Da tobt der Bär!

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Selten sind sich Veranstalter, Publikum und Kritik so einig, wie bei der diesjährigen Wahl des Preisträgers für den Ehrenbären: Denn wer, wenn nicht Meryl Streep, hätte ihn verdient?

Ihre Liebesszene mit Robert Redford in „Jenseits von Afrika“ zählt zu den schönsten und ergreifendsten der gesamten Filmgeschichte; insgesamt 17 Mal – das letzte Mal für ihre Rolle als Margaret Thatcher in „The Iron Lady“ – wurde sie mittlerweile für den Oscar nominiert. Damit ist sie die meistnominierte Schauspielerin aller Zeiten, noch vor Katharine Hepburn und Jack Nicholson.

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Laut dem amerikanischen Forbes Magazine zählt sie zu den bestbezahlten Schauspielern Hollywoods. 2009 wurde ihr von der University of Princeton die Ehrendoktorwürde verliehen und Bette Davis hat sie bereits vor vielen Jahren als ihre „einzige würdige Nachfolgerin“ bezeichnet. Doch was macht Meryl Streep so besonders? Was hebt sie von den vielen Schauspielerinnen aus Hollywood ab?

Respekt und Bescheidenheit

In blauer Bluse sitzt sie vollkommen aufrecht und zurückhaltend lächelnd auf dem Podium zur Pressekonferenz. Jeden der Journalisten nimmt sie ernst, auch auf die banalsten Fragen nach Ruhm und Reichtum antwortet sie mit Respekt und Bescheidenheit.

Und sie scheut es auch nicht, klar Stellung zu beziehen. „Als linke, amerikanische Schauspielerin hatte ich Margaret Thatcher Anfang der 80er-Jahre sofort verurteilt. Ich meine, sie war ein Freund von Ronald Reagan!“ Und doch zögerte sie nicht, die Rolle anzunehmen. „Ich liebe es, schwierige und polarisierende Frauen zu verkörpern, ich liebe es, sie zu übersetzen. Und bei der intensiven Beschäftigung mit ihrer Person hat sie mich auch überrascht.“

Unantastbar

Und Meryl Streep überrascht das Kinopublikum. Immer und immer wieder. Längst hat sie die kritische Altersgrenze überschritten, nach der viele ihrer Kolleginnen gegen jüngere, wenn es sein muss auf alt geschminkte, Nachwuchstalente ausgewechselt werden. Doch ihr Alter – Meryl Streep ist 62 Jahre alt – tut ihren Rollenangeboten keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil. Man kann sogar den Eindruck gewinnen, sie sei gefragter denn je – als Charakterdarstellerin, die jede Rolle bis zur Perfektion verkörpern kann. Sie ist unglaublich wandelbar, und das, weil sie, wie sie selbst sagt, in jeder Figur ein Stückchen von sich selbst finden kann.

Am überzeugendsten jedoch spielt sie emotional reife Frauen, die durch äußere Einflüsse dazu gezwungen werden, ihr Leben neu zu entwerfen – tragische Figuren, die sich aus einer inneren Kraft heraus neu definieren. Erinnert sei an ihr wunderbares Spiel in dem Scheidungsdrama „Kramer gegen Kramer“ oder auch an „Manhattan“ von Woody Allen, in dem sie eine typisch Allen’sche Großstadtneurotikerin spielt.

„Die beste Schauspielerin der Welt“

Doch selbst in seichten Komödien wie „Der Teufel trägt Prada“ brilliert sie – diesmal als eine Furie an der Spitze eines berühmten Modemagazins. Und jetzt auch als Margaret Thatcher. Das Schwierigste an der Rolle sei gewesen, ihre Atemluft richtig zu dosieren, sagt Meryl Streep, denn als Margaret Thatcher müsse man nicht nur seine eigene Meinung loswerden, sondern auch noch dafür sorgen, dass die anderen nicht zu Wort kommen. Eine Charaktereigenschaft, die so gar nicht ihrem Naturell entspricht.

Doch das ist ja gerade das Faszinierende an Meryl Streep: Sie hat längst bewiesen, dass sie die unterschiedlichsten Charaktere verkörpern kann, dass alleine ihre Präsenz einen Film manchmal sehenswert macht, dass sie sich gegen den Idealtypus der Hollywoodschauspielerin durchgesetzt hat.

Denn in den 70er-Jahren, zu Anfang ihrer Schauspielkarriere, wurde sie im Vergleich zu ihren Kolleginnen nicht selten als zu unsexy beschrieben, wenige trauten ihr zu, eine wirklich große Karriere hinzulegen. Sie sei zu technisch, zu kalt, hieß es. Doch sie hat sie alle überspielt – mit ihrem künstlerischen Genie und mit ihrer zeitlosen Schönheit. Für Robert De Niro ist sie „die beste Schauspielerin der Welt“. Für viele andere auch.

Janina Strötgen/Berlin/Tageblatt.lu)