Freitag12. Dezember 2025

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EditorialIns Blaue hinein: Luxemburg-Stadt steuert mit halbgaren Begründungen gegen Mobilitätsstrategie

Editorial / Ins Blaue hinein: Luxemburg-Stadt steuert mit halbgaren Begründungen gegen Mobilitätsstrategie
DP-Mobilitätsschöffe Patrick Goldschmidt (l.) und DP-Bürgermeisterin Lydie Polfer scheinen die Farbtheorie ihrer Parteikollegin Yuriko Backes nicht zu teilen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Rot, Weiß, Blau. Luxemburg-Stadt zeigt Nationalstolz und zeichnet ab jetzt nur noch in den Farben der großherzoglichen Flagge auf seine Straßen. Das hat Mobilitätsschöffe Patrick Goldschmidt (DP) am Montag während der Gemeinderatssitzung angekündigt. Also nicht ganz: Grund für diesen farbenfrohen Patriotismus ist nicht etwa der neue Grand-Duc, sondern ausgerechnet die Radfahrer der Hauptstadt. Laut Goldschmidt sollen neue Radwege künftig nämlich mit blauer Farbe markiert werden – Rot soll nur in Gefahrenzonen zum Einsatz kommen. Eine durchgängige Verkehrsstrategie sieht anders aus.

Eines vorweg: Dass Fahrradinfrastruktur farblich gekennzeichnet werden soll, ist positiv. Radwege sind in Luxemburg üblicherweise mit einer weißen Linie vom restlichen Fuß- oder Autoverkehr getrennt. Gelegentlich weist dann ein aufgezeichnetes Piktogramm auf den Nutzen der separaten Spur hin. Dies führt regelmäßig zu Konflikten zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern. Das Problem ist schon lange bekannt – die Lösung auch. Wenn getrennte Fahrradinfrastruktur nicht möglich ist, sollte der Radweg mit Farbe klar gekennzeichnet werden. 

DP-Mobilitätsministerin Yuriko Backes stimmt zu. „Das ist sehr wichtig, damit Radfahrer und Radfahrerinnen einen klar definierten Platz haben, den Fußgänger oder Autofahrer nicht benutzen können“, sagte Backes im Juni während der Einweihung des ersten Luxemburger Radwegs mit rotem Belag. Während die Mobilitätsministerin auf Rot setzt, bevorzugen ihre Parteikollegen aus der Hauptstadt fortan Blau – ein farbenfrohes Durcheinander, das am Ende vor allem eines erzeugen dürfte: Verwirrung. Doch Luxemburg-Stadt bleibt sich treu: Die Hauptstadt folgt damit einmal mehr ihrem Drang, eine Sonderrolle einzunehmen. Selbst wenn dadurch die landesweit einheitliche Orientierung geopfert wird.

Vor allem aber ließ die Argumentation von Goldschmidt während der Gemeinderatssitzung zu wünschen übrig. Vieles blieb unausgesprochen, schwang jedoch deutlich mit. „Wir wollen die rote Farbe nicht banalisieren. Oft ist es so, dass der Autofahrer sich sagt: rote Farbe – ich passe auf.“ Was unausgesprochen bleibt: Auf Radfahrer sollte man sonst offenbar nicht aufpassen müssen.

„Wenn ich jetzt an rote Markierungen in der avenue de la Liberté denke … – da muss man schauen, wie das im Verhältnis zu den Gebäuden und zum Allgemeinen Bebauungsplan (PAG) steht.“ Auch hier scheint der Schöffe seine wahren Gedanken nicht klar aussprechen zu wollen: Das Stadtbild soll nicht durch Rotmarkierungen „gestört“ werden, auch wenn dies die Sichtbarkeit für Radfahrer verbessert. Dabei ist moderne Mobilität in einer dicht bebauten Hauptstadt nicht immer ästhetisch makellos umzusetzen. Aber Luxemburg-Stadt scheint lieber über Farbnuancen zu diskutieren, statt eine klare, verständliche und landesweit abgestimmte Radverkehrsstrategie zu verfolgen.