Mittwoch29. Oktober 2025

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Grüne Finanzwelt – oder der Beginn einer langen Entwicklung

Grüne Finanzwelt – oder der Beginn einer langen Entwicklung
(Reuters/Jacky Naegelen)

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COP 21 heißt das Unwort, auf das sich jeder beruft, der nachhaltig die Umwelt schützen will. Gedanken über die Finanzen für die COP-21- Beschlüsse haben sich wenige gemacht.

Marc Bichler ist Luxemburgs „wandernder Botschafter“ in Sachen Umweltschutz. Er vertrat das Großherzogtum auf der Umweltkonferenz COP 21, die in Paris große Hoffnungen geweckt hat. „Die finanziellen Bedürfnisse zur Verwirklichung der Pariser Vorstellungen sind ohne Grenzen“, sagt Bichler als Moderator eines Forums auf der Pariser Herbsttagung der luxemburgischen Finanz-Promotionsagentur Luxembourg for Finance. „Man wird über 50 bis 100 Jahre denken müssen“, sagt er. Arnaud Gillen, Partner der Agentur Impact, ergänzt: „Im Jahre 2014 sind für Nachhaltigkeit in der Welt 400 Milliarden Euro ausgegeben worden. Die Finanzkraft der Staaten ist erschöpft.“

Die OECD, deren Volkswirte Vertreter der Keynesianischen Interventionstheorie sind, meint, dass die Regierungen mehr Geld ausgeben müssten, vertritt also die Theorie einer weiteren Verschuldung. Tatsächlich spielt sich auf den Finanzmärkten etwas anderes ab. „Regierungen und ONGs gehen aufeinander zu. Sie gehen in den Bereich strukturierter Fonds zur Finanzierung des Umweltschutzes. So werden derzeit Fonds geplant, bei denen Regierungen die erste Tranche als Juniorpartner zeichnen. Private Anleger können als Seniorpartner in die Fonds investieren, mit geschützter Anlage. In der Mitte zwischen beiden befinden sich dann erfahrene Anleger wie etwa die Europäische Investitionsbank.“ Die Fondsindustrie will auf diese Weise die notwendigen Mittel für bestimmte Vorhaben im Rahmen der Nachhaltigkeits-Investitionen aufbringen.

Fonds zur Finanzierung des Umweltschutzes

„Das Problem ist: Wenn wir uns an private Investoren wenden, dann gibt es dort kein Wissen, keine Expertise. Die Fonds wiederum müssen sich um neue Technologien und um Recherche kümmern. Andererseits gibt es immer mehr Produkte. Es gibt Risiken. Sie betreffen das Land, in dem man investiert, das reglementarische Umfeld, die Währungen, notwendige Garantien.“ Mit anderen Worten: Die Finanzwelt bewegt sich bei der Finanzierung von Umweltschutzprojekten auf ganz dünnem Eis.

Luxemburg ist die größte Börse der Welt für die Notierung von Anleihen. In diesem Jahr sind bisher „grüne“ Anleihen im Wert von 100 Milliarden gelistet worden. „Es ist ein junges Geschäftsfeld“, sagt Julie Becker, Mitglied des Vorstandes der Luxemburger Börse. Es umfasst etwa 16 Prozent der gelisteten Titel. Allerdings ist das auch eine Sparte mit vielen Unklarheiten. Es gibt keine Charta. Es fehlt die Transparenz. Julie Becker: „Um den Investor zu schützen, werden wir eine externe Kontrolle des Prospektes verlangen müssen. Und wir werden Berichte ex-post anfordern und den Impakt der Anleihe prüfen lassen.“ Das zeigt, dass in diesem Bereich noch viel Unsicherheit vorhanden ist.

Der Produktbereich der Nachhaltigkeitsfonds ist derzeit bereits groß und unübersichtlich. Aufgelegt wurden in Luxemburg bisher 15 strukturierte Fonds mit einem Anlagevermögen von acht bis zehn Milliarden US-Dollar. Es gibt weiter Fonds zur Verwaltung der Ökoysteme, eine große Aufgabe angesichts von um die zwei Milliarden Hektar abgeholzten Wäldern weltweit. Hinzu kommen im Bereich der Private Equity (Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen) Infrastrukturfonds und auch Microbonds, wie etwa in Italien.

Die Finanzindustrie ist im Bereich der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes noch nicht wirklich strukturiert, sondern eher unübersichtlich. Sie steht erst am Beginn einer lang andauernden Entwicklung.