Peter Mautes teilt das Schicksal mit hunderten Bergbau-Kollegen. Er pendelt jedes Wochenende zwischen seinem Arbeitsplatz in Nordrhein-Westfalen und seinem Heimatort im Saarland hin und her. „Da bleibt ein Teil des Privatlebens auf der Strecke“, sagt der 54-jährige Industriekaufmann aus Dillingen an der Saar. „Und es tut immer noch weh.“
Die Pendelei ist Folge einer historischen Zäsur: Vor einem Jahr ging im Saarland der Bergbau nach 250 Jahren zu Ende. Die Arbeitsplätze fielen weg – rund 1200 Bergleute und Mitarbeiter des Konzerns RAG Deutsche Steinkohle fanden neue Jobs in und um Zechen in Nordrhein-Westfalen, wo zumindest noch bis 2018 Kohle abgebaut wird.
Keine Wahl
Mautes war einer der Ersten, der vom früheren Bergwerk Saar in Ensdorf an die Ruhr wechselte. „Im Grunde wollte keiner aus dem Saarland weg. Aber letztlich hatten wir keine Wahl.“ Mit gut 750 Kumpeln gingen die meisten nach Ibbenbüren, die anderen nach Bottrop, nach Marl und nach Herne. «Wir sind gut aufgenommen worden», sagt der technische Planer und Reviersteiger Jörg Wilhelm in Ibbenbüren. Der 47-Jährige ist jedes Wochenende knapp 1000 Kilometer und zehn Stunden hin und zurück ins saarländische Merchweiler unterwegs. „Man muss nach vorne blicken. Ich habe an die Saar einen Haken gemacht.“
Der Bergbau an der Saar hat einst 70 000 Menschen Arbeit gegeben. Das Aus für die Kohle stand schon länger fest, weil Importkohle billiger ist – wurde dann aber von der Politik vorgezogen. Der Grund: Anfang 2008 hatte bergbaubedingt die Erde stärker als sonst gebebt, tausende Häuser wurden beschädigt. Damals standen noch rund 4700 Beschäftigte im Bergwerk Saar auf der Lohn- und Gehaltsliste der RAG. Um die 2800 davon wählten den Vorruhestand, etwa 500 suchten sich woanders einen Job. Das Ende des Bergbaus erfülle immer noch viele Bergleute „mit Wehmut“, sagen Mautes und Wilhelm.
Viele Saarländer pendeln
Die meisten Mitarbeiter aus dem Saarland pendeln, sagt der Sprecher der RAG in Herne, Christof Beike. Anfang Juni erst kam die letzte Gruppe von 24 saarländischen Bergleuten nach Ibbenbüren. Die „Neuen“ würden stets anfangs betreut, am Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche. Es gebe im Betrieb Ansprechpartner saarländischer Herkunft und gemeinsame Freizeitangebote, um das Einleben zu erleichtern.
Mautes etwa nimmt regelmäßig an einem „Saarländer-Treff“ teil. „Wir gehen meistens gemeinsam etwas besichtigen und dann essen“, sagt er. Herne sei für ihn schon „zu einer Art zweiten Heimat“ geworden. Allerdings vermisse er in der Mietwohnung gerade im Sommer sein Haus und Garten im Saarland. Und dass er nicht mehr am Vereinsleben zu Hause teilnehmen könne. „Man gehört jetzt nicht mehr so ganz dazu.“ Wilhelm vermisst vor allem seine Familie, sagt er. Doch ein Ende der Pendelei ist in Sicht: Ende des Jahres beginnt sein Vorruhestand.
Am Jahrestag des Bergbau-Endes am 30. Juni wird der Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine des Saarlandes den ersten „Tag des Bergmanns“ begehen. 50 Vereine hätten sich zur Bergparade mit Musik und Tracht angekündigt, sagt der Vize-Vereinsvorsitzende Hans-Joachim Bär. Steiger Wilhelm dagegen wird bei der Feier nicht dabei sein. „Da das ein Sonntag ist, werde ich da mit vielen anderen Bergleuten da wieder auf der Autobahn sein“, sagt er.
De Maart

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