Montag22. Dezember 2025

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EditorialDer EU-Gipfel und die russischen Staatsguthaben: Putins Geld ist dennoch weg

Editorial / Der EU-Gipfel und die russischen Staatsguthaben: Putins Geld ist dennoch weg
V.l.: Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen, EU-Ratspräsident Antonio Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündeten am frühen Freitagmorgen nach dem EU-Gipfel ein zwar überraschendes, aber dennoch zufriedenstellendes Ergebnis Foto: AFP

Die Überraschung war groß, als am vergangenen Freitagmorgen, nach der Gipfelnacht in Brüssel, alle Welt feststellen musste, dass sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs zwar darauf geeinigt hatten, der Ukraine in den kommenden zwei Jahren 90 Milliarden Euro an finanzieller Hilfe zukommen zu lassen, dabei aber nicht, wie seit Wochen diskutiert, die in der EU eingefrorenen russischen Staatsguthaben nutzen werden. Stattdessen soll die EU-Kommission nun auf den internationalen Finanzmärkten einen Kredit aufnehmen, der mit dem EU-Haushalt abgesichert werden soll. Darüber hinaus wollen gleich drei Mitgliedstaaten – natürlich Ungarn und die Slowakei, aber nun auch Tschechien – finanziell nicht für diese Lösung haften müssen. Das klang beim ersten Hinhören erst einmal nach einem faulen Kompromiss, einem Einknicken der EU vor den Drohungen des russischen Machthabers Wladimir Putin, der den Europäern mit Konsequenzen gedroht hatte, sollten sie sein Geld anrühren (was allerdings schon längst geschehen ist). Es sah nach einer weiteren offenen Zurschaustellung vermeintlicher europäischer Schwäche aus, da sich die 27 in ihren Bemühungen, die Ukraine zu stärken und gleichzeitig Russland zu schwächen, um der Regierung in Kiew eine bessere Position zu verschaffen, wieder einmal nicht haben zusammenraffen können. Entsprechend wurde das Resultat dieses von manchen als „Schicksalsgipfel“ bezeichneten Ratstreffens kommentiert. Doch ganz so duster ist es keineswegs. Die EU ist zwar ein kompliziertes Konstrukt, doch – vermutlich deswegen – lassen sich darin immer wieder Wege und Mittel finden, um die Dinge doch noch voranzubringen.

Denn trotz aller Bedenken und Gegenstimmen steht der Finanzierungplan der Union für die Ukraine für die kommenden zwei Jahre. Und die russischen Vermögenswerte können auch später immer noch zugunsten der Ukraine genutzt werden, dank einer Entscheidung, die rund eine Woche vor dem Gipfeltreffen getroffen wurde. Dies sei der eigentliche Erfolg der jüngsten Diskussionen über die Nutzung der russischen Staatsguthaben, meinte denn auch nach dem Gipfel die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Denn die 27 hatten zuvor die russischen Gelder bis auf Weiteres dauerhaft festgesetzt. Das heißt, die entsprechenden Sanktionen müssen nicht mehr wie bislang alle sechs Monate durch einstimmigen Beschluss verlängert werden. Womit ebenfalls die Gefahr gebannt ist, dass Putins Freunde in der EU, Ungarns Regierungschef Viktor Orban oder der Slowake Robert Fico, entweder die Gelder freigeben oder ihre Zustimmung für die Verlängerung der entsprechenden Sanktionen als Druckmittel einsetzen. Freigegeben werden die russischen Vermögenswerte nur, wenn Putin den Krieg beendet und Russland für den Wiederaufbau der Ukraine Reparationen zahlt. Der Kreml dürfte sein Geld demnach nicht mehr wiedersehen.

Die 27 haben damit alle Zeit, um die Modalitäten zu klären, wie die Gelder genutzt werden können, ohne dass vor allem Belgien irgendwelche Repressalien von Moskau zu befürchten hat. Die Verknüpfung der eingefrorenen russischen Staatsguthaben mit der Forderung nach Reparationszahlungen dürfte dabei hilfreich sein. Doch selbst die in der EU immobilisierten rund 210 Milliarden Euro dürften bei weitem nicht ausreichen, um auch nur den materiellen Schaden zu ersetzen, der durch den nun seit fast vier Jahren tobenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine entstanden ist. Es ist daher nur recht und billig, Putins Geld einfach zu beschlagnahmen.