Samstag20. Dezember 2025

Demaart De Maart

EU-GipfelDie Finanzhilfe für die Ukraine steht

EU-Gipfel / Die Finanzhilfe für die Ukraine steht
Der belgische Regierungschef Bart De Wever (l.), hier mit dem luxemburgischen Premierminister Luc Frieden, forderte Sicherheiten, denen keines der EU-Länder nachkommen wollte Foto: AFP/John Thys

Die Finanzhilfe der Europäischen Union für die Ukraine steht, auch wenn nun doch die EU-Staaten in Vorleistung gehen werden. Der Rückgriff auf russische Staatsgelder erwies sich derzeit als zu kompliziert.

Bis lange nach Mitternacht saßen die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel zusammen, um schlussendlich festzustellen, dass die zuvor am meisten diskutierte Option zur finanziellen Unterstützung der Ukraine doch nicht umgesetzt werden könnte. Doch spielen die russischen Staatsgelder weiterhin eine Rolle bei der nun gefundenen Lösung.

„Wir hatten ein Ziel“, sagte der luxemburgische Premierminister Luc Frieden nach dem Gipfeltreffen, „und wir haben das Ziel erreicht“. Die Ukraine wird demnach die von den EU-Staaten zugesagten 90 Milliarden Euro an finanzieller Unterstützung in den kommenden zwei Jahren erhalten. Dass die Summe nun doch nicht anhand der in den EU-Staaten eingefrorenen russischen Staatsguthaben gegenfinanziert wird, wurde mit Verweis auf zu komplizierte Verfahren und eine komplexe Sachlage erklärt.

Er habe auf einer „juristisch ganz sicheren Lösung“ bestanden, sagte der luxemburgische Premier. Zudem habe die Frage der nationalen Garantien nicht einwandfrei geklärt werden können, weshalb sie die Option der Verwendung der russischen Gelder hätten fallen lassen. Dennoch: „Es ist ein klares Zeichen an Russland“, sagte Luc Frieden, der darauf verwies, dass die russischen Staatsgelder immobilisiert bleiben, bis Russland Reparationen an die Ukraine zahlt.

Nun also wird die EU-Kommission auf den internationalen Märkten ein Darlehen aufnehmen, das über den EU-Haushalt garantiert wird. Möglich wird das durch die sogenannte „Verstärkte Kooperation“, ein in den EU-Verträgen festgelegtes Verfahren, an dem sich nicht alle EU-Staaten beteiligen müssen. Denn Tschechien, die Slowakei und Ungarn werden sich nicht an der Unterstützung der Ukraine beteiligen. Das wird auch explizit in der Schlusserklärung festgehalten. Der nun eingeschlagene Weg werde „keine Auswirkung auf die finanziellen Verpflichtungen“ der drei EU-Staaten haben, heißt es dort. Es sei nun keine weitere Zustimmung mehr erforderlich, sagte der deutsche Kanzler Friedrich Merz: „Die EU-Kommission kann jetzt handeln.“

Russische Gelder werden trotzdem gebraucht

Die Option der Nutzung russischer Gelder hingegen hätte die Zustimmung der nationalen Parlamente erfordert, sagte Luc Frieden, um die von Belgiern geforderten Garantien abzusichern. Die belgische Regierung hatte für ihre Zustimmung Sicherheiten verlangt, da der Finanzdienstleister Euroclear, der die weitaus größte Summe an eingefrorenen russischen Vermögenswerten in der EU verwaltet, in Belgien seinen Sitz hat. Wegen möglicher Klagen gegen Belgien und Euroclear, aber auch wegen möglicher Gegenmaßnahmen Russlands hatte der belgische Regierungschef daher illimitierte Sicherheiten verlangt, die jedoch niemand bereit war, zu leisten.

Dennoch werde weiter daran gearbeitet, um das russische Staatsvermögen zu nutzen, sagte EU-Ratspräsident António Costa. Denn die Ukraine braucht das gewährte Darlehen nur zurückzuzahlen, wenn die Ukraine nach einer Friedenslösung Reparationszahlungen aus Moskau erhält. Wovon allerdings nicht auszugehen ist. „Sollte zum Zeitpunkt der Rückzahlung weiterhin keine Entschädigung gezahlt sein, werden wir die russischen Vermögenswerte zur Rückzahlung heranziehen können. Die Optionen dafür liegen auf dem Tisch“, machte Friedrich Merz deutlich. Das sei so vereinbart worden, sagte er. Der deutsche Kanzler hatte sich besonders für die Verwendung der russischen Staatsguthaben starkgemacht. „Ich sehe keine bessere Option als genau die“, hatte er noch am Vortag vor Beginn des Gipfels erklärt. Dass er sich doch nicht hatte durchsetzen können, wich er mit dem Verweis darauf, dass nun lediglich „die Reihenfolge geändert“ worden sei, vom Tisch.

Von der Leyen: „Ein großer Erfolg“

Und auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls diese Option bevorzugte, konnte dem Ganzen – wohl nicht zu Unrecht – etwas Positives abgewinnen. Denn ohne dieses Vorhaben hätten die 27 vermutlich nicht den Mut aufgebracht, die russischen Staatsguthaben dauerhaft einzufrieren. Was insofern von Bedeutung ist, dass dadurch nicht alle sechs Monate der entsprechende Sanktionsbeschluss per einstimmigem Beschluss von den EU-Staaten verlängert werden muss. Demnach würde das Veto nur eines EU-Staates, beispielsweise Ungarns, reichen, damit Moskau sein gesamtes Vermögen zurückerhalten würde und somit dem Zugriff der EU entzogen wäre. „Das ist ein großer Erfolg“, sagte die Kommissionschefin. Russlands Gelder könnten jetzt „nur mehr mit einer qualifizierten Mehrheit mobilisiert werden“, betonte Ursula von der Leyen.

Friedrich Merz geht davon aus, dass die EU-Kommission bereits in der zweiten Januarhälfte das Darlehen mobilisiert habe. Große Eile sei jedoch nicht geboten, da die Ukraine das Geld erst ab dem zweiten Quartal des kommenden Jahres benötige. Die Finanzierung der Ukraine über das Jahr 2027 hinaus werde „Teil der nächsten MFF-Diskussionen“ sein, also den Verhandlungen über den mehrjährigen EU-Haushalt für die Jahre 2028-2034, erklärte ihrerseits noch Ursula von der Leyen.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der strikt gegen eine Unterstützung der Ukraine ist, diese jedoch nicht verhindern konnte, sprach nach dem Gipfel von einer „schlechten Entscheidung“, die Europa „näher an den Krieg“ bringe.