Donnerstag4. Dezember 2025

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Zehnter Tag im Bommeleeër-ProzessTiktok-Videos und immer wieder Geiben: Harpes und Büchler fordern Freispruch

Zehnter Tag im Bommeleeër-Prozess / Tiktok-Videos und immer wieder Geiben: Harpes und Büchler fordern Freispruch
Ex-RTL Journalist Marc Thoma (1.v.r.) trug maßgeblich dazu bei, dass die Bommeleeër-Affäre neu aufgerollt wurde Zeichnung: Tageblatt/Kim Kieffer

Me Harpes für seinen Vater und früheren Gendarmerie-Chef Aloyse Harpes und Guillaume Büchler in Eigenvertretung haben am Donnerstag ihre Plädoyers gehalten. Beide fordern sie vom Gericht einen Freispruch.

Me Harpes, der seinen eigenen Vater Aloyse Harpes im Bommeleeër-Bis-Prozess vertritt, plädiert am Mittwoch wenig überraschend auf Freispruch für den früheren Gendarmerie-Chef. Das Plädoyer fußt auf einer detaillierten Kritik der ursprünglichen Ermittlungen im Bommeleeër-Prozess, die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft gegen seinen Vater weist er zurück. Die Ermittlungen, so Harpes, hätten das Recht auf Verteidigung seines Vaters mit Füßen getreten. Die vermeintlichen Falschaussagen seien keine absichtlichen Irreführungen gewesen. Ebenfalls in seinem Plädoyer enthalten: Tiktok-Videos, die nicht mehr aufgerufen werden können, und eine Breitseite gegen Luxemburgs „Sensationspresse“.

Wie bereits die Verteidiger am Montag und Dienstag der dritten Verhandlungswoche verweist auch Harpes auf prozedurale Elemente. Hinsichtlich des „délai raisonnable“ und des „libellé obscure“ schließt sich Harpes den Schlussfolgerungen der Strafverteidiger von Reuland, Stebens und Weydert an. Anschließend verbringt Harpes zwei Stunden damit, die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft auseinanderzupflücken und kommt ein ums andere Mal zur Schlussfolgerung: „Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft haben keine Substanz.“ Sie gehe von Mutmaßungen und weniger von einer klaren Beweislage aus, wenn sie Aussagen des früheren Gendarmerie-Chefs Harpes als Falschaussagen qualifiziere.

„Sortie de secours“

Teilweise sind die Argumente äußerst dünn, die Me Harpes am Mittwoch vor Gericht hervorbringt. Er spricht von aggressivem Verhalten der Ermittler gegenüber seinem Vater und präsentiert dem Gericht die entsprechenden Zitate: „Elo hale mer awer op“, „ah nee, esou geet dat awer net“, „dat do kann ech net akzeptéieren“ oder „dat kann net sinn“. Zitate, die dem Anwalt zufolge belegen, dass der Staatsanwalt Osweiler „systematisch versucht hat, jede divergente Version“ der Geschehnisse zu „diskreditieren“.

Doch nicht nur der Modus Operandi der Ermittler, sondern auch der Umstand, dass bestimmte Elemente nicht weiterverfolgt wurden, würden große Lücken aufzeigen. „Geiben, Geiben, Geiben …“, verweist Harpes auf den Umstand, dass der Gründer der Eliteeinheit der Gendarmerie, der „Brigade mobile“, weder als Angeklagter noch als Zeuge im Prozess wiederzufinden war. Letztlich sei die Anklage gegen alle Beschuldigten im Bommeleeër-Bis-Prozess lediglich eine „sortie de secours“ seitens der Staatsanwaltschaft, um nicht mit leeren Händen dazustehen. Auf den berühmten Slogan „Et war net keen“ des einstigen Staatsanwaltes Roby Biever mussten ja letztlich auch Taten folgen, argumentiert Harpes.

Etwas überraschend kam die Breitseite gegen die Luxemburger „Sensationspresse“, wie Me André Harpes süffisant bemerkte. Nicht ohne Hintergedanke: Die Bommeleeër-Affäre habe die Schlagzeilen dominiert, während weiteren Kriminalfällen – darunter die Waldbilliger Bande – weitaus weniger Aufmerksamkeit geschenkt worden wäre. Dementsprechend sei in der Öffentlichkeit ein verzerrtes Prioritätenbild der polizeilichen Bemühungen entstanden. Die Bommeleeër als eine von vielen Affären, die polizeilicher Aufmerksamkeit bedurft hätten. Und somit mögliche Erinnerungslücken erklären würden.

Quittung für 40 Jahre Dienst?

Etwas unorthodox wird es, als Me Harpes zwei Tiktok-Videos als Beweis aufführt. Darauf verweisen zwei in den Plädoyer-Notizen hinterlegte Links. In den daran angehängten Notizen aber entdeckte der ehemalige RTL-Journalist Marc Thoma, der fast jedem Prozesstag in der „Cité judiciaire“ beiwohnte, einige Anmerkungsfehler seitens des Anwaltes. Verifizieren ließ sich das nicht: Die Videos waren am Mittwoch bereits nicht mehr auf der Social-Media-Plattform abrufbar.

Guillaume Büchler, der ohne Anwalt vor Gericht erschienen war, tritt, nachdem Harpes zwei Stunden lang plädiert hatte, nur kurz ans Rednerpult. „18 Monate ohne Bewährung sollen also die Quittung für 40 Jahre Dienst als Gendarm sein“, sagt Büchler. Die Angelegenheit sei von Zweifeln übersät, Auswirkungen auf den Prozess Wilmes/Scheer hätten die ihm angelasteten Falschaussagen keine gehabt. „Was für ein Motiv, was für eine Ursache hätte mich zu einer Falschaussage bewogen? Für wie naiv hält man mich?“ Die Zivilklagen würde er ebenso wie die Anschuldigung des Meineids zurückweisen und bitte das Gericht um Freispruch.

Ähnlich plädiert auch Harpes. „Ich habe Sympathie für die Zivilklage von Scheer und Wilmes und verstehe die Taktik, um an weitere Informationen zu kommen“, sagt Harpes. Nichtsdestotroz müsse er diese ebenso wie jene des Staats zurückweisen. Letzten Endes sei es ein „Joke“ von Marc Scheer gewesen, der zur Anklage von Wilmes und Scheer im Bommeleeër-Prozess 2013/14 geführt habe. Aloyse Harpes könne nichts dafür. Des Weiteren fordert Harpes den Freispruch in der Hauptklage gegen seinen Vater.

Der Prozess wird am Donnerstag mit dem Plädoyer von Me Entringer für seinen Mandanten Armand Schockweiler fortgesetzt.