Wenn immer irgendwo in Europa oder in Hongkong oder anderswo in Asien ein Investmentfonds verkauft wird, dann kann man sicher sein, dass der Verkauf irgendetwas mit Luxemburg zu tun hat. Luxemburg ist nach den USA das zweitwichtigste Zentrum in der Welt für Investmentfonds. Und wenn jemand in Deutschland oder in Frankreich eine Abrechnung seines Depots erhält, dann kann man auch sicher sein, dass ein großer Teil dieser Abrechnungen in Luxemburg erstellt wird. Luxemburg ist das Verwaltungszentrum weltweit für Investmentfonds. Rund um sie herum hat sich eine Kompetenz von Rechtsanwälten, Steuerfachleuten, Regulations-Experten niedergelassen, die Luxemburg eine Sonderstellung weltweit in diesem Finanzbereich einräumen.
Davon war vor 25 Jahren, als Patrick Zurstrassen diese damals noch unbedeutende Finanzindustrie entwickelte, noch nicht die Rede. Heutzutage ist es normal, dass in den vergangenen zwei Jahren mit Claude Kremer ein Luxemburger die Interessen der europäischen Fondsindustrie als Präsident des europäischen Verbandes vertreten hat.
Ein Vierteljahrhundert
ALFI, der luxemburgische Verband, feierte seinen Geburtstag im Theater der Hauptstadt. Und wie es sich in einem Theater gehört, spielte der Verband sich in Szenen. Das entspricht seinen Kongressen im Frühjahr und im Herbst, wo es zur Auflockerung von schwierigen juristischen Themen auch immer eine szenische Darstellung gibt. In wackeligen aufgeblasenen Gummisesseln vor der Kulisse einer Bücherwand, deren Gemälde in der Mitte sich als ein Bildschirm entpuppte, nahmen fünf Präsidenten des Verbandes Platz. In Club-Atmosphäre plauderten sie über ein Vierteljahrhundert Investmentfondsverband. Den 25 Jahre alten irischen Whiskey, der vor ihnen auf dem Tisch stand, rührten sie allerdings nicht an.
Der erste, Patrick Zurstrassen, war derjenige, der aus der theoretischen Finanzgeschichte der Fonds etwas Greifbares machte und den Verband gründete. Rafik Fischer, derjenige, der irgendwo in der Welt eines Tages in einem Taxi einen Anruf aus Paris bekam mit der Klage des dortigen Verbandspräsidenten, wie es denn sein könne, dass Luxemburg im verwalteten Vermögen an Paris vorbeigezogen sei. Im Klartext: Paris war gekränkt, seine europäische Spitzenposition an Luxemburg verloren zu haben. Tom Seale, der nachfolgende Präsident führte den Verband aus seiner Gründungsphase heraus. Das Sprichwort, nur der lebe gut, der es nicht nach draußen zeige, gelte nicht für ALFI, entschied er. Wenn man schon an Paris vorbeigezogen sei, dann könne man auch zeigen, wer man sei. Seale zog mit der ALFI nach London. „Ehrlich gesagt, hatten wir damals Angst, dass niemand in das Hotel kommen würde, das wir angemietet hatten“, erzählt er im Gespräch mit dem Tageblatt. Es kam völlig anders. Und das Luxemburger Investmentfonds-Seminar in London gehört heute zu den traditionellen und wichtigsten Veranstaltungen des Verbandes.
Während es bis dahin immer nur bergauf gegangen war und in den Pressekonferenzen immer nur die Frage auftauchte, wann denn die Zwei-Billionen-Grenze an verwaltetem Vermögen überschritten werden würden, hatte Präsident Claude Kremer ganz andere Sorgen. Ihn traf die Katastrophe, die in einem Verbandsleben immer irgendwann eintrifft. Kremer stand die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 ins Haus. Wie es häufig in solchen Situationen geschieht, hatte der Verband im richtigen Augenblick mit einem Juristen den richtigen Präsidenten. In der Folge der Finanzkrise nämlich prasselten Regularien auf die Fondsindustrie ein. Die Politik presste sie in einen engen Rahmen und der Jurist Kremer hatte viel zu tun mit seinen Versuchen, einerseits Luxemburg zu schützen, andererseits für verständliche und umsetzbare Vorschriften zu kämpfen. Das war eine andere Präsidentschaft, als er sie sich vorgestellt hatte. Die zwei Billionen, von denen man vor der Krise träumte, sind heute längst überschritten. Es sind 2,4 Billionen aus aller Welt, die zum 25. Geburtstag in Luxemburg verwaltet werden.
Eine Sprache, die Kunden verstehen
Diana Mackay ging zu ihrer Glückwunsch-Ansprache auf der Bühne spazieren. Die Produkte müssten einfacher werden, mahnte sie. Und die Fondsindustrie müsse sich angewöhnen, in einer Sprache zu reden, die ihre Kunden auch verstünden, mahnte sie. Der Präsident im Jubiläumsjahr heißt Marc Saluzzi. Was kommt auf ihn zu? Vermutlich muss er nicht mit Überraschungen rechnen, wie sie auf Claude Kremer einstürzten. Saluzzi befindet sich wieder auf der Erfolgsstraße. „Wir sind ein Pfeiler des Finanzplatzes“, stärkt er unter dem Beifall der Fondswelt im Theater der Hauptstadt das Selbstbewusstsein einer Finanzindustrie, mit der außerhalb des Theaters nur wenige etwas anfangen können.
De Maart

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