Mittwoch3. Dezember 2025

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Porträt zweier AusbrecherWas Xenia und Timo in Asien suchen und warum sie nicht in Luxemburg leben wollen

Porträt zweier Ausbrecher / Was Xenia und Timo in Asien suchen und warum sie nicht in Luxemburg leben wollen
So sieht Freude aus: Xenia und Timo wissen, wo’s langgeht – auf große Asienreise Foto: Marco Goetz

Sie sind dann mal weg. Endlich. Ein langgehegter Traum wird Wirklichkeit: Xenia und Timo haben sich auf den Weg gemacht, quer durch Asien, so lange, wie das Budget trägt. Ein Porträt zweier junger Menschen, die Mut mit Neugierde mischen, Abenteuerlust mit klaren Zielen.

Wann sie zurückkommen? Keine Ahnung. Dass ihre Zukunft nicht in Luxemburg liegt, wissen beide aber ziemlich genau. Doch der Reihe nach: Es geht um Xenia und Timo und um die Verwirklichung eines Traums, der jahrelang in ihnen gebrodelt hat. Eine Reise nach Asien, offen, weit, vielleicht lebensverändernd. Vergangene Woche sind sie losgezogen.

Timo Goedert, 21, und Xenia Viesti, 25, kennen sich seit fünf Jahren, ein Paar sind sie seit zweieinhalb. Beide haben die Hotel- und Tourismusschule in Diekirch abgeschlossen: Sie hat Tourismusmanagement gelernt, er ist Koch. Mit Fernweh infiziert war Xenia schon immer. Timo eigentlich erst, seit sie ihm davon erzählt hat. Aber der Funke scheint übergesprungen zu sein. „Wir wollen nicht nur arbeiten. Wir wollen sehen, wie groß die Welt wirklich ist“, sagen sie heute und lächeln dabei so unternehmungslustig, als wäre ihnen das erst jetzt bewusst geworden.

Ohne Rückkehrdatum

Reisen mochten sie beide immer schon, aber unterschiedlich intensiv: Xenia wirkt energisch, neugierig, schnell begeistert. Timo macht einen vorsichtigeren Eindruck, aber ebenso offen und nicht minder begeistert. Jetzt wird es eine echte Asienreise – ohne Rückkehrdatum. Der Plan wurde Ende 2024 konkret. Anfang 2025 buchten sie die erste Etappe: Japan. Einen gesamten Monat, Flug und Hotel im Voraus bezahlt. „Das war der Moment, in dem es real wurde“, sagt Xenia. Seither ist klar: Mindestens sechs Monate möchten sie wegbleiben, ein ganzes Jahr wäre schön. „Solange das Geld reicht.“

Herausfinden, was ich beruflich wirklich will

Xenia Viesti (25)

Doch warum erst jetzt, wenn der Wunsch so stark war? „Wir wollten sparen“, sagt Timo. „Erst die Sommersaison fertig arbeiten. Dann einen Monat lang alles in Ruhe vorbereiten.“ Ende November ging es schließlich los. Von Frankfurt nach Bangkok, weiter nach Tokio. Danach sollen Vietnam, Thailand, Sri Lanka, Indonesien, Laos folgen. Und vielleicht noch mehr.

Xenia Viesti (25): Von Kindesbeinen an träumt sie davon, die Welt zu entdecken
Xenia Viesti (25): Von Kindesbeinen an träumt sie davon, die Welt zu entdecken Foto: Marco Goetz

Xenia rechnet mit einem Kulturschock und freut sich darauf. „Ich war mit der Hotelschule schon in Dubai, aber diesmal wird es anders. Wir wollen raus aus der Mentalität und dem permanenten Stress Luxemburgs. Und wir wollen klarer sehen, was wir später tun wollen und wo wir leben möchten.“ Timo denkt in Geschmäckern: „Ich will essen, lernen, beobachten. Küchen kennenlernen und Techniken mitnehmen, die man hier kaum findet. Und ich will Landschaften sehen, Architektur, Kultur.“ Fusion auf allen Ebenen könnte man das nennen.

Zukunftsgedanken

In einem Punkt sind sie sich vollkommen einig: Nach Luxemburg zurückzukehren, um dort zu leben, das steht nicht auf der Liste. „Wir wollen irgendwo wohnen, wo man sich ein Leben unter normalen Umständen leisten kann. Und eine Zukunft.“ Ob das in Asien sein könnte? „Nein“, sagen beide gleichzeitig. Wo dann? „Wir werden sehen.“

Von der Reise versprechen sie sich Freiheit, Abenteuer, eine Art Reset, vielleicht etwas wie eine Reifeprüfung. Xenia sagt: „Ich möchte herausfinden, was ich beruflich wirklich will. Hotelmanagement eher nicht. Vielleicht etwas ganz anderes. Natur, Tiere, eine Farm …“ Sie stoppt sich selbst, als hätte sie schon zu viel verraten.

Timo Goedert (21): Er hat sich von Xenias Fernweh anstecken lassen und freut sich auf die asiatische Küche
Timo Goedert (21): Er hat sich von Xenias Fernweh anstecken lassen und freut sich auf die asiatische Küche Foto: Marco Goetz

Timo hingegen sucht Wege, seine kulinarische Neugier in etwas Berufliches zu verwandeln. „Auf Japan freue ich mich am meisten. Wegen allem: Essen, Kultur, Landschaft.“ Xenia nickt und fügt hinzu, dass Vietnam für sie ganz oben steht. „Wegen des Kaffees. Der Geschmack, die Zubereitung, das Ritual.“

30.000 Euro Budget

Wie kann man sich die praktische Vorbereitung auf die Reise eigentlich vorstellen? „Versicherungen prüfen, wenn nötig ergänzen, Impfungen ebenfalls. Koffer oder Rucksack waren eine Frage, die Art der Medikamente und der Kleidung eine andere. Dokus schauen und lesen, wie andere sich bei ähnlichen Reisen herumgeschlagen haben. Wir haben auch den internationalen Führerschein.“ Es sind übliche, aber auch etwas außergewöhnlichere Vorbereitungen.

Wenige Tage vor dem Abflug war alles Nötige organisiert. Ihr gemeinsames Reisebudget: rund 30.000 Euro. Dazu die gängigen Bankkarten und eine Revolut-Karte. „Wir wollten alles so organisiert haben, dass wir unterwegs möglichst wenig Stress haben.“

Mindestens sechs Monate wollen Xenia und Timo unterwegs sein, vielleicht sogar ein ganzes Jahr
Mindestens sechs Monate wollen Xenia und Timo unterwegs sein, vielleicht sogar ein ganzes Jahr Foto: Marco Goetz

Optimistisch und selbstbewusst sind die beiden aufgebrochen. Zurück lassen sie Eltern, die zwischen Stolz und Sorge schwanken. Xenias Mutter sei kaum überrascht gewesen, der Vater und die Großeltern schon eher. „Bist du dir wirklich sicher?“, hätten sie gefragt. Timos Vater freut sich, dass sein Sohn früh Erfahrungen sammelt. Die Mutter auch – „eigentlich“, sagt Timo und grinst. Steine in den Weg gelegt habe ihnen jedenfalls niemand.

Niemand hat uns Steine in den Weg gelegt

Timo Goedert (21)

Im Flieger nach Bangkok
Im Flieger nach Bangkok Foto: privat

Japan und Vietnam bilden nun die ersten Kapitel ihrer Reise. „Wir freuen uns auf Märkte, Gerüche, Begegnungen mit Einheimischen und anderen Reisenden.“ Es ist nicht das erste Mal, dass Xenia und Timo gemeinsam verreisen. Für ein Praktikum waren sie außerdem für drei Monate zusammen in München. Ihrer Beziehung werde das kommende intensive Zusammensein nicht schaden, sagt Xenia überzeugt: „Wenn wir es bisher geschafft haben, werden wir es auch weiter schaffen.“

Kurz vor der Abreise kommt leichte Nervosität auf. „Eher angenehm, weil wir uns bewusst werden, dass es nun wirklich losgeht. Jetzt, nachdem wir so lange geplant und darüber geredet haben. Nur noch die allerletzten Dinge einpacken und dann weg.“ Bedauern klingt nicht mit.

Überraschungen inklusive

Ihre Botschaft an andere junge Menschen: „Traut euch. Habt keine Angst. Tut, was euch guttut. Und wenn ihr verreisen wollt, wartet nicht. Heute ist immer besser als morgen.“

Und während Xenia und Timo das sagen, sieht man die Vorfreude in ihren Augen funkeln. Einen unbedarften, unseriösen Eindruck machen sie dabei nicht. Sie sind vorbereitet. Das Abenteuer hat begonnen. Und sie wissen: Überraschungen werden kommen. „Mehr verraten wir nicht“, sagen sie und lachen.

Wer neugierig ist, kann die Spuren der beiden Ausbrecher auf der App „Polarsteps“ verfolgen. „Los Mimus“ nennen sie sich dort. Am Dienstag waren sie übrigens in Kamakura, gut 50 Kilometer südlich von Tokio, am Strand.