Frankfurt am Main/Berlin () – Im juristischen Tauziehen um das Schicksal von Suhrkamp gibt es eine abermalige Wende: Die Familienstiftung von Verlagschefin Ulla Unseld-Berkéwicz darf ihre eigenen Gewinnforderungen für 2010 und 2011 nicht fällig stellen. Dies hat das Landgericht Frankfurt auf Antrag von Minderheitsgesellschafter Hans Barlach in einer einstweiligen Verfügung entschieden. Ein Gerichtssprecher bestätigte am Montag in Frankfurt einen Bericht der Tageszeitung „Die Welt“.
Bis zur Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg im Insolvenz-Schutzschirmverfahren muss die Familienstiftung ihre Gewinnforderung stunden. Die 9. Kammer für Handelssachen habe bei der einstweiligen Verfügung wegen der Eilbedürftigkeit die Gegenseite nicht angehört. Es habe auch keine mündliche Verhandlung gegeben, sagte der Gerichtssprecher. Suhrkamp will nun die Konsequenzen aus dem Beschluss prüfen, wie Sprecherin Tanja Postpischil sagte.
Seit zwei Jahren tobt ein Machtkampf
In dem renommierten Verlag, der Anfang 2010 von Frankfurt nach Berlin umzog, tobt seit Jahren ein Machtkampf zwischen den beiden Gesellschaftern. Unseld-Berkéwicz hält über die Familienstiftung 61 Prozent des Verlags, Barlach über seine Medienholding AG 39 Prozent. Das Schutzschirmverfahren sieht die Verlagschefin als Möglichkeit, den Fortbestand des Verlags unter ihren Prämissen zu sichern.
Unseld-Berkéwicz hatte im Mai den Schritt gewählt, nachdem im März das Landgericht Frankfurt den Verlag zur Zahlung von knapp 2,2 Millionen Euro aus dem Bilanzgewinn des Jahres 2010 an Barlach verurteilt hatte. Als Barlach bei der Forderung seinen Rangrücktritt erklärte, nahm die Familienstiftung ihre Berufung gegen das Frankfurter Urteil vom März zurück und stellte ihre eigenen Gewinnforderungen fällig. Damit sollte nach Einschätzung von Beobachtern der Verlag zahlungsunfähig gemacht werden, um das laufende Schutzschirmverfahren auf eine stabile Grundlage zu stellen.
Nicht mehr zahlungsunfähig
Mit dem jetzigen Beschluss des Landgerichts Frankfurt sei die „künstlich herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit“ des Verlags beseitigt, erklärte Barlach am Montag. Seine Medienholding sei bereit, zusammen mit der Unseld-Stiftung den Verlag fortzuführen. Dies schließe auch die Wiederaufnahme von Gesprächen über die Beteiligung eines dritten Gesellschafters am Verlag ein. Diese Gespräche habe Unseld-Berkéwicz am 15. Mai abgebrochen.
Der Insolvenzantrag sei nicht wegen Zahlungsunfähigkeit, sondern wegen einer vorliegenden Überschuldung gestellt worden, meinte dazu Verlagssprecherin Postpischil. Diese Ursache für die Insolvenz werde durch den Frankfurter Beschluss nicht berührt. Suhrkamp werde jedoch prüfen, ob die Zahlungsunfähigkeit der Verlagsgruppe durch den Beschluss des Frankfurter Gerichts beseitigt worden sei.
De Maart

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