Montag10. November 2025

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750 Windmühlen für Lothringen

750 Windmühlen für Lothringen
(dpa)

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Lothringen will ein Vorreiter für alternative Energiegewinnung in Frankreich werden. Solarpanele und Windräder sollen den Erfolg bringen. Doch es regt sich Widerstand.

In Frankreich soll es eine Kohlenstoffdioxidsteuer geben. Sie sollte „schnell“ eingeführt werden, sie sollte progressiv sein und Kompensationen, schlägt der sozialistische Abgeordnete Christian Eckert vor. Eckert trat im Regionalrat in Metz während einer Diskussion um die französische Energieversorgung der Zukunft auf. Zu einer generellen Umweltsteuer äußerte Eckert sich ausweichend. Man müsse prüfen, sagte er, ob sie bestrafend oder anregend wirke.

Der französische Staatspräsident François Hollande hatte im vergangenen Jahr eine nationale Diskussion zur Energie in Frankreich angeregt. Der Grund: Frankreich importiert trotz seines imposanten Parks an Kernkraftwerken weiterhin Energie. Das kostet Geld, das Frankreich nicht hat, gibt der Vizepräsident der Region Lothringen, Daniel Beguin von den Grünen offen zu.

Region verändern

Die Diskussion um die Energie in Frankreich ist die zweite große Diskussion innerhalb von 40 Jahren. Die erste hatte nach den Ölschocks der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eingesetzt und dazu geführt, dass Frankreich in seinem Bestreben nach Energie-Unabhängigkeit einen Park von Atomkraftwerken gebaut hat, der heutzutage 78 Prozent der Energie in Frankreich produziert. Die neue Debatte wurde vom französischen Staatspräsidenten angestoßen, weil es um die Reduzierung von Kohlenstoffdioxid geht, weil es um die Dämmung Häusern und Wohnungen geht, weil es die Reduzierung des Energieverbrauchs ganz allgemein geht.

Die Debatte in Lothringen hat einen Plan hervorgebracht, der die Region in ihrem Aussehen verändern könnte. So sollen gut 25.000 Häuser mit Solardächern ausgerüstet werden. Das entspricht einer Verdoppelung der heutzutage bestehenden Installationen auf einen Wert von 75 Megawatt. Solarplantagen sollen in Lothringen 325 Megawatt produzieren.

750 Windmühlen

Im Bereich der Stromproduktion gibt es die größte Diskussion in Lothringen um die Windmühlen. Bisher sind 300 Windmühlen in Lothringen installiert. 750 sollen es insgesamt werden, die 1.500 Megawatt Strom liefern sollen. Dagegen regt sich Widerstand. François Hervé aus Nancy hat beim Verwaltungsgericht hat ihrer Stadt Klage eingereicht. 750 Windmühlen würden auf den Höhen der Vogesen nach derzeitiger Planung alle sechs Kilometer einen Windmühlenpark entstehen lassen. In dichten Waldgebieten müssten auf großen Flächen Bäume gefällt werden. Und das gefällt weder Bürgermeistern noch Umweltschützern. Für sie ist erschreckend, dass man in 1.400 von 2.300 Gemeinden in Lothringen Windparks errichten kann.

In der Diskussion rund um den Übergang auf eine neue Energiegesellschaft spielten Energie wie etwa das Grubengas im Kohlebecken in Forbach eine nachrangige Rolle. Dafür hat die Gewinnung von Methangas aus Müllhalden viel Interesse erregt. Allerdings wird sich die Landwirtschaft verändern. Auch hier wird die Methanisierung zukünftig im Vordergrund stehen. Die Region Lothringen stützt sich hier auf Untersuchungen der Universität Karlsruhe, die davon ausgehen, dass es in der Zukunft zu weitgehend dezentralisierten und kleinen Versorgungseinheiten kommen wird.

Neue Jobs

Die Diskussionen um die zukünftige Energieversorgung und Energienutzung haben sich über ein Jahr erstreckt und auch die Verkehrsströme untersucht. Die Konsequenz ist relativ bescheiden. Man will Sammelparkplätze und Fahrgemeinschaften.

Will man den „Energieplan Lothringen 2020“ realisieren, wird eine Fortbildung für etwa 30.000 Arbeiter aus dem Baubereich nötig sein, gut 600 Architekten, schätzt man im Regionalrat in Lothringen, werden ihre Jobs über Jahre hinaus in diesem Energiebereich finden. Was die Finanzierung angeht, bleibt nicht nur in diesem Bereich so ziemlich alles im Unklaren. Die Unternehmen müssten hier einsteigen, die Region sicher auch, aber welche Summen hier im Fortbildungsbereich zu finanzieren sind, lässt die Vizepräsidentin der Region, Laurence Demonet, zuständig für Aus- und Fortbildung völlig offen. Auch genaue Vorstellungen, wie das zu organsieren sei, gibt es nicht.

Kaum Unterstützung

Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialrates Lothringens, Roger Cayzelle, zeigte sich nicht glücklich mit dem Energieplan 2020. Niemand wisse, wie das zu finanzieren sei. Ein großes nationales Engagement sei nicht zu spüren. Der Plan sei nur schwierig zu installieren. Es fehle aber insgesamt an der Führung in Frankreich zu diesem Thema, sagte er gegenüber Tageblatt.lu.

Eine umfassende Handlungsweise zum Thema neuer Energien ist weder in Frankreich noch in Lothringen sichtbar. Die französische Regierung gibt in geringem Maße Steuererleichterungen bei der Einrichtung von geothermischen Heizungen. Die Volksbank Lothringen/Champagne (BPLC) hat aus der Energiewende ein Programm gemacht und berät mit eigens ausgebildeten Mitarbeitern Kunden für die Umrüstung ihrer Häuser und Wohnungen (mit dem entsprechenden Kreditangebot). Bezahlen wird es letzlich der Privatmann. Der aber wurde vor dem Gebäude des Regionalrates von der Gewerkschaft CGT darüber informiert, dass eine Familie mit zwei Kindern eine um 30 Prozent höhere Stromrechnung haben wird, wenn man den Kernkraftanteil an der französischen Energieversorgung um die Hälfte zurückfährt.