Eine Beziehung zwischen dem Ukraine- und dem Syrien-Konflikt? Niemals. Noch vor einem Jahr verneinte selbst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die offensichtliche Verwobenheit. Es mag diplomatische Gründe gehabt und der Abschreckung Russlands gedient haben. Angesichts der heutigen Lage verdeutlicht es jedoch etwas: Die europäische Außenpolitik, gekoppelt an einige amerikanische Vorgaben, ist haarsträubend.
Man ließ die Ukraine streckenweise zu einem „frozen conflict“ verkommen und tat so, als ob die Geschehnisse in Syrien niemals von den dortigen Kriegsparteien für ihre eigenen Zwecke missbraucht würden. Ein Jahr später zeigen der jüngste EU-Gipfel und der Berliner Ukraine-Gipfel, dass die Trennung der Dossiers Ukraine und Syrien europäisches und amerikanisches Wunschdenken widerspiegelte.
Obschon der syrische Brandherd und die teilweise eingefrorene Konfliktsituation in der Ukraine inhaltlich nichts miteinander zu tun haben, sind sie aufgrund geostrategischer Interessen der Albtraum von Diplomaten in beiden Lagern. Moskaus Kraftmeierei ist zweifellos keine Hilfe. Der Tanz am Abgrund rund um militärische Eskalationen ist Teil des kühlen Kalküls Russlands, verlorenen Einfluss auf der Weltbühne wiederzuerlangen.
Allerdings müssen sich Europa, aber auch der transatlantische „Verbündete“ USA langsam einer Sache bewusst werden: Der bisherige Umgang mit Russland ist gescheitert. Und das hat nicht alleine mit Moskau, sondern viel mit der westlichen Fehlanalyse der russischen Interessen zu tun.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Russland eigene Schwächen mit Drohgebärden und hässlichen Kriegsfratzen kontert. Umso erstaunlicher ist es, dass die Darstellung des Syrien-Konflikts – ja, das Verhalten Russlands in Aleppo ist inakzeptabel – zu einer Farce verkommt. Sowohl der Westen als auch Russland versuchen im Land geostrategische Interessen zu sichern.
Öl und Gas sind in beiden Lagern heiß begehrt. Für Russland sind zudem seine Militärbasen in Tartus und Latakia fester Bestandteil des Interessenkatalogs. Das Resultat ist bekannt: Während die USA, die EU und ihre Alliierten Syriens Präsidenten Assad so schnell wie möglich loswerden und durch eine neue Marionette ersetzen wollen, fürchtet Russland um seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss im Land.
Berücksichtigt man diese Voraussetzung, bleibt die Frage, was sich unsere westlichen Außenpolitiker eigentlich bei ihrer kopflosen Politik denken. Die Sanktionen gegen Russland haben nur bedingt gewirkt. Umso naiver und gefährlicher wäre es nun, im Syrien-Konflikt auf diese zu setzen. Vom EU-Gipfel gingen gemischte Signale aus, was einen bedenklich stimmt.
Dabei wäre es endlich an der Zeit, dass der Westen um des Friedens Willen folgende Tatsache wahrnimmt und seine Politik daran entlang orientiert: So autoritär und schwierig Putin sein mag, kein Regime Change würde etwas an den obigen geostrategischen Interessen Russlands ändern, die jeder Nachfolger verteidigen würde.
Alleine deswegen müssen der Syrien- und der Ukraine-Konflikt aus der gleichen Perspektive betrachtet werden. Mehr Sanktionen und NATO-Präsenz an der Grenze Russlands helfen wahrlich nicht, den ungestümen und unberechenbaren russischen Bären zu zähmen.
De Maart

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