Samstag15. November 2025

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„Sie haben ihn zum Außenminister gemacht?!“

„Sie haben ihn zum Außenminister gemacht?!“
(AFP/Justin Tallis)

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Bisher ist Boris Johnson nicht für besonders feinfühlige Diplomatie bekannt. Der ehemalige Londoner Bürgermeister hat viele vor den Kopf gestoßen. Nun muss er sich beweisen.

Die Welt findet Boris Johnsons Ernennung zum Chef-Diplomaten des Landes derweil bemerkenswert, die Reaktionen reichen von sehr belustigt bis ziemlich entsetzt. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, hat die Ernennung des Brexit-Wortführers Boris Johnson zum neuen britischen Außenminister zunächst für einen Scherz gehalten. „Zuerst dachte ich, das ist ein Scherz. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll“, erklärte Harms am Donnerstag in Brüssel. Es sei nicht gut, „wenn Verantwortungslosigkeit in der Politik belohnt wird“, kritisierte sie.

Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault wertete die Ernennung von Johnson zum Minister als ein „Zeichen für die politische Krise“ in Großbritannien nach dem Brexit-Votum. Dennoch sei er „überhaupt nicht in Sorge, was Boris Johnson angeht“, sagte er dem Radiosender Europe 1. „Aber Sie kennen ja seinen Stil und seine Methode“; Johnson habe in der Kampagne für den Austritt aus der EU „viel gelogen“.

Schock

Die britische Labour-Abgeordnete Angela Eagle: „Sie haben ihn zum Außenminister gemacht?!“:

In Deutschland fallen die Reaktionen auf die Ernennung unterschiedlich aus: Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner sagte, Johnson sei „bisher nicht als herausragender Diplomat in Erscheinung getreten. Jetzt verhandelt er den Brexit. Gute Reise!“ So stimmt das allerdings nicht ganz: Nicht Johnson, sondern der Brexit-Befürworter David Davis wird den Brexit verhandeln. Für ihn wurde eigens der Posten eines „Brexit-Ministers“ geschaffen.

Positiv

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte sich zu Außenminister Johnson nicht äußern. Sie sagte: „Die Welt hat genügend Probleme, um auch die außenpolitische Zusammenarbeit gut voranzubringen, so wie wir das mit Großbritannien immer gemacht haben.“

In der britischen Presse wird die Ernennung Johnsons durchaus positiv aufgenommen. „May bringt die Brexiteers rein“, titelt der „Telegraph“. „Boris zu ernennen war eine exzellente Idee: er glaubt an den Brexit, aber er ist pro-europäisch; er will zusätzliche Kontrolle über die Migration, aber er ist für Einwanderung. Seine Ernennung wird helfen, den Brexit als ein liberales und die Globalisierung befürwortendes Projekt zu zementieren.

Stum

Am Donnerstag war Boros Johnsons erster Auftritt. Mit gewohnt zerzaustem Haar und etwas kleinen Augen tappte er am Morgen schlaftrunken um die Meute Journalisten herum und murmelte vor sich hin. Fragen, wie er sich so fühle und was er seinen Kritikern entgegnen wolle, ließ er unbeantwortet. Offenbar suchte er seinen Wagen – den er nach einem Gang im Kreis schließlich doch noch fand.