, da einzelne Anwälte Dokumente vor Gericht produzierten, die nicht in der Akte figurieren, die den Ermittlern übergeben wurde.

Kein Zugriff

Es sei sehr schwer für die Direktion eines Krankenhauses zu wissen, welche Papiere gefragt sind und welche zugänglich sind, damit eine Akte komplett ist.

Außerdem gehören viele Dokumente dem Patienten, zu denen die Verwaltung keinen Zugriff hat, so der Zeuge. Die Generaldirektion sei Anfang September, also sechs Wochen nach dem Unfall, schriftlich informiert worden, bestätigte André Kerschen auf Nachfrage der Richterin, die sich darüber wunderte, dass die Klinik-Verwaltung so spät vom Tod der kleinen Patientin informiert wurde.

„Propofol-Infusionssyndrom“

André Kerschen bedauerte, dass der CHL-Apotheker nicht gleich informiert wurde, was bei einer Nebenwirkung eines Medikamentes normalerweise der Fall ist.

Den Hinweis der Vorsitzenden, dies hätte die Direktion ja übernehmen können, musste der Zeuge bejahen. Jedenfalls habe der Reflex, das „Propofol-Infusionssyndrom“ in seinem Haus zu thematisieren, nicht funktioniert, sagte CHL-Direktor Kerschen.

Der Prozess wird nächste Woche mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.