Samstag18. Oktober 2025

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Darum musste Eisbär Knut sterben

Darum musste Eisbär Knut sterben
(AP)

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Als süßes Eisbärenbaby verzaubert Knut Millionen Menschen. Mit nur vier Jahren ertrank er in seinem Gehege. Forscher wissen jetzt, wie es zu seinem tragischen Tod kam.

Riesige Knopfaugen und kuschelig weißes Fell waren die Markenzeichen von Eisbär Knut. Bilder des Pflegers Thomas Dörflein, der das von seiner Mutter verstoßene Tierbaby mit der Flasche großzog, machten den Berliner Zoo-Bewohner zum Star. Nach seinem plötzlichen Tod 2011 trauerte halb Europa, noch immer pilgern Fans zu seinem ehemaligen Gehege, wo ein Denkmal an ihn erinnert.

Bis zu seinem Tod hatten den tierischen Star, der mit fortschreitendem Alter nicht mehr ganz so niedlich aussah, mehr als elf Millionen Menschen besucht. Seit 2014 ist der präparierte Eisbär im Berliner Museum für Naturkunde ausgestellt. Forscher haben jetzt die genaue Ursache von Knuts Krankheit entdeckt, die zu dem tragischen Unfall führte.

Neue Erkenntnisse für die Wissenschaft

Der Neurowissenschaftler Harald Prüß fand zusammen mit Kollegen heraus, dass eine Autoimmunreaktion eine Gehirnentzündung bei dem Eisbären verursacht hatte. Diese löste im März 2011 einen epileptischen Anfall aus, woraufhin Knut ins Wasser stürzte und ertrank. Eine detaillierte Studie über Knuts Hirnproben wurde nun im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht. Die sogenannte „Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis“ wurde bislang nur bei Menschen nachgewiesen und auch das erst vor wenigen Jahren in den USA. Bei dieser Entzündung des Gehirns greifen Antikörper die für die Lern- und Gedächtnisbildung zuständigen Schlüsselstellen an.

Zoodirektor Andreas Knieriem gratulierte den Wissenschaftlern: „Sie haben die Basis dafür geschaffen, dass in Zukunft entsprechende Erkrankungen wie die von Knut früher erkannt und behandelt werden können.“ Dass Knut unter einer Gehirnentzündung litt, hatte das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) bereits im Januar 2014 bekanntgegeben. Doch die Ursache für das Leiden – oft sind Viren oder Bakterien der Auslöser – blieb damals im Dunkeln.

Hoffnung für Betroffene

Knuts Autopsiebericht ließ den Neurowissenschaftler Harald Prüß hellhörig werden. An der Charité, wo er ebenfalls beschäftigt ist, hatte eine Studie von 2010 gezeigt, dass viele unaufgeklärte Enzephalitis-Fälle beim Menschen auf die in den USA entdeckte Autoimmunreaktion zurückzuführen waren. „86 Prozent der Fälle aus fünf Jahren konnten wir so aufklären“, sagt Prüß. Ihm sei klar gewesen, dass auch Knuts Krankheit eine ähnliche Ursache haben könnte. Eine Untersuchung von Hirnproben brachte Gewissheit.

Es sei ein tolles Erbe von Knut, dass die Krankheit nun erstmals beim Wildtier nachgewiesen sei, bilanzieren Forscher. Rechtzeitig erkannt sei sei relativ leicht behandelbar – etwa mit Kortison. Künftig müssen die Tierärzte also nicht mehr hilflos danebenstehen. Durch den prominenten Fall könnten zudem Ärzte und Angehörige von Patienten mit ähnlichen Symptomen und ungeklärten Ursachen hellhörig werden, hofft Neurowissenschaftler Prüß. Der relativ günstige Test auf die Antikörper sei etwa bei Demenz-Verdacht aber bislang kein Standard.